Star Wars: The Bad Batch (Staffel 1)
Ein bunter Haufen von Söldnern mit einer Abneigung gegen Befehle adoptiert unfreiwilligerweise ein mysteriöses Kind. Gejagt von imperialen Streitkräften und Kopfgeldjägern, lernen sie, aufeinander aufzupassen und mausern sich zu einer Ersatzfamilie, für die man nicht anders kann als begeistert die Fahne zu schwenken. Klingt irgendwie bekannt die Formel, oder? Aber nein, wir sprechen hier nicht vom Star Wars-Flaggschiff The Mandalorian, sondern von The Bad Batch, dem neusten Streich von »Star Wars-Retter« Dave Filoni und gleichzeitig sowohl The Clone Wars-Spin-off als auch das zweite Kapitel in Disneys großer Star Wars-Offensive. Die erste Staffel von The Bad Batch ist hierzulande am 13. August 2021 auf Disney+ geendet.
Die Geschichte von The Bad Batch folgt der titelgebenden »Schadencharge«, einem Trupp experimenteller Spezialklone, die sich unmittelbar nach dem Ende der Klonkriege in einer sich rapide verändernden Galaxie zurecht finden müssen. Hunter, Wrecker, Tech und Echo sind aufgrund ihrer genetischer »Schäden« überwiegend immun gegen die Order 66 und werden bald zum Feind des Imperiums deklariert. Ihnen gelingt die Flucht, zusammen mit der jungen Omega, die sich bald schon als ihre Klonschwester entpuppt. Doch Füße hochlegen ist nicht angesagt, denn Crosshair, ihr eigener Bruder, ist zum Imperium übergelaufen und macht fortan Jagd auf sie.
Galaxie am Abgrund
Originaltitel | Star Wars: The Bad Batch |
Jahr | 2021 |
Land | USA |
Episoden | 16 (in Staffel 1) |
Genre | Science-Fiction, Animation |
Cast | Sämtliche Klone: Dee Bradley Baker / Martin Keßler Omega: Michelle Ang / Lina Rabea Mohr Nala Se: Gwendoline Yeo / Sabine Mazay AZI-3: Ben Diskin / Tobias Müller Wilhuff Tarkin: Stephen Stanton / Detlef Gieß Cid: Rhea Perlman / Sabine Walkenbach |
Auf Disney+ verfügbar |
The Bad Batch setzt dort an, wo der Vorgänger The Clone Wars (im Folgenden TCW genannt) endet: bei der Ausführung der Order 66. Während die regulären Klone kein Problem damit haben, ihre Waffe von jetzt auf gleich gegen die Jedi zu erheben, regt sich in der Schadencharge gesunde Skepsis. Da die Schadencharge bereits im ersten Akt von TCW Staffel 7 ihren Einstand feierte, bleibt die Charaktereinführung in The Bad Batch kurz und knackig, so dass direkt in die Vollen gegangen werden kann. Die 90-minütige Pilotfolge ist ein starker Auftakt und setzt die überaus spannende Prämisse der Serie fest: Vier Klone auf der Flucht vor dem erstarkenden Imperium, gejagt von ihrem eigenen Bruder und zusätzlich in der Pflicht, Vater, Freund und Lehrer für den ersten (und vermutlich einzigen) weiblichen Klon der Galaxie mimen zu müssen. Die Herausforderung für The Bad Batch war von Anfang an klar: Die Serie spielt in einer Zeit ohne Hoffnung oder absehbares Happy End. Die Allianz, deren Anfänge bereits Thema in der Animationsserie Star Wars Rebels sind, wird sich erst in 15 Jahren gründen. Also bleibt The Bad Batch eigentlich nur übrig, von den Anfängen dieser Anfänge zu erzählen.
Squad on a mission
Doch zunächst einmal verdingt sich die Schadencharge als Söldnertrupp, denn der erste Schritt für Star Wars-Helden in Not ist stets der Gang in die Unterwelt. Auch wenn die Brüder immer wieder mit einer höheren Berufung flirten, müssen sie sich zunächst darauf konzentrieren, sich gegenseitig am Leben zu erhalten. Durch den Söldner-Job entwickelt sich The Bad Batch zu einer angenehmen »Squad on a mission«-Serie, in der sich die Geschwister mit Verbrechersyndikaten und dem Imperium anlegen, aber auch auf alte Freunde treffen und allgemein für sich herausfinden müssen, welchen Pfad sie in dieser neuen Weltordnung einschlagen wollen. Verglichen mit der weniger lebensechten Ästhetik von TCW sieht The Bad Batch konsequent wunderprächtig aus, mit tollen kinematographischen Aufnahmen, Ausleuchtung, Tiefenschärfe und diversen John Williams-Zitaten. Die Serie nimmt sich zwischen der Action immer genug Zeit, um sich der wundervollen Szenerie zu widmen.
Von α wie Hunter bis Ω wie Omega
Das Squad als solches hat natürlich alle erforderlichen Archetypen in petto. Wrecker ist schwer von Begriff und damit die sprechende Faust. Tech mimt den berechnenden Analytiker. Crosshair etabliert sich von Anfang an als sadistisches Arschloch mit der größten kognitiven Dissonanz diesseits und jenseits des Universums. Omega ist das emotionale Gewissen der Truppe und Hunter, der Anführer, präsentiert sich mit seinem roten Bandana als (leicht trashiger) Abklatsch von Rambo, der allein anhand des Moosbefalls einer Tanne vorhersagen kann, wie viele Gegner sich in der 64,8 Klicks entfernen Basis aufhalten – und wie vielen davon einen Ausschlag am Hintern haben. Nur Echo erfüllt keinen wirklichen Archetypen außer den des Fanlieblings, der in TCW aufgrund seines Martyriums von der Schadencharge adoptiert wurde. Zwar fehlt The Bad Batch so manche Charakterbeleuchtung (die man sich vor allem für Echo oder Tech wünschen würde), insgesamt ist die Gruppendynamik zwischen den Geschwistern auf ihren Missionen aber stets spaßig anzusehen.
Väter – Väter überall
Was fällt noch auf, wenn wir uns die Truppe betrachten? Richtig: Vier Badass-Typen und ein Kind – eine Form der Dadification. Das Dadification-Trope taucht in den letzten Jahren vermehrt in der Popkultur auf. In solchen Narrativen stellt die Vaterschaft ein vordergründiges Element dar, meistens in der Form einer gewaltbereiten Vaterfigur, die sich hingebungsvoll (aber mit Schwächen) um ein Kind kümmert. Diese Form der Vaterschaft nutzt Disney in The Mandalorian exzessiv, kann (wenn man so will) in stark abgeschwächter Form in TCW begutachtet werden (Anakin und Ashoka) und tritt nun in The Bad Batch wieder prominent in den Vordergrund. Die junge Omega hat hier sogar gleich vier Brüder, die ihr als Vaterfigur dienen. Dass Disney auf die Dadification setzt, ist nicht abwegig. Zum Einen hält der Konzern damit an seinem Familien-Ideal fest, zum Anderen erwies sich dieses Konzept bereits bei The Mandalorian als extrem populär und rentabel. Freilich kann die Existenz von Omega innerhalb einer Badass-Truppe auch leicht mit der Zielgruppe erklärt werden: Wer hätte als Kind (und Klon-Fan) denn nicht gerne eine Identifikationsfigur gewollt, die den eigenen Traum ausleben und mit Klonen durchs All ziehen darf? Denn im Grunde seines Herzens ist auch The Bad Batch eine Kids-Show – die Pille gilt es wohl zu schlucken.
Connections – Connections überall
Wie auch schon Rebels, TCW und The Mandalorian, entfernt sich The Bad Batch jede Folge etwas mehr vom eigentlichen Fahrplan (sofern’s denn einen gibt). Die Serie beantwortet stattdessen Fragen, die man sich mal mehr, mal weniger häufig gestellt haben dürfte: Was ist aus dem Klon-Deserteur Cut aus TCW Staffel 2 geworden? Wie konnte sich Klonkommando Gregor aus TCW Staffel 5 Rex anschließen? Und wie sieht der Rancor, der seinerzeit Luke Skywalker in Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter auffressen wollte, eigentlich als Baby aus? Auch so einige Easter Eggs wurden wieder eingestreut, etwa die Verwendung von Ralph McQuarries verworfenem Sturmtruppler-Design oder das Auftauchen von Scorch aus Star Wars: Republic Commando. Für einige Kritiker*innen ist das »erzwungener Fan-Service«, tatsächlich aber hält sich Schöpfer Filoni nur an sein Versprechen: Von Anfang an wollte er darstellen, was mit den Planeten und Figuren, die in TCW eingeführt wurden, nach dem Fall der Jedi passiert. Einige Figuren wie Tarkin und Rex passen gut in den Rahmen der Serie hinein und haben legitime Gründe, der Schadencharge zu begegnen. Dass man Hera aus Rebels auf Ryloth antrifft, ist ebenfalls legitim. Manchmal scheint The Bad Batch (ähnlich wie The Mandalorian) aber auch als reiner Teaser für kommende Attraktionen zu dienen, wie z. B. für Fennec Shands Rolle in The Book of Boba Fett (Dezember 2021) – was jetzt umso faszinierender werden könnte, da man weiß, dass sie einst Fetts Schwester gejagt hat. Entweder man kann diese ganzen Verweise und Easter Eggs genießen oder eben nicht. Natürlich beleuchtet die Staffel aber auch bedeutsame Themen, z. B. welche Veträge das Imperium mit den Kaminoanern eingeht oder warum es lieber auf Wehrpflichtige setzt als auf Klone (hauptsächlich wegen der Kosten, okay, aber darüber hinaus wohl auch deswegen, da gedankengesteuerte (!) Klone weniger gehörig sein sollen … eine Behauptung, die die Serie nur saumäßig untermauern kann). Insgesamt unterstützen alle Querverweise und Easter Eggs das World Building und verknüpfen The Bad Batch auf eine gute Weise mit dem Star Wars-Kosmos.
Roter Faden?
Kommen wir nochmal zurück zum Fahrplan. Worum geht’s denn nun eigentlich in The Bad Batch? Crosshair durchläuft keinen Redemption Arc, Omegas Daseinsgrund wird nicht gelüftet und auch die restlichen Klone der Schadencharge durchlaufen keine großartige Entwicklung. Einen Rahmen gibt es dennoch, nur ist der dieses Mal etwas abstrakter: Staffel 1 handelt schlicht vom Ende der Klon-Ära, schon allein daran zu erkennen, dass Filoni einen Kreis zieht. Die Staffel beginnt auf Kamino und sie endet auf Kamino; sie zeigt, wie das Imperium die Klone nach und nach ersetzt und was aus deren Geburtsstätte wird. Kamino war schon immer ein künstlicher Ort, an dem unzählige Klone trainiert, aber nicht erzogen, geschätzt, aber nicht geliebt und getestet, aber nicht belohnt wurden, und dennoch dürfte die vorletzte Folge wohl für so manchen TCW-Fan ein harter Moment sein, zumal er inszenatorisch absolut wundervoll gemacht ist. Kudos an dieser Stelle auch an den Komponisten Kevin Kiner, der bereits das Finale von TCW Staffel 7 zur Trauerveranstaltung werden ließ. Da aber aller emotionaler Tobak von The Bad Batch in der vorletzten Folge verpulvert wird, heißt das auch, dass die letzte Folge im Vergleich dazu stark abfällt. Ein überraschend schwacher Ausklang für eine ansonsten gut gemachte erste Staffel.
Fazit
Staffel 1 von The Bad Batch schließt ein Kapitel ab, das begann, als Super-Detektiv Obi-Wan Kenobi in Episode II: Angriff der Klonkrieger über Kamino stolperte. Die Serie ist eine Show für einen ganz bestimmten Fantyp und hat die Aufgabe, abseitige Winkel im Star Wars-Kosmos zu erkunden, lose Enden zu verbinden und Charaktere, die sonst nur zum Kanonenfutter getaugt hätten, mehr Gewicht zu verleihen. Einige Arks sind gut, andere sind normale Filler-Episoden – genau das, was man auch von einer The Clone Wars Staffel erwarten würde. The Bad Batch hat seine Mängel, aber wenn wir uns zurückerinnern, dann hatte auch The Clone Wars seinerzeit einen ziemlich glanzlosen Start, nur um sich sieben Staffeln später zum überwältigenden Fanfavoriten zu mausern. Davon mal abgesehen halte ich den Start von The Bad Batch für wesentlich gelungener und packender als den von The Clone Wars oder Rebels. Eine Richtung für die Zukunft skizziert die erste Staffel von The Bad Batch zwar nicht, aber das Potential für ein großes Gesamtbild ist ohne Frage da.
© Disney+