Die FROST-Chroniken (Band 1): Krieg und Kröten

Da geht man nur mal kurz Tabak holen und fünf Jahre später will sich einfach niemand mehr an einen erinnern. Yuriko Doragon Frost, Siegelmeister, Feuerbeschwörer, Freund der Kröten, Besieger der Schicksalsschlange und selbsternanntes größtes Geschenk der Götter an die Frauen, findet bei seiner Rückkehr kaum noch etwas Gewohntes wieder, haben sich die Stadt, seine Akademie und seine Schülerin von ihm gelöst. So steht der Protagonist aus Krieg und Kröten, dem ersten Teil der FROST-Chroniken von Susanne Pavlovic, der im Frühjahr 2020 im Amrûn Verlag erschien, ziemlich einsam da. Doch Abenteuer und damit Verbündete holen ihn schneller ein, als er Krötenspucke sagen kann.

   

Yuriko Doragon Frost wollte wirklich nur Tabak holen gehen. Doch seitdem er das Haus verlassen hat, sind fünf Jahre voller Abenteuer vergangen. Hauptsächlich Abenteuer der Art Fraueneroberungen. Doch die Sehnsucht nach seiner Jugendliebe führt ihn zurück in seine Heimatstadt. Nur hat man ihn dort vergessen. In den Ruinen seines Hauses trifft er auf Arkadis, die – oder der? – durch ein Sigel auf der Zunge stumm ist und Yuriko um Hilfe bittet. Schnell erreicht der Siegelmeister die Grenzen seines Wissens, wird aber von seiner Schülerin Galina entführt, um Arkadis zu helfen. Widerwillig lässt er sich auf ein neues Abenteuer ein, billigt seine Angebetete doch die Entführung. Und um mit ihr eine Verbindung einzugehen, lässt sich Yuriko Doragon Frost auf alles ein. Auch wenn er es schnell bereut.

Feuerzauberer voller Widersprüche

Originaltitel Krieg und Kröten (Die Frost-Chroniken 1)
Ursprungsland Deutschland
Jahr 2020
Typ Roman
Band 1 / ?
Genre Fantasy
Autorin Susanne Pavlovic
Verlag Amrûn Verlag
Seit dem 7. März 2020 im Handel erhältlich

Yuriko Doragon Frost, Siegelmeis- … Ja, ja, wir haben es verstanden. Vor allem ist Yuriko auf den ersten Blick eins: ein Aufschneider. Doch was verbirgt sich wirklich hinter dem äußeren Schein? Trotz dass er ein Unsympath ist, schafft es Susanne Pavlovic durch die Einnahme seiner Perspektive, eine vielschichtige Persönlichkeit zu kreieren. Zwar steigt er jedem Frauenrock hinterher, lenkt sich damit aber nur davon ab, seine wahre Liebe nicht kriegen zu können. Zwar gibt er sich egoistisch, kann aber nicht vertuschen, dass ihm seine Begleiter*innen am Herzen liegen und er, obwohl eigentlich faul und sicherheitssuchend, doch gewillt ist, für wichtige Personen und Fortschritte zu kämpfen. Auch wenn er es immer kleinzureden versucht. Doch man merkt ihm an, dass er einfach nicht so leicht aus seiner Haut heraus kann und erst lernen muss, für sich und die Menschen, die ihm wichtig sind, einzustehen.

Erschwerter Feminismus

Zentallo ist nicht als Landstrich bekannt, der das Prinzip der Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter verstanden hat. Umso schwerer fällt es einer starken Persönlichkeit wie Galina, Yurikos Schülerin, sich zu behaupten. Sitzengelassen von ihrem Mentor musste sie schauen, wie sie den konventionellen Zwängen entgehen kann und verdient sich ihren Lebensunterhalt als Hausmeisterin. Auch wenn es nicht so glorreich wie das Zaubern ist: Sie sucht sich Wege, um unabhängig zu werden und zu bleiben. Trotzdem ist sie verletzlich und verletzt. Sie zeigt das Yuriko Frost auch deutlich, oft ist sie forsch und aufbrausend, aber auch dankbar. Sie lebt in einer Welt, die ihr als Frau nicht erlaubt, ihre Gefühle zu zeigen, zu akzeptieren und damit umzugehen. Es ist phantastisch, wie Susanne Pavlovic dieses Problem vieler Frauen in Krieg und Kröten eingebaut hat. Die Parallelen zur realen Welt sind erschreckend und es ist schön zu lesen, dass Galina nicht, wie viele Frauen, dadurch zu Depressionen neigt, sondern ein Ventil sucht und lernt, wie sie sie selbst sein kann in einer Welt, die das nicht möchte.

Geschlechterwirrwar

Eine der interessantesten Figuren in Krieg und Kröten ist wohl Arkadis. Stumm aufgrund eines Sigels auf der Zunge, dass selbst den Siegelmeister Yuriko vor Rätsel stellt. Es ist nicht eindeutig, ob Arkadis weiblich oder männlich ist – aber was das erste Abenteuer der Frost-Chroniken besonders macht ist, dass es auch gar nicht wichtig ist. Die Figur hat ihren eigenen Charakter, der nicht auf ein mögliches Geschlecht reduziert wird und nicht nur zum Ende des Buches überrascht die Autorin mit dieser Figur (so erfahren wir, dass hier zwei Figuren, die vor allem aus Feuerjäger 3: Das Schwert der Königin bekannt sind, mit Arkadis verbunden sind.) . Es stellt nicht nur Yuriko und Galina vor ein Rätsel, wieso Arkadis von mächtigen Verfolger*innen gejagt wird. Diverse Male müssen sich unsere Helden deshalb einer Nekromantin, einer Beschwörerin und einem Najaden entgegenstellen, was für ordentlich Action sorgt.

Albtraummonster

Doch nicht nur die Gegner unserer Reisegruppe bieten eine düstere Komponente. Susanne Pavlovic hat es schon immer geschafft, den Lesenden Emotionen und Stimmungen mit voller Wucht zu übermitteln – man denke nur an die vielen Szenen in Feuerjäger 3: Das Schwer der Königin, in der sie so viel Schmerz transportiert hat, dass Lesenden ein großer Klumpen in Bauch- und Halsgegend beschert wurde. In Krieg und Kröten hat sie sich noch einmal gesteigert und ihr Repertoire erweitert. Yuriko, Galina und Arkadis stehen oft Monstern gegenüber, die einem Albtraum entsprungen sein könnten. Und mit Worten, die viel beschreiben und viele Lücken für die eigene Vorstellungskraft lassen, fürchtet man sich gemeinsam mit den Kämpfenden vor Monsterwürmern, nekromantisch beschworenen Skeletten und Wassergiganten. Sie findet genau den richtigen Ton, der in Filmen und Serien mit epischer Musik untermalt wird und schafft es ganz ohne diese Hilfsmittel, einem eine Gänsehaut zu verpassen.

Fazit

Kein neues Abenteuer mit Krona und Wolfram und all den anderen liebgewonnen Figuren: Natürlich ist ein bisschen Wehmut beim Lesebeginn von Krieg und Kröten dabei gewesen. Aber schnell wird klar, dass die Welt immerhin dieselbe ist und es so viele Anspielungen auf die Abrantes-Romane gibt, dass man gar nicht traurig sein muss. Und das Schönste ist: Die Figuren, die Welt, die Beziehungen … alles überzeugt auch ohne diese Verbindungen zu alten Lieben. Natürlich ist Yuriko Doragon Frost ein Blender, aber Susanne Pavlovic konnte mich schnell überzeugen, dass mehr hinter ihm steckt und es geschafft, Klischees zu vermeiden. Allein dafür verdient das Buch meine ganze Liebe. Aber dazu kommen noch spannende Situationen, unerwartete Wendungen und Rätsel, die mich begeistert am Lesen halten. Das Ende ist noch einmal großartig, der Bogen zu den Feuerfäger-Romanen wird geschlagen und was bleibt ist der Wunsch, dass da ganz schnell der zweite Band folgt.

© Amrûn Verlag

MadameMelli

MadameMelli ist im Berufsalltag als Informationsninja unterwegs und hilft Suchenden, die passende Literatur zu finden. In ihrem Freundeskreis ist sie als Waschbär bekannt und dementsprechend ist auch kaum ein Buch, Manga oder Comic (oder Tee) vor ihr sicher – alles wird in die Hand genommen, begutachtet und bei Gefallen mit nach Hause geschleppt. Nur nicht gewaschen, das wäre zu viel des Guten. Sinniert gerade darüber, ob es als Waschbär sehr gefährlich ist, Wölfe zu lieben, lässt sich davon aber nicht abhalten und schreibt in ihrer Freizeit selbst Geschichten. Manchmal auch über Wölfe. Oder Tee.

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