Gunpowder Milkshake
Wann immer Hollywood in Deutschland dreht, ist nationale Aufmerksamkeit sicher: Der in den Babelsberger Studios produzierte Action-Thriller Gunpowder Milkshake bringt einen internationalen Female Allstar-Cast mit sich, der es in sich hat: Karen Gillan (Guardians of the Galaxy), Lena Headey (Game of Thrones), Chloe Coleman (Der Spion von nebenan), Carla Gugino (Spuk in Hill House) und Angela Bassett (Black Panther) sind nur ein Auszug des Topcasts. Unter der Regie von Navot Papushado (Big Bad Wolves) entstand eine buntgemischte Tüte mit Versatzstücken aus Western- und Rache-Werken. Eine Fortsetzung wurde übrigens auch bereits angekündigt, denn es soll ein neues Female Action-Franchise entstehen. In deutschen Handel kam der Film am 14. April 2022.
Die Profikillerin Scarlet (Lena Headey) musste vor Jahren ihre geliebte Tochter Sam (Karen Gillan) zurücklassen und war gezwungen, vor ihren Feinden in den Untergrund abzutauchen. Mittlerweile ist Sam selbst als Assassine in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten. Als ein riskanter Auftrag außer Kontrolle gerät und ein unschuldiges Mädchen in die Auseinandersetzung hineingezogen wird, muss auch Sam untertauchen – und trifft dabei auf keine Geringere als ihre Mutter. Wieder frisch zusammengeführt, setzen die beiden alles daran, ihre Widersacher in die Knie zu bezwingen und jene zu beschützen, die ihnen am Herzen liegen. Unterstützt werden sie dabei von Scarlets ehemaligen Weggefährtinnen, die nur darauf gewartet haben, ihren Killer-Instinkt mal wieder unter Beweis zu stellen.
Ästhetik für die Leinwand
Originaltitel | Gunpowder Milkshake |
Jahr | 2021 |
Land | USA |
Genre | Action, Thriller, Komödie |
Regie | Navot Papushado |
Cast | Sam: Karen Gillan Scarlet: Lena Headey Emily: Chloe Coleman Madeleine: Carla Gugino Florence: Michelle Yeoh Anna May: Angela Bassett Nathan: Paul Giamatti |
Laufzeit | 114 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 14. April 2022 |
Navot Papushado legte den Grundstein seiner Karriere 2010 mit dem noch unbeholfenen Slasher Rabies und blieb dem Genrefilm seitdem auch treu. Zwischen Rabies und Gunpowder Milkshake liegen neben zehn Jahren Abstand auch qualitativ Welten: Nicht nur, dass der israelitische Regisseur mit einem höheren Budget hantieren darf, auch das Talent vor der Kamera ist ein ganz anderes Kaliber. Damit handelt es sich um den bislang größten Eintrag seiner Filmografie. Studio Babelsberg beteiligte sich neben StudioCanal und The Picture Company als Co-Produktion an dem Projekt, was das nationale Interesse während der Produktion anregte. Während Gunpowder Milkshake in den USA und Kanada auf Netflix startet, ist der Film in Europa für eine Kino-Auswertung vorgesehen. Zumindest ist der blutige Action-Thriller aus ästhetischer Perspektive für die große Leinwand erschaffen: Der Wiedererkennungswert ist vorhanden und an sich kann man sich an dem gefälligen Titel auch kaum sattsehen. Was allerdings für den Rest des Films nur bedingt funktioniert, denn für einen Action-Reißer sind die Choreografien verhältnismäßig wenig dynamisch und über Schnitte muss vieles gerettet werden, um noch mehr Rasanz erzeugen. An der Stelle liegt es also am Publikum, ob das persönliche Augenmerk lieber auf einer durchgestylten Ästhetik liegt oder aber auf knüppelharten Kampf- und Action-Passagen.
Italo-Western der Moderne
Am Konzept selbst ist wenig neu. Mit schwarzem Humor wandelt Papushado auf den Spuren von Quentin Tarantino (genauer gesagt: Kill Bill), gleichzeitig lassen sich aber die Einflüsse vieler weiterer Filme und Regisseure entdecken, denen Tribut gezollt wird. Etwa Léon – Der Profi, Atomic Blonde oder John Wick. Im Grunde ein moderner Italo-Western, der in die heutige Zeit transportiert wurde, wobei Ort und Zeit gar nicht näher definiert sind. Die Neon-Farben und der launige Score schreien nach 80er Jahre und allgemein setzt das Produktionsdesign auf Retro, der Film könnte aber ebenso zu unserer Zeit spielen. So wirklich lässt sich das nicht sagen. Realismus ist ohnehin nicht gefragt und was Realität anbelangt, erschafft sich die Handlung eine ganz eigene, in der jegliche Gewaltausbrüche regelrecht eskalieren, was dem Film bei der FSK-Prüfstelle auch ein FSK 18-Siegel einbrachte. Obwohl dieses gerechtfertigt ist, fehlen den Schlagaustauschen die Wucht und die Spürbarkeit, die ein John Wick etwa mitbringt. Auch störend ist, dass in den Shootouts nicht selten auffällige CGI-Effekte zum Tragen kommen, die nicht ins Gesamtbild passen wollen.
Echte Frauenpower
Ähnlich wie in Birds of Prey sind alle wichtigen Rollen mit Frauen besetzt. Karen Gillans Sam ist eine Art Hitwoman und hinter ihr her ausschließlich Männer, die nach dem Leben der abtrünnigen Assassinin trachten. Nur Ralph Ineson (The Witch) sticht als charismatischer Bösewicht unter den Herren der Schöpfung hervor, sonst bleibt es dort ziemlich dünn. Karen Gillan spielt ihre Rolle ziemlich ernst und es dauert, mit ihr warm zu werden. Im Gegensatz zu den anderen Cast-Mitgliedern, die schneller in ihre Rolle finden. Allen voran Lena Headey: Wer eine zweite Cersei Lannister befürchtet, kann aufatmen. Insgesamt wurde eine coole und vielseitige Truppe zusammengestellt, die Spaß macht, aber keine neue Genre-Ikonen hervorbringt. Sowohl Sam als auch Scarlet funktionieren als Action-Abziehbilder. Sozusagen als Blaupause des Action-Genres.
Fazit
Gunpowder Milkshake ist auf den ersten Blick pures Mainstream-Kino. Bei näherem Hinsehen wird dann erkenntlich, dass es sich trotz des massentauglichen und verführerischen Looks um einen Genre-Film handelt, der weder seine Handlung noch seine Protagonistinnen näher hinterfragt. Ein großer und lauter Spaß, bei dem die berühmt-berüchtigte Style over Substance-Formel wieder einmal Vorrang hat. Die selbstgefällige Inszenierung ist auch wirklich toll anzusehen, kann aber nicht an jeder Stelle davon ablenken, dass die Handlung mitunter recht zäh bleibt und die emotionalen Szenen ihre Wirkung verfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Reihe in ihrer Fortführung als ausgewogenere Mischung entpuppen wird, denn der Auftaktfilm hat Schwierigkeiten damit, den richtigen Ton zu finden.
© Studiocanal
Veröffentlichung: 14. April 2022