No Game no Life Zero

“Das ist ein Befehl. Du wirst hier sterben.” – In einer Welt, in der statt Sonnenschein ätzende Asche vom Himmel herabfällt, kämpfen Menschen innerhalb eines Weltkriegs zwischen übermächtigen magischen Wesen ums nackte Überleben. Der Animationsfilm No Game no Life Zero adaptiert die epische Geschichte um Riku und Schwi, die den nicht enden wollenden Krieg der antiken Ära beenden möchten, 6000 Jahre bevor es Shiro und Sora aus der TV-Serie No Game no Life ins fantastische Land Disboard verschlägt. Knapp ein Jahr nach der japanischen Premiere brachte der Publisher KSM Anime den Film im Juni 2018 in ausgewählte deutsche Kinos und am 20. September 2019 ins Heimkino.

    

Teto, der Gott der Spiele, spielt mit Izuna, einem jungen Mädchen aus der Werebeast Spezies Schach, bei dem Izuna laufend verliert. Um die Stimmung aufzulockern erzählt Teto eine Geschichte aus alten Zeiten. Einer Zeit bevor er der “eine wahre Gott” der Welt Disboard wurde und gebot, dass Konflikte nur durch Spiele aufgelöst werden dürfen. Damals bekriegten die Götter einander um die Vorherrschaft, indem sie ihre magischen Schöpfungen aufeinander losließen. Riku, ein einfacher Mensch, der in dieser widrigen Welt einen Weg zu überleben sucht, trifft auf eine Ex-Machina. Dieses eine Exemplar einer hoch entwickelten humanoiden Maschinen-Spezies, das bald den Namen Schwi annimmt, versucht zu begreifen, warum die Menschen noch nicht ausgerottet wurden. Den Grund sucht sie in den Herzen der Menschen, die sie durch Riku zu verstehen lernen will. Nach einiger Zeit beginnt Riku durch Schwi einen Weg zu sehen, mit dem der große Krieg beendet werden kann. Doch zu welchem Preis?

Prequelhandlung eingebettet in einen Sequel-Rahmen

Originaltitel No Game no Life Zero
Jahr 2017
Laufzeit 106 Minuten
Genre Drama, Romanze, Fantasy
Regisseur Atsuko Ishizuka
Studio Madhouse

No Game no Life ist eine Light Novel Serie aus der Feder von Yuu Kamiya. Erstmals animiert wurde sie mit der gleichnamigen TV-Serie im Jahre 2014, die die ersten drei Arcs und Bände der Light Novel adaptiert. No Game no Life Zero adaptiert den sechsten Band. Tetos und Izunas Schachspiel siedelt sich chronologisch direkt vor der Cliffhanger Herausforderung am Ende der TV-Serie an, die nicht noch einmal wiederholt wird. Dieses überspringt allerdings bereits zwei einbändige Arcs der Vorlage. Die Prequel-Handlung tangiert es nicht direkt, doch enthält der Film einige Referenzen, die klar an Vorlagenkenner gerichtet sind. Die Flügel-Anführerin Azriel von Avant Heim, die im Film ein paar kurze wie prominente Auftritte hat, ist eine der Hauptakteure des vierten Arcs, aus der man sich ohne Vorkenntnisse nur eingeschränkt einen Reim machen kann. Gleiches gilt für den Ex-Machina Einzig, der in späteren Bänden noch eine Rolle spielt.

Eine verloren gegangene Liebesgeschichte, die die Welt neu erschafft

Eine Parallele zu Sora und Shiro ist sehr schnell gesetzt: Sie gleichen sich nicht nur visuell und haben die gleichen Synchronstimmen, sie ähneln sich auch charakterlich. Schwi ist wie Shiro ein Genie, wenn es um reines Wissen und Rechnen geht, während Riku ein natürlicher Draufgänger ist. Mit Koron ist sogar ein Doppelgänger von Steph mit auf der Bühne. Anders als beim Trio 6000 Jahre später ist diese antike Dystopie allerdings in bitteren Ernst getaucht: Die Welt steht vor ihrem Ruin. Die Sonne hat schon lange keiner mehr gesehen. Tagtäglich herrscht überall Krieg. Die Menschen hat es besonders schwer getroffen. Sie sind weder körperlich stark, noch verfügen sie über Magie. Das Überleben der Mehrheit fußt auf den Opfern einzelner Personen, die Riku in den Tod schickt. Das Leben kann man keinesfalls leicht nehmen und für Spaß ist schon gar kein Platz. Als ihn dies immer stärker belastet, trifft er auf Schwi. Begegnet er ihr erst noch mit Todesangst und großer Wut, hegt er bald Gefühle zu dem Sonderling. Während die TV-Serie vor allem eine humoristisch-spielerische Atmosphäre mit dezent gesetzten ernsten Untertönen hat, ist der Film vielmehr geradeheraus mit seinen Themen: Krieg ist furchtbar, Liebe eröffnet neue Horizonte und auch die Schwachen haben ihre Mittel sich durchzuschlagen, indem sie zu Tricks greifen.

Zwischen Verzweiflung, Romantik und Otaku-Augenzwinkern

No Game no Life ist eine Serie mit zwei Hardcore Otakus als Helden, die das Leben in Disboard, in dem Mord und Totschlag nicht mehr existieren, mitunter nicht so ganz ernst zu nehmen scheinen. Dieser Humor ist, trotz der absolut ernsten Stimmung des Zero Arcs in dem der Tod überall lauert, auch im Film vorhanden (z.B. Schwis Onii-chan Mundart und diverse Anspielungen auf typische Ecchi-Anime Tropes wie typische Missverständnisse und Posen). Während solche Referenzen in der TV-Serie durch Sora und Shiros Anwesenheit und deren umfassendes Otaku-Wissen kaum weiter fremdartig auffallen, tanzen sie im Film sehr stark aus der Reihe. Auch rückt das eigentliche Thema des Franchise – die Spiele und Psychospielchen beim Cheaten – relativ in den Hintergrund. Der Film konzentriert sich zunächst auf den Überlebenskampf der Menschen, doch liegt der Fokus sehr bald vornehmlich auf Rikus und Schwis Beziehung. Selbst ihr großer Plan die anderen Spezies zu überlisten, um den Krieg zu beenden erscheint daneben geradezu wie eine Nebensache, die zum Großteil in wenigen Minuten Schnelldurchlauf abgehandelt wird. Shinku Nirvalens Auftritt wirkt dadurch fast wie reiner Fanservice, um einen visuellen Klon ihrer Nachfahrin einzubetten. Auch Nonna Zell (die visuelle Kind-Version von Kurumi Zell) hat kaum eine Rolle denn als Plotdevice, um Rikus Depression anzuheizen. Der Fokus auf die dramatischen Aspekte spiegelt sich auch in der optischen Umsetzung wider: Szenen, in denen Emotionen überquellen, sind durch die Bank weg hochwertig animiert. Während die TV-Serie nur bei der Eingangsszene mit flüssiger Actionanimation aufwartet beinhaltet der Film sehr viele bombastische Kämpfe. Für eine zusätzliche visuelle Abgrenzung sind die Outlines der alten Zeitebene ohne Tetos Präsenz schwarz, während sie mit ihm, sei es in der neuen Ära oder in seinen sporadischen Anwesenheiten vorher, wie in der TV-Serie rot sind. Der Film greift wie die TV-Serie in eine breite Farbpalette, doch wird bei allen Farben der Sättigungswert und Hellwert ordentlich runtergeschraubt, um der Dystopie gerechter zu werden. Einen großen Beitrag dazu leistet auch der Soundtrack. Statt der bunten funky Musik der TV-Serie betont Komponist Yoshiaki Fujisawa (Land of the Lulstrous) mit epischen Klängen und reichhaltigem Einsatz von Streichinstrumenten die Dramatik der düsteren Vergangenheit.

Ich bin etwas zwiegespalten. Ich mag die Serie sehr gerne. Der Film ist keine schlechte Produktion. Der erste und der zweite Trailer bieten toll adaptierte Szenen und teasen ein episches Filmspektakel an. Und ja, die Drama- und Action-Szenen sind hochwertig – deutlich spektakulärer und flüssiger animiert als die TV-Serie es je war – aber bei allem dazwischen ist es meist ein Fall von mäßig abwechslungsreichen “Talking Heads”. Am Anfang trösten noch die stimmungsvollen und detaillierten Hintergrundzeichnungen darüber hinweg, doch die finden sich vornehmlich eher zum Anfang und Ende des Films. (In der Mitte des Films gibt es sogar eine Bildkomposition, die die ikonischen von Folge 1 spiegelt aber mit weitaus wenig aufwartet.) Vor allem geht mir aber an dem Film ab, dass er sich nicht recht wie ein No Game No Life anfühlt. Wo sind die Provokationen, die absurden, halsbrecherischen Strategien geblieben? Die ganzen Psychospielchen? Die Bluffs, die jederzeit zu Implodieren drohen? Der spielerische Humor, in dem die eigene Identität als Light Novel/Anime mit Augenzwinkern auf die Schippe genommen wird, aber sich nie verkehrt anfühlt? Diese Kernelemente wirken im Film eher wie ein schaler Aufguss bis geradezu deplatziert. Nicht weiter überraschend ist das eine Folge der Adaptionsschere. Für Vorlagenkenner ist der Film allerdings auch nicht unbedingt eine schlechte Adaption. Mit kreativen visuellen Kunstgriffen und einigen kurzen Zusatzszenen werden Exposition und erklärende Dialoge umgangen. Doch hat die Filmadaption eben genau die Aspekte abgekürzt, die No Game no Life für mich mit einer gewissen Einzigartigkeit auszeichnen und stattdessen mit der tragischen Liebesgeschichte die Teile der Geschichte betont, die man schon woanders zuhauf gesehen hat. No Game no Life Zero unterhält unterm Strich trotz allem gut (alleine die mörderische und die Chibi-Jibril sind es wert), aber während ich die TV-Adaption jederzeit als sehr viel gelungener als die Vorlage empfinde, trifft das beim Film leider nur auf einzelne Szenen zu.

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© MADHOUSE, KSM Anime

Luna

Luna residiert auf dem Mond mit ihren beiden Kaninchen. Als solche hat sie eine Faible für flauschige Langohren und ist auch nicht um die ein ums andere Mal etwas entrückte Sicht auf die Weltordnung verlegen. Im Bestreben, sich verständigt zu bekommen, vertreibt sie gerne die Zeit mit dem Lernen und Erproben verschiedener Sprachen und derer Ausdrucksformen.

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3 Comments
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Alva Sangai
Redakteur
13. Juni 2018 15:53

Ich habe noch nicht mal die Serie davon angerührt. Sieht halt nach typischer Otaku-Kost aus. Q__Q

Ayres
Redakteur
3. Juli 2018 20:37

Na immerhin sind die hässlichen roten Outlines endlich weg.