Sailor Moon Eternal

Fünf Jahre mussten Sailor Moon-Fans darauf warten, bis die mit Sailor Moon Crystal begonnene Manga-Adaption fortgeführt wurde. Die zweiteilige Film-Reihe Sailor Moon Eternal markiert den vierten Handlungsbogen des Mangas und sollte bereits im September 2020 in den japanischen Kinos erscheinen. Doch die COVID-19-Pandemie schlug zu und sorgte für eine gehörige Verschiebung. Diese konnte für Fans immerhin durch den Fakt aufgefangen werden, dass sich Netflix kurzerhand um die weltweiten Rechte bemühte und beide Teile am 3. Juni 2021 (auch in deutscher Synchronisation) zur Verfügung stellte. Eine Veröffentlichungsform, mit der wohl niemand gerechnet hat, aber im Zuge der Netflix’ Anime-Offensive eine folgerichtige Konsequenz darstellt. Ob sich die Entscheidung, den sogenannten “Dream Arc” über zwei Filme anstatt eine Serienstaffel zu erzählen, als richtige erwies, besprechen wir.

Als es zu einer Sonnenfinsternis kommt, begegnen Usagi und Chibiusa einem mysteriösem Pegasus mit dem Namen Helios, welcher nach einer „holden Maid“ ruft. Diese soll ihm helfen, das Siegel des Goldenen Kristalls zu brechen. Auch in Chibiusas Träumen taucht er auf und bittet sie dabei um Hilfe. Währenddessen erscheint eine mysteriöse Gruppe namens Dead Moon Circus. Ihr Ziel ist es, Albtraum-Inkarnationen, die Lemuren genannt werden, auf der ganzen Welt zu verteilen, den Magischen Silberkristall zu erhalten und so die Erde, den Mond und schließlich das Universum zu regieren.

Wenn aus Crystal Eternal wird

Originaltitel Pretty Guardian Sailor Moon Eternal
Jahr 2021
Episoden 2 Filme
Genre Fantasy, Magical Girl
Regie Chiaki Kon
Studio Toei Animation
Veröffentlichung: 3. Juni 2021 auf Netflix

Sailor Moon Crystal erschien 2014 als ambitioniertes Projekt: Das beliebte Franchise sollte ins aktuelle Jahrtausend gehoben werden, einen neuen Boom und eine damit für üblich zusammenhängende Merchandise-Welle auslösen. Die neue Adaption sollte sich dabei wesentlich enger an die Manga-Vorlage (1992–1997) von Naoko Takeuchi halten, die zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Anime-Serie in den 90ern noch nicht beendet war. Ein mittlerweile nicht mehr unübliches Vorgehen in Japan, erst die Manga-Verkäufe in Form einer Anime-Begleitung anzukurbeln und einige Jahre später eine werkgetreue Adaption zu veröffentlichen (Prominente Beispiele dafür: Fullmetal Alchemist, Shaman King, Hunter x Hunter). Sailor Moon Crystal entpuppte sich allerdings als Fehlzündung: Kommerziell schlug die Serie bei weitem nicht so ein wie erhofft und auch unter Fans gilt die Adaption bis heute als umstritten. Der starke Einsatz von CGI-Animationen, die unter anderem Gummi-Gelenke hervorbrachten, die kindlichen und schlaksigen Designs plus die gestraffte Erzählweise überzeugten eher Fans der Vorlage als Anhänger der Original-Serie. Deshalb wurden für Sailor Moon Crystal III vielerlei Änderungen vorgenommen. Unter anderem orientierte sich das Studio Toei Animation wieder stärker an der Serie der 90er. Trotz vieler Verbesserungen ist “Crystal” für viele Zuschauer*innen noch immer ein Begriff, der nicht ausschließlich Gutes bedeutet. Und vielleicht ist das auch der Grund, weshalb die Serie unter einem neuen Namen in neuer Form fortgeführt wird. Denn “Sailor Moon Eternal” klingt schließlich schon einmal wesentlich majestätischer und bedeutender als einfach nur “Teil 4 von …”.

Die Tücken der Erzählform

Die Entscheidung, den vierten Handlungsbogen über zwei Filme verteilt zu erzählen, sorgte im Vorfeld für Skepsis. Zum Vergleich: In der Original-Serie Sailor Moon Super S wird die Handlung (selbstverständlich mitsamt Füllmaterial) über 39 Folgen erzählt. Bei 20 Minuten pro Episode ergibt das 780 Minuten Spielzeit, die nun im Vergleich zu 160 Minuten (umgerechnet acht Anime-Episoden) stehen. Nun ist die Manga-Vorlage weitaus straffer erzählt und kommt damit ebenfalls an ihr Ziel. Beide Formen besitzen also ihre Daseinsberechtigung und wenn man Kritik an der gestrafften Erzählform von Sailor Moon Eternal suchen möchte, ist diese im Grunde der Vorlage zuzuschreiben. Das bedeutet nicht, dass Sailor Moon Eternal sonst vollkommen frei von Problemen ist. Über den ersten Film hinweg werden die Träume und Zukunftswünsche von Usagis Mitstreiterinnen Ami, Rei, Makoto und Minako thematisiert. Dabei hangelt sich das Erzählkonstrukt an einem sich wiederholenden Muster entlang: Jedes einzelne Mädchen geht einer Spur nach, die mit dem Dead Moon Circus zusammenhängt. Daraufhin kommt es zum Konflikt, das Mädchen wächst über sich hinaus und entwickelt dabei neue Kräfte. Dieses Schema wiederholt sich im Manga immer wieder, ist dort aber über Einzel-Kapitel hinweg erzählt. Über Serien-Folgen hinweg verteilt würden diese Häppchen narrativ gar nicht stark ins Gewicht fallen, sind für einen Film aber der falsche Stoff. Denn dadurch bleibt ein wirklicher Höhepunkt aus und ohne einen zusätzlichen Cliffhanger würde der erste Filme erzählerisch hinken.

Es sind die kleinen Dinge

Im zweiten Film nimmt die Handlung Fahrt auf, nachdem die Vorarbeit im ersten Teil geleistet wurde. Hieran gibt es erzählerisch weitaus weniger zu kritisieren, denn die Dramaturgie eines Films kommt endlich zum Tragen. Das wird die meisten Fans der Reihe allerdings ohnehin nicht stören, denn im Sailor Moon-Franchise standen schon immer die Nähe zu den Charakteren sowie die Geschichten der Sailor-Kriegerinnen im Vordergrund. In dieser Hinsicht blüht Sailor Moon Eternal regelrecht auf: Während der Fokus der Original-Serie noch stark auf (der im Fandom weniger beliebten) Chibiusa und Helios liegt, verteilt die Film-Reihe ihre Sendezeit fast gleichsam anteilmäßig auf alle zehn Kriegerinnen und natürlich Usagi und Mamoru als Vorzeige-Paar. Das sorgt für viele kleine und schöne Charaktermomente: Eine Begegnung mit Amis Mutter, Reis Raben Phobos und Deimos, Hotarus Verwandlung oder die Katzen in ihrer menschlichen Form sind nur eine Auslese wertvoller Momente. Zumindest fällt es bei einem Film leichter zu akzeptieren, dass Geschichten verknappt erzählt werden. Auf der gegnerischen Seite bleibt kaum Zeit, um näher auf die Feinde einzugehen. Wer die Original-Serie und den Manga nicht kennt, wird kaum Fan dieser Figuren werden. Alle anderen dürfen sich über Falkenauge im Kleid und das Amazonen-Quartett als Sailor-Krieger freuen. Es sind die kleinen Dinge, die Sailor Moon Eternal zu etwas Besonderem machen.

Unstimmigkeiten der Lokalisierung

Animationstechnisch handelt es sich bislang um den hochwertigsten Ableger des Franchises. Filmen steht in der Regel mehr Budget zur Verfügung als Serien und deshalb sieht Sailor Moon Eternal noch einmal deutlich besser animiert aus als die Serie. Trotzdem haben sich hier und dort unter der Regie von Chiaki Kon (Junjo Romantica) Animationsfehler eingeschlichen, die beim genaueren Hinsehen zwischen zwei Szenen entstehen. Insgesamt aber hinterlässt die Film-Reihe optisch und akustisch einen soliden Eindruck. Eher durchwachsen ist dagegen die deutsche Lokalisierung abseits der stimmlichen Leistungen. Gott sei Dank wurde das Projekt mit der Übernahme durch Netflix keinem Wechsel des Synchronstudios ausgesetzt. So ist weiterhin die bekannte Synchron-Crew rund um Sabine Bohlmann (Usagi) zu hören. Wünschenswert wäre gewesen, sich allerdings stärker an Sailor Moon Crystal zu halten mit dem Ziel, mehr Konsistenz zu erzeugen: Während Transformations- und Angriffssprüche dort auf englisch zu hören und damit nah am Original sind, bringt Sailor Moon Eternal fragwürdige Übersetzungen wie “Eichblattschauer” (Original: “Jupiter Oak Evolution”) hervor und Kenner*innen der Original-Serie werden sich auch fragen, woher das dritte N bei der Aussprache von Nehelenia kommt. Zudem stellt sich die Frage, weshalb manche Planeten englisch, manche deutsch ausgesprochen werden. Bei näherer Betrachtung gibt es einige Entscheidungen der Synchron-Regie, die kritisch hinterfragt werden können.

Fazit

Sailor Moon Eternal ist ein Fan-Geschenk. Als das und nichts anderes sollte die Film-Reihe betrachtet werden. Sie ist nah am Original, bietet viele Szenen an, die Fans lieben werden, und birgt kleine, wunderbare Charaktermomente. Aus filmischen Aspekten betrachtet geht die Dramaturgie nicht ganz auf und die Frage, weshalb der Stoff nicht seriell adaptiert werden konnte, steht zu Recht im Raum. Die Fakten liegen auf der Hand: Eine Kino-Auswertung verspricht mehr Einnahmen, aber auch eine höhere Qualität. Während die technischen Aspekte zwar nicht frei von Makeln sind, aber sonst überzeugen, bleibt die Reihe narrativ auf der Strecke. Die gehetzte Erzählweise in Verbindung mit der gestrafften Erzählung erfordern Aufmerksamkeit und den Willen, dieser Kurzform der Geschichte zuzustimmen. Ohnehin aber sollte man Sailor Moon Eternal nicht für sich alleine stehend betrachten, sondern ausschließlich als Ergänzung des gesamten Franchise, das ein paar Extras mitbringt. Dann können sich die Stärken des Films auch entfalten, während Netflix-Zuschauer*innen, die irgendwann in der Vergangenheit mal eine Folge Sailor Moon geschaut haben, wahrscheinlich weitaus weniger eine Verbindung zu den beiden Filmen aufbauen können.

© Toei Animation, Netflix

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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Ayla
Redakteur
5. Juni 2021 17:40

Ich stimme dir auf jeden Fall zu, dass Sailor Moon Eternal ein Fan-Geschenk ist, denn als solches bereiten die beiden Filme wirklich viel Spaß. Ich muss zugeben, dass es Jahre her ist, dass ich den Manga gelesen habe, aber ich war nie ein Fan der Manga-Vorlage. Da war mir einfach immer alles zu gehetzt und die Charaktere zu flach. Dementsprechend mochte ich auch Crystal nur bedingt, obwohl Teil 3 da schon viel besser gemacht hat. Hier hat mir die Geschichte trotz der Kürze sehr gut gefallen und ich hab richtig mitgefiebert, weil es einfach viele tolle Momente gab.

Dass es nun zwei Filme anstatt einer neuen Serie geworden sind, finde ich sogar gut. Die Animationen sehen schon extrem schick aus, auch wenn’s einige Schnitzer gibt. Gerade bei den Verwandlungen, Anrgiffen und im Finale in Kombination mit dem Soundtrack entfalten sich die Stärken, die so ein höheres Budget hat. Bin nur gespannt, wie es nun mit dem fünften Arc aussieht und ob man da wieder so lange warten muss (ich dachte schon, dass nach Crystal III gar nichts mehr kommt).

Die deutsche Lokalisierung finde ich ok. Nicht mehr und nicht weniger, ich hab da von Netflix schon Schlimmeres gesehen und immerhin die stimmliche Besetzung wurde ja übernommen (zum Glück!). Die übersetzten Angriffssprüche sind zwar so lala, aber auch die englischen Orginal-Varianten hörten sich immer so an, als hätte man einfach ein paar cool klingende Worte zusammengeschmissen bzw. wüsste nicht, was das eigentlich heißt xD

Alva Sangai
Redakteur
11. Dezember 2021 0:06

Ich bin jetzt auch endlich dazugekommen, die Filme anzuschauen. Muss auch sagen, dass mir manches zu gehetzt war. Gerade, wenn dann so emotionale Szenen kommen und die so schnell abgehakt wirken. Aber generell geht mir alles etwas zu schnell. Was mir aber richtig gut gefällt, sind die Charakterdesigns. Wenn ich an das Grauen der ersten Staffel denke, dann sieht Eternal richtig Klasse aus. Abgesehen von den Hintergründen, die immer noch nach Sparflamme schreien XD Bei der deutschen Synchro habe ich mich über Matthias von Stegmann als Helios gefreut. Ich mag seine Stimme.