Veronica Mars (Staffel 4)

Beliebten Serien aus der Vergangenheit ein zweites Leben zu schenken, ist in den letzten Jahren zu einem Volkssport unter den Produktionsfirmen geworden. Gute Neuigkeiten also für Veronica Mars, die zwar nie ein Dauerbrenner war, aber eine lautstarke und loyale Fanbase besitzt. Eine vierte Staffel mit grade einmal acht Folgen bietet 15 Jahre nach Erstausstrahlung neues Krimifutter. Bombige Wiedersehensfreude ist angesagt.

Das kalifornische Neptune ist eine Feierhochburg während des des Spring Break. Die Frühjahrsferien im College bringen Studenten dazu, ein paar Tage mehr als ausgelassen zu feiern. Für manche Geschäfte ist es die wichtigste Einnahmequelle des Jahres, für einige Anwohner aber das Sinnbild des örtlichen Verfalls. In diesem Jahr gibt es aber ganz besonders dramatische Schlagzeilen, denn in einem Motel explodiert eine Bombe. Ein Anschlag mit zufälligen Opfern oder ein gezieltes Attentat getarnt mit Kollateralschäden? Die Polizei arbeitet einem der Angehörigen zu langsam und so wird das detektivische Vater-Tochter-Gespann Keith (Enrico Colantoni) und Veronica Mars (Kristen Bell) beauftragt, den Täter zu finden. Und dabei kommen allerlei Geheimnisse ans Tageslicht.

Geeignete Spannungskurve für eine Mini-Serie

Originaltitel Veronica Mars
Jahr 2019
Land USA
Episoden 8 in Staffel 4
Genre Crime
Cast Veronica Mars: Kristen Bell
Keith Mars: Enrico Colantoni
Logan Echolls: Jason Dohring
Richard Casablancas: David Starzyk
Penn Epner: Patton Oswalt
Clyde Pickett: JK Simmons
Alonzo Lozano: Clifton Collins Jr.
Matty Ross: Izabela Vidovic

Mit nur acht Episoden, die jeweils etwa 50 Minuten Spielzeit haben, ist die Staffel sehr kurz geraten. Keine Zeit, um viele kleine Fälle im Stil eines Verbrechens-der-Woche zu übernehmen. Und doch werden nach der Explosion viele kleine Nebenschauplätze eröffnet, um nicht zu gradlinig vorgehen zu müssen. Unter den Opfern gibt es Verbindungen sowohl zu einem Abgeordneten als auch einem mexikanischen Kartellboss. Damit sind viele Parteien beteiligt und es gilt, eine Menge Informationen zu beschaffen. Für Veronica wird es dabei extra spannend, da sich Matty Ross (Izabela Vidovic), die Tochter des Motelbesitzers, einmischt. Der Teenager hört nicht auf Erwachsene, handelt auf eigene Faust und hält sich für besonders clever. Veronica ist mittlerweile jenseits der 30 angekommen und kriegt so einen Spiegel für ihr früheres Ich vorgehalten. Wobei sich schnell zeigt, dass Veronica im Kern noch immer die alte ist. Zynisch, zielstrebig, eigensinnig und immer für einen Spruch zu haben.

Die Vorzüge neuer Veröffentlichungsmöglichkeiten

Von 2004 bis 2007 lief das Teen-Crime-Drama Veronica Mars auf dem Sender UPN, der 2006 zu The CW wurde. Fans fand die sarkastische Detektivin schnell und umso bitterer war das Aus nach nur drei Staffeln. Hauptdarstellerin Kristen Bell legte seitdem eine steile Karriere hin. Neben einer Vielzahl an RomComs wurde sie als Anna in Die Eiskönigin sogar zur Disney-Prinzessin und bekam den Part der Leading Lady in der philosophischen Sitcom The Good Place. Aber die Rolle der Veronica ist ihr ans Herz gewachsen und bedeutet ihr mindestens ebenso viel wie den treuesten Fans. Umso schöner, dass 2014 ein Kinofilm erschien, dank Crowdfunding. Dies war die erste Wiederauferstehung, die den Fans einfach einen runden Abschied geben sollte. Die Geister spalteten sich am Endprodukt und so blieben Stimmen laut, die weiterhin mehr und vor allem besseres wollten. Schöpfer Rob Thomas, der zwischenzeitlich besonders mit der Serie iZombie beschäftigt war, ließ die Idee nie ganz los und im Zeitalter der Streamingdienste bot sich die passende Gelegenheit. Veronica Mars kehrt im Serienformat zurück mit acht brandneuen Episoden: Hulu macht’s möglich.

Guter Einstieg für neue Zuschauer

Im Normalfall kommt vermutlich niemand auf die Idee, einfach in die vierte Staffel einer Serie zu schalten. Bei Veronica Mars ist das allerdings möglich, denn diese Fortsetzung erschafft einen neuen Status Quo, dem man schnell folgen kann. Die Figuren haben eine schillernde Hintergrundgeschichte, aber die vordergründige Jagd nach dem Bombenleger sorgt für gepflegte Krimiunterhaltung. Keith hat ein paar gesundheitliche Probleme. Dass er einen Gehstock benutzt liegt an einem Autounfall, der Teil des Films von 2014 ist. Aber wichtig sind die jetzigen Konsequenzen. Veronica ist teilweise die treibende Kraft in der Detektei und geht in ihrem Job voll auf. Es ist kaum von Belang, dass sie ihr Jura-Diplom nicht nutzt. Wichtiger ist die Beziehung zu Logan Echolls (Jason Dohring), dem langjährigen Freund, der ihr einen Heiratsantrag macht. Die zwei verbindet vor allem eine Menge geteiltes Trauma aus den früheren Staffeln, doch ist Vorwissen nicht nötig, um der romantischen Komponente zu folgen. Neue Zuschauer bekommen einen ausgeglichenen und erwachsenen Logan zu Gesicht, was beweist, dass Menschen sich zum besseren verändern können. Der Ballast an Vorkenntnissen verzerrt das dargestellte Bild der Beziehung schon fast.

Gelungene Einbindung bekannter Gesichter für langjährige Fans

Obwohl deutlich wird, dass Staffel 4 für sich steht, um auch neue Zuschauer anzusprechen, werden Fans natürlich nicht vergessen. Tatsächlich wird auf alle größeren Fälle, die bei Veronica Mars von Bedeutung sind, Bezug genommen. Der Mord an Lily Kane (Amanda Seyfried), Veronicas bester Freundin und Stein des Anstoßes aus Staffel 1, wird oft erwähnt. Pikanterweise gibt es gar Verschwörungstheoretiker, die am Täter zweifeln. Wallace Fennel (Percy Daggs III) ist noch immer mit Veronica befreundet und jetzt stabiler Teil der Lehrerschaft an der örtlichen High School. Leute wie der Anwalt Cliff McCormack (Daran Norris) oder der schmierige Detektiv Vinnie Van Lowe (Ken Marino) sind natürlich auch noch dabei. Etwas angespannt ist leider das Verhältnis zwischen Veronica und Weevil Navarro (Francis Capra). Er hat leider den Ausstieg aus der Kriminalität nicht geschafft und ist wieder da, wo er einst anfing, was die beiden aneinander geraten lässt. In diesen Momenten besinnt sich Veronica Mars wieder auf das Thema der Klassenkluft in Neptune. Und das nicht auf angenehme Weise für Fans, denn Rob Thomas macht schnell deutlich, dass Staffel 4 im Gegensatz zum Film kein bequemes Nostalgiefest sein soll.

Fazit

Die qualitative Dichte der ersten Staffel Veronica Mars bleibt weiterhin unerreicht. Die Serie fing derart stark an, dass alles danach ein bisschen abfallen musste. Aber dieser neue Blick auf bekannte Figuren gefällt mir sehr gut. Veronicas Wandel von der Teen-Heldin zu einer erwachsenen Protagonistin, die ihre charakterlichen Schwächen hat, ist zudem eine interessante Erzählvariante. 16 Jahre können eine Menge verändern, wie auch die Stadt Neptune selbst. Der Klassenunterschied ist noch da, kommt mir aber etwas zu kurz, da es einst ein wichtiger Teil dieser Welt war. Ebenfalls schade ist, dass kaum (Neo-)Noir oder Hard Boiled Elemente genutzt werden. Für einen Krimi wird hier ziemliche Standardkost serviert. Mit den zwei mexikanischen Auftragskillern, die erst zuschlagen und später fragen, ist zudem ziemlich bizarrer schwarzer Humor dabei. Die schlußendliche Auflösung haut einem aber nochmal so viel vor den Latz, dass ich unbedingt eine Fortsetzung brauche, um zu sehen, welche Veränderungen das mit sich bringt. Der Bösewicht ist gefangen, aber das bedeutet nicht, dass wir schon beim Happy End sind. Zumindest da schlägt der ernste Ton voll zu. Dabei habe ich mir um Veronica und Logan als Paar keinerlei Sorgen gemacht. Ein dickes Lob von mir auch an die Schauspieler. Zum einen, dass so viele alte Bekannte sofort wieder dabei sind und diese Welt am Leben halten. Zum anderen wurden aber einmal mehr wundervolle Gaststars gefunden. Mit Patton Oswalt und J.K. Simmons keine Unbekannten, die ihre kleinen Rollen schnell ausfüllen. Kirby Howell-Baptiste, die mit Kristen Bell schon in The Good Place gespielt hat, ist als Barbesitzerin Nicole auch eine wichtige Ergänzung, damit Veronica noch eine weibliche Figur hat, mit der sie sich die Bälle zuspielen kann. Der Dialogwitz, die nachvollziehbaren Ereignisketten von schlimmen Dingen und gut ausbalancierte Charaktere, machen die vierte Staffel Veronica Mars zu einer runden Sache.

© Joyn

Misato

Misato hortet in ihrer Behausung fiktive Welten wie ein Drache seinen Goldschatz. Bücher, Filme, Serien, Videospiele, Comics - die Statik des Hauses erlaubt noch ein bisschen, der Platz in den Regalen weniger. Am liebsten taucht sie in bunte Superheldenwelten ein, in denen der Tod nicht immer endgültig ist und es noch gute Menschen gibt. Íhr eigenes Helfersyndrom lebt sie als Overwatch Support Main aus und adoptiert fleißig Funko Pops.

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Silke
Silke
7. Januar 2020 9:46

Hallo, weiß irgendjemdand, ob die Staffel synchronisiert werden wird? VG, Silke