Riot Girls
Dystopien kann es gar nicht genug geben. Alternative Szenarien und auf welche Weisen die Menschheit nicht schon gepeinigt wurde, gibt es zur Genüge. In Riot Girls sind es die Erwachsenen, die es dahingerafft hat. Seitdem rebellieren die Kids und da haben sich ausgerechnet zwei Fronten verhärtet. Die sich für Genderthemen stark machende Regisseurin Jovanka Vuckovic (XX) inszeniert einen Film, der an einen fiktiven Comic angelehnt und dementsprechend auch inszeniert ist. Dazu gibt das Drehbuch von Katherine Collins eine lesbische Bad Ass-Heroine. Riot Girls bringt so einige interessante Zutaten mit, das Ergebnis schmeckt allerdings eher nach Tütensuppe.
1995: Auf mysteriöse Weise sterben alle Erwachsenen. Die Jugend ist auf sich gestellt und zwei Lager bilden sich in Potter’s Bluff. Auf der einen Seite stehen die Titans, eine macho-dominierte Gang aus Footballern, Bullys und Halbstarken. Dem gegenüber steht die East-Side-Gang, zu der auch Scratch (Paloma Kwiatkowski, Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen) und Nat (Madison Iseman, Annabelle 3) gehören. Die Gangs kämpfen nicht nur um die Herrschaft über das Gebiet, sondern vor allem Ressourcen wie Batterien. Bei einem Streifzug wird Nats Bruder von den Titans zusammengeschlagen und anschließend entführt. Die East-Side-Gang will das nicht auf sich sitzen lassen. Scratch und Nat machen sich auf den Weg zur feindlichen Highschool. Doch auf dem Weg lauern weitere Titans …
Die 90er! Wisst ihr noch …?
Originaltitel | Riot Girls |
Jahr | 2019 |
Land | Kanada |
Genre | Action |
Regisseur | Jovanka Vuckovic |
Cast | Nat: Madison Iseman Scratch: Paloma Kwiatkowski Caine: Jenny Raven Flick: Jake Sim Jeremy: Munro Chambers Spit: Carson MacCormac |
Laufzeit | 82 Minuten |
Riot Girls wird als Comicstrip eingeführt. Das heißt, wir lernen die wichtigsten Fakten über die Figuren über eine Comiczeichnung kennen und auch die Ausgangssituation wird als Panel-Abfolge heruntererzählt, sodass der Eindruck entsteht, als würde man hier einen tatsächlich existierenden Comic verfilmen. Dieses Stilmittel wird auch bis zum Ende hin durchgezogen, etwa bei Szenenwechseln, wo einfach von einem Bild ins nächste gesprungen wird. Durchaus passend zu der poppigen Tonalität, die hier vorherrscht. Denn trotz kleinerer Gewaltausbrüche will der Film vor allem Spaß machen. “Spaß” ist auch der Begriff, den die Regisseurin nutzt. Sie beschreibt Riot Girls als “Fun Movie” für Fans von Class of 1984 und Die Goonies. Wer in den 80ern oder früher aufwuchs, wird den einen oder anderen Grund für Nostalgie entdecken. Und sei es nur der 90er-Punk von L7 oder Joan Jett, zu dem Scratch und Nat im Auto abrocken.
Kampf der Stereotypen
Nebst Comic- und 90er-Flair bleibt aber erschreckend wenig übrig, das die Geschichte zusammenhält. Es gibt eine Rettungsmission, die zu verschiedenen Stationen auf der Reise der Mädchen führt, an denen dann Titans geplättet werden wollen. Diese Reise funktioniert erschreckend linear und das Skript hält auch wenig Abwechslung bereit. Weder für die Kämpfe noch für die Schauplätze. Die größte Überraschung liegt wohl in dem hohen Gewaltgrad, den man in dieser Form nicht vermutet hätte. Zumindest in einer Szene kennt Scratch kein Pardon. Leider präsentieren sich die Titans rund um Ober-Jock Jeremy (Munro Chambers, Turbo Kid) als derart hohle Stereotypen, dass man gar nicht anders will, als sich auf der Seite der eher nerdigen East-Side-Gang zu platzieren. Die sind von Natur aus cooler, sympathischer, offener und freier, was aber mehr mit deren Lebenseinstellung als mit den einzelnen Figuren zusammenhängt.
Frauenpower sieht anders aus
Obwohl die beiden Hauptrollen viele Gegner aus dem Weg räumen und auch einen starken Mann retten müssen, ruhen sie sich auf diesen Attitüden aus. Persönlichkeit oder Charakterzüge gibt es nicht. Als hätte man einfach entschieden, dass es doch schon ausreicht, wenn sie weiblich sind und für Aufruhr sorgen. Wir erfahren noch nicht einmal viel mehr über sie als in der Einführung erklärt wird. Dass sich dann zwischen Nat und Scratch eine Romanze anbahnt, ist zwar süß anzusehen, aber was sie jeweils an der anderen finden, muss man sich anhand des Gezeigten zusammenreimen. Angesichts mangelnder Gegner auf Augenhöhe, bleiben sie auch als Kämpfer vollkommen außer Konkurrenz und diese belebt ja bekanntlich das Geschäft. Die öden Fights geben nicht viel her und bedingt durch die insgesamt wenigen Schnitte, kommt auch nicht so recht Dynamik auf. Denn wir haben es auch nicht mit ausgebildeten Kämpfern oder Profis zu tun, sondern eben mit Kids, die entweder schießen oder mit einem Baseballschläger losknüppeln. Dass im Finale (stilecht in einer Turnhalle) dann minimal andere Geschosse aufgefahren werden, rettet das Ende auch nicht mehr vor der Bedeutungslosigkeit.
Fazit
Die Frage, die sich zuerst stellt: Hätte man aus dem Kernszenario nicht mehr rausholen können als eine simple Rettungsaktion? Riot Girls hätte viel mehr sein können als nur ein kurzer Trip, der sich vor allem anfühlt, als hätte man den heutigen Zeitgeist in die 90er stopfen müssen. Auf dem Papier macht die Rebellion Spaß, in der Umsetzung fehlt es an vielem; vor allem aber Biss und Würze. Für einen richtigen “Fun Movie” geht es viel zu oft viel zu ernst zu und wo man ein Augenzwinkern erwarten würde, zieht die Story ohne zu zucken ihr Ding durch. Als Hommage mag das alles noch irgendwie funktionieren. Als eigenständiger Film und möchtegern-verfilmter Comic ist Riot Girls erschreckend schwach auf der Brust.
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