The Sinner (Staffel 4:) Percy
Die Auftaktstaffel von The Sinner, die auf dem gleichnamigen Roman von Petra Hammesfahr basiert, ging im Jahr 2017 an den Start. Die erste Sünderin Cora, gespielt von Jessica Biel, die bis heute als Produzentin involviert ist, war für Harry Ambrose das erste große Rätsel. 2018 folgte ein Fall mit Carrie Coon (The Leftovers), 2020 dann einer mit Matt Bomer (White Collar). Staffel 4 ist gleichzeitig auch die letzte der Serie, denn aufgrund eines Strategiewechsels des Heimatsenders USA Network ist keine weitere Fortführung der Anthologie geplant. Inhaltlich fällt das nicht sonderlich ins Gewicht, immerhin steht weiterhin jede Staffel für sich. Ein deutsches Publikum kam ab dem 26. Januar 2022 in den Genuss der Finalstaffel.
Um sich vom Trauma eines früheren Falls vor einem Jahr zu erholen, reist Harry (Bill Pullman, Independence Day) mit seiner Partnerin Sonya (Jessica Hecht, Friends) nach Hanover Island im Norden Maines. Doch als Percy Muldoon (Alice Kremelberg, Orange Is the New Black), der Tochter einer einflussreichen Familie der Insel, etwas Schreckliches zustößt, wird der ehemalige Polizist in die Ermittlungen einbezogen. Das Mysterium wächst rasch zu einem Berg der Paranoia an, der den sonst so verschlafenen Touristenort und Harrys Leben gehörig auf den Kopf stellt …
Mastermind im Ruhestand
Originaltitel | The Sinner |
Jahr | 2021 |
Land | USA |
Episoden | 8 in Staffel 4 |
Genre | Krimi, Drama |
Cast | Harry Ambrose: Bill Pullman Sonya Ambrose: Jessica Hecht Percy Muldoon: Alice Kremelberg CJ Lam: David Huynh Lou Raskin: Joe Cobden Kim Roberts: Greta |
Veröffentlichung: 26. Januar 2022 auf Netflix |
So wirklich will das mit Harrys Ruhestand einfach nicht funktionieren. Aus diesem Gesichtspunkt betrachtet wirkt die vierte Staffel wie der Bonus einer Serie, die sich noch nicht von der Bildfläche verabschieden möchte. In dieser Staffel rückt der Mordfall als solcher zeitweise sogar in den Hintergrund. Denn die als persönlichste aller Staffeln deklarierte Staffel soll vor allem einen Einblick in die Psyche von Harry Ambrose liefern. Dessen Ruhestand hängt übrigens auch mit den Ereignissen um Jamie Burns (Staffel 3) zusammen. Anders als in den bisherigen drei Staffeln steht nicht die zentrale Person (wie Cora, Julian, Jamie) unter Verdacht, einen Mord begangen zu haben. Percy ist die verschwundene Figur und der Verdacht lastet auf Ambrose, der ihren Sprung von der Klippe beobachten konnte. Was zunächst nach Suizid aussieht, entwickelt sich (natürlich!) in eine ganz andere Richtung und dafür greift die Geschichte auch zu allen verfügbaren Mitteln, um in die Irre zu führen.
Der letzte Fall als Reise zu sich selbst
Ebenso zu erwarten war, dass Ambrose natürlich nicht nur in eine Richtung ermittelt, sondern dass auch in Hanover Island weitere Geheimnisse warten, die wenig überraschend mit Percys Verschwinden zusammenhängen. Während sich Staffel 1 bis 3 also als “Whydunit” einordnen lassen, bleibt davon nur noch das “Why” für Staffel 4. Das fällt insgesamt etwas weniger packend aus als in den Fällen zuvor, doch so oder so wirkt das Rätsel um Percy wie ein Grund, damit Ambrose ein weiteres Mal auf Recherche gehen darf. Ganz getreu dem Motto: Der Weg ist das Ziel. Denn Harrys Suche nach sich selbst bildet den übergeordneten Handlungsstrang. Dabei schlägt er (wie schon in Staffel 3 erlebt) unkonventionelle Wege und Methoden ein, die für den einen oder anderen Überraschungsmoment sorgen. Was The Sinner als Krimi auszeichnet, war schon immer der Effekt, welches Trauma ein Mord bei einzelnen Personen verursacht. In dieser Staffel muss sich Ambrose diesem inneren Dämon nun selbst stellen.
Uninspirierte Auflösung
Der Schauplatz der Insel ist sehr von der tristen und grauen Atmosphäre geprägt. Wenn ein Mord über einem kleinen Dörfchen liegt, nimmt das alle Anwesenden mit. Und es schließt jeden als Verdächtigen ein: Familie Lam, die eine Fischerei führt, Percys Familie (sogar Großmutter Meg ist nicht frei von Harrys Ermittlungen) und Percys Ex-Freund Brandon. Reihum wird im kleinen Kreise ermittelt. Durch die Beschränkung auf Hanover Island mit seinen Naturaufnahmen bekommt die Staffel ein wenig das Flair eines skandinavischen Krimis wie Der Kastanienmann. Das Rätsel und dessen Lösung erzeugen keinen Wow-Effekt, sondern sind nur der Abschluss einer atmosphärisch dichten Suche. Die Auflösung mag sich bisweilen sogar unangenehm anfühlen:
Fazit
Staffel 4 mag die ruhigste Staffel der Serie sein. Sie verliert trotzdem nicht an Spannung. Nur die Frage, wie sie nun im Vergleich zum Rest der Serie steht, hängt ganz davon ab, ob man The Sinner nun aufgrund der Figur Harry Ambrose schätzen gelernt hat oder ob es die jeweiligen Mordumstände sind, auf denen die Spannung fußt. Bill Pullmann ist es als Harry Ambrose gelungen, über vier Staffeln hinweg ein komplexes Profil seiner Figur aufzubauen und dies ist der Abschluss seiner Figur. Gelungen, wenn man mit Ambrose sympathisiert, der Fall an sich bleibt eher durchschnittlich gelungen erzählt und bringt weniger Intensivität mit als die die Fälle um Cora, Julian und Jamie.