TV-Kindheitserinnerungen – Teil 3: Bonanza

Unser Reihe “Meine Kindheit vor dem Fernseher” besinnt sich zurück auf jene Tage, in denen die Hausaufgaben warten mussten, es Gründe gab, schon während des Unterrichts auf den Nachmittag zu warten oder an Wochenenden besonders früh aufzustehen: Das TV-Programm. In einer Zeit, in der Smartphones und Internet nicht die Kinderzimmer einnahmen, sondern die Flimmerkiste (oftmals noch in der Variante Röhrenfernseher) den Alltag bestimmte. Wir widmen uns Formaten, die unsere Kindheit prägten und heute zum Teil bereits längst in Vergessenheit geraten sind. Die Nostalgiebrille aufgesetzt und volle Kraft rückwärts in der Zeit!

Titel:

Bonanza (431 Folgen, 1959–1973)

Dort war es zu sehen:

ARD (1962–1965), ZDF (1967–1977), Sat.1 (1989–1994), Kabel 1 (1997)

Darum geht es:

Rancher Ben Cartwright und seine Söhne Adam, Hoss und Little Joe sorgen im Nevada des 19. Jahrhunderts für Familiensinn und amerikanische Werte. Und das angesichts von Viehdieben, Banditen, Goldgräbern, Indianern und allem anderen, was der wilde Westen so an Themen zu bieten hat.

Wissenswertes:

Was ist eine Bonanza? Die Serie schlüsselt das nicht auf, aber der Titelsong verrät es. Das spanische Wort für “Goldgrube” oder auch “Glücksfall” bezieht sich auf die erfolgreiche Ranch, wo die Cartwrights ihre Version des amerikanischen Traums verwirklicht haben. Und was ist eine Ponderosa? “Die Schwergewichtige” könnte sich darauf beziehen, dass die Ponderosa Ranch die reichste Ranch der Gegend ist. Es ist aber auch der Name der in Nevada heimischen Gelbkiefer Pinus Ponderosa, die für ihr besonders schweres Holz bekannt ist. Manchmal sieht man die Cartwrights große Zapfen auf ihr Lagerfeuer schichten. Die stammen dann wohl von den Ponderosa-Kiefern. Oder auch nicht, denn Bonanza wurde nicht in Nevada gedreht, sondern auf dem Warner-Gelände in Kalifornien.

Darum handelte es sich um ein Kinderzimmer-Highlight:

Im Drei-Programme-Fernsehen der 70er war der Grund ganz banal: Es gab überhaupt etwas zu schauen. Bonanza lief am Sonntag um 18:10 Uhr, gerade noch in Kinderreichweite, vor den ZDF-Nachrichten, die den Beginn des Erwachsenenfernsehens markierten. Was danach kam, war Gegenstand zäher Verhandlungen, denn es kollidierte mit Zubettgeh-Zeiten und elterlichen Grundsätzen. Was davor kam, war Kinderquatsch. Und in einer Zeit, in der das beliebteste Spielszenario “Cowboy und Indianer” war und gefühlt jedes Kind einen Spielzeug-Revolver hatte, lieferte Bonanza Woche für Woche immer neues Material zum Herumtoben im Freien. Es lieferte auch eine ordentliche Auswahl an Identifikationsfiguren: Adam, der Coole, der so gern schwarz trug. Little Joe, der Hübsche, Ungestüme. Und natürlich Hoss, der lustige Dicke, der von Kindern verehrt wurde wie Obelix oder Bud Spencer. Alle wollten Hoss Cartwright sein. Dass es eine Familie komplett ohne Frauen war, kam uns nicht merkwürdig vor, schließlich kannten wir auch Entenhausen, wo man sich durch Veronkelung fortpflanzt. Zwar hatte fast jede Folge Bonanza auch eine Daisy Duck, die die Handlung ins Rollen bringt, indem sie dem einen oder anderen Cartwright näher kommt. Aber das war grundsätzlich mit Ende der Folge auch abgeschlossen. Die Cartwrights waren und blieben eine Familie für große Jungs, wo man unter der Aufsicht eines zuweilen strengen, aber coolen Papas nach Herzenslust reiten und schießen konnte und keine Mama einen ins Bett schickte.

Persönliche Erinnerungen:

Merkwürdigerweise sind mir nur die Eckdaten im Gedächntis geblieben. Das Opening mit der schmissigen Titelmusik und der brennenden Landkarte. Die vier Cartwrights, die einer nach dem anderen so lange in die Kamera lächeln müssen, bis sie nicht mehr wissen, was für ein Gesicht sie machen sollen. Die Pferde: Little Joe hatte einen Schecken, Hoss einen Rappen mit Stirnblesse und Papa Cartwright einen Falben mit Silbermünzen am Halfter. Die Ranch. Der aus großen Steinen gemauerte Kamin. Die Hauptstraße von Virginia City mit Saloon, Kramladen und Gefängnis. Hop Sing, der chinesische Koch, eine Figur, wie sie heute kaum mehr möglich wäre. Aber was da genau Folge für Folge passierte? Naja, das was halt in einem Western passiert. Das, was man aus purem Bauchgefühl als Baustein des Genres erkennt. Aber dieses Bauchgefühl stellt sich wohl erst ein, wenn man jede Menge Material gesammelt, verdaut und irgendwo im Hirn abgelegt hat. Insofern geht mein Dank an Bonanza dafür, dass ich jeden Sonntag um 18:10 Uhr ein Stückchen mehr von der Grammatik eines Genres gelernt habe.

Lohnt sich die Serie heute noch?

Schaut man sich ein paar Stichproben-Folgen an, überrascht der geringe Trash-Gehalt. Wenig Gelegenheit zum Fremdschämen oder zu schenkelklopfendem “Das ist so blöd, dass es schon wieder gut ist!”. Sicherlich, es sind ganz altmodische, betuliche Western, wo nichts Überraschendes passiert, stets das Gute siegt und politische Korrektheit noch weit in der Zukunft liegt. Aber die Geschichten sind ordentlich gebaut, kommen auf den Punkt und schaffen sogar, ein bisschen Spannung aufzubauen. Bei 431 Folgen hat man quasi eine Enzyklopädie der Western-Tropes vor sich. Wenn man mal ein Gefühl dafür entwickeln möchte, was einen klassischen Western ausmacht, bevor das Genre dekonstruiert, verfremdet oder in den Weltraum verlegt wurde, dann ist man mit einer beliebigen Auswahl Folgen von Bonanza gut bedient.

Wie kommt man an die Serie heran?

Ein paar Folgen sind als Stream bei Amazon Prime Video zu haben, wer wirklich ALLES sehen will, der gönnt sich die Komplettbox mit allen 14 Staffeln auf 107 DVDs.

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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