Record of Ragnarok (Staffel 1)
Ein Killervirus, ein atomarer Super-Gau oder ein Asteroideneinschlag – wie die Menschheit ihr Ende findet, ist so vielfältig wie die Eisauswahl des geliebten Italieners um die Ecke. Dass die Götter keine Lust mehr auf uns haben, das erzählt die Anime-Serie Record of Ragnarok. Diese errichtete 2021 ihren Altar beim Streaming-Anbieter Netflix. Erzählt wird darin von einem Wettkampf, in dem die Menschen eine letzte Gelegenheit bekommen, ihrer Auslöschung zu entgehen, wenn sie dafür bei einem Turnier mit den Gottheiten den Boden aufwischen. Wenn es sonst nichts ist! Da nach einer Verschnaufpause am 26. Januar 2023 die nächsten Kämpfe anstanden, lassen wir die ersten drei Runden Revue passieren. Immerhin muss ja jemand davon berichten, ob wir uns schon ein letztes Gebet überlegen sollten!
Alle 1000 Jahre treffen sich die Götter zu einer Versammlung, um über den Erhalt der Menschheit zu diskutieren. Mit ihrer Geduld ist es nun zu Ende. Ständig Krieg, die Ausrottung der Tiere, die Verschmutzung des Planeten. Dem müssen sie endlich einen Riegel vorschieben. Bevor jedoch der oberste Gott Zeus den Richterspruch aussprechen kann, mischt sich die älteste der 13 Walküren, Brünhild, ein. Sie fordert, dass die Sterblichen wenigstens eine Chance erhalten, sich zu verteidigen. Sie schlägt daher den ultimativen Wettkampf Ragnarök vor, in dem 13 Menschen gegen ebenso viele Götter in Eins-zu-Eins-Kämpfen antreten und mit genug Siegen ihr Überleben sichern können. In ihrem Stolz gepackt, willigen die Allmächtigen ein. Schon kurz darauf beginnt in einer gigantischen Arena der Wettkampf und niemand Geringeres als der Donnergott Thor gibt sich die Ehre. Allerdings lässt Brünhild ihre Teilnehmer nicht ohne Plan antreten.
Nieder mit den Himmelsfürsten!
Originaltitel | Shuumatsu no Walküre |
Jahr | 2021 |
Episoden | 12 |
Genre | Action, Drama, Mythologie |
Regie | Masao Ookubo |
Studio | Graphinica |
Veröffentlichung: 26. Januar 2022 auf Netflix |
Basierend auf der gleichnamigen Manga-Vorlage Record of Ragnarok der Autoren Takumi Fukui (Boku to Akumu to Oneesan), Shinya Umemura, (The Shinsengumi) und dem Zeichnerteam Ajichika (Shin Gunjou Senki) folgt die Geschichte einem einfachen Konzept: Immer wieder tritt ein neues Paar in die Arena und kämpft so lange, bis jemand tot umfällt. Dabei warten einige tolle Überraschungen auf uns. Angefangen bei der Auswahl der Kontrahenten, auf die nicht immer einfach das Wort „stark“ zutrifft, denn was genau macht Stärke aus? So tritt allein in Runde 2 der schmächtige Mensch Adam an, bewaffnet mit Schlagring und nur mit einem einzelnen Lorbeerblatt gekleidet. Nicht unbedingt der, den wir uns als Krieger vorstellen! Doch die listige Brünhild ging nicht ohne gute Vorbereitungen in dieses aussichtslos erscheinende Unterfangen. Erste Brotkrumen verteilt die Handlung auch, dass es unter den Göttern einen Verräter gibt. Das weckt ordentlich die Neugier!
Wer steht denn da im Ring?
Um den Menschen auch nur eine Chance zu geben, tritt jeweils eine der Walküren-Schwestern in Form einer göttlichen Waffe mit in den Ring, was im Gegenzug auch für diese den Tod bedeutet. Kein Wunder also, dass die schöne Brünhild und ihre leicht nervige jüngere Schwester Göll die Daumen drücken. Was die Teilnehmenden angeht, so werden diese in verschiedenen Rückblenden näher vorgestellt. Im Fall der Götter sind es deren reizvolle mythologische Geschichten, welche mit der einen oder anderen künstlerischen Freiheit aufwartet, da so die Spannung erhalten bleibt. Auch auf Seiten der Menschen wandeln wir auf deren unterschiedlichen und faszinierenden Lebenswegen. So kommt es, dass die Muskelberge eben mehr als nur das sind und ein Anfeuerungsruf fast schon von selbst über die Lippen geht. Die menschliche Auswahl lässt sich vor allem als einfallsreich bezeichnen.
Zu viele Kommentatoren verderben den Brei
Während das Blut spritzt, die Waffen aufeinanderschlagen und der Schweiß nur so läuft, sitzen die Personen auf den Tribünen nicht einfach stumm da. Nein, sie kommentieren alles. Immer und immer wieder. Das nimmt den Kämpfen in Record of Ragnarok dermaßen das Tempo, dass es Folgen mit gefühlt nur zwei Schlagabtauschen gibt. Weniger wäre wirklich mehr gewesen, auch wenn es kreativ ist, wer da am Rand sitzt. Schließlich bringen diese Figuren uns zum Lachen, denn wenn der große Michelangelo Eva erblickt und daraufhin wegen ihrer strahlenden Schönheit k.o. geht, ist das doch mal ein angenehmer Sieg. Des Weiteren fehlt es den Kämpfen leider auch an flüssigen Animationen. Der zum ersten Mal als Regisseur arbeitende Masao Ookubo hätte Mut beweisen müssen, mehr aus der Vorlage zu machen, als diese fast eins zu eins umzusetzen. Fans der Manga-Reihe können sich im Gegenzug freuen, viele der spektakulären Szenen in Farbe zu sehen.
Darf nicht aufs Treppchen des Olymps
Studio Graphinica (Juni Taisen: Zodiac War) setzte die aufwendigen Figuren detailgetreu um. Nur im Vergleich zu Brünhilds Grimassen schneidet das Charakterdesign von Shigeo Akahori ( Texhnolyze) enttäuschenderweise schlechter ab, da diese weniger extrem ausfallen. Ebenso weckte CGI-Technik Teile der Zuschauermenge zum Leben. Das Ganze sieht nicht so schlimm aus, aber es fällt auf. Während Record of Ragnarok daher deutliche Schwächen in puncto Visuelles vorweist, verdient sich der Titel mit seinem Soundtrack von Yasuharu Takanashi (Sailor Moon Eternal) wirklich ein paar Lobeshymnen. Dieser passt sich dem Kampfgeschehen perfekt an und entführt uns mit seinen Klängen rund um den Erdball. Das Opening „Kamigami“ von Maximum the Hormone ist nicht für alle Ohren wohlklingend, so als waschechtes Metalstück. Stimmungsvoller entlässt da mehr das melancholische Ending „Fukahi“ von SymaG.
Zeus hatte seinen Spaß
Netflix präsentierte die erste Staffel mit einer deutschen Vertonung, welche sich hören lässt. Gerade Ekkehardt Belle (Smoker in One Piece) als tattriger Gott Zeus verbreitet Laune. Shandra Schadt (spricht Wanda in WandaVision) verleiht Brünhild ihre Stimme und bringt deren Launen wunderbar herüber. Mit gleich zwei erzählenden Stimmen wartet etwas Ungewohntes auf uns. Doch mit Manfred Trilling (Pokémon: Der Film ‒ Die Macht in uns) und Ulla Wagener (Godzilla Singular Point) bietet sich ein abwechslungsreiches Gespann. Außerdem sind mit Hubertus von Lerchenfeld der bekannte Sanji-Sprecher (One Piece) für Ares, Pascal Breuer (Arataka Reigen in Mob Psycho 100) für Loki und Tobias John von Freyend (Katsuhiko Teshigawara in Weathering With You) als Adam zu hören. Im Dialogbuch schlich sich leider ein fataler Fehler ein, als es darum ging, dass eine Schwertscheide im Wasser landet.
Fazit
Mit besseren Kampfszenen hätte Record of Ragnarok so viel Spaß gemacht. Allein die unterschiedlichen Figuren aus verschiedenen Glaubensrichtungen gegen Menschen, die nicht immer das Wort “Held” auf der Brust tragen, ergeben eine kreative Mischung. Doch durch die vielen Kommentare der Randfiguren zieht sich das Geschehen extrem in die Länge, was schade ist. Trotzdem sehen die Spezialattacken allesamt nicht schlecht aus. Nur hätten es ruhig ein paar mehr sein können, damit mehr Dynamik in die Sache kommt. Einige unerwartete Wendungen hält die Story parat, sodass ein Weiterschauen drin ist, um zu erfahren, welcher Sieger hervorgeht. Eine bunte Mischung an schicken Figuren erwartet uns ebenfalls. Nur visuell ist der Titel insgesamt kein Überflieger, allerdings holt der Soundtrack einige Punkte wieder heraus. Somit bleibt am Ende ein sehr schwächelnder Sehgenuss.
© Netflix