Marvel’s Runaways (Staffel 1)

Die 2010er standen ganz im Zeichen Marvels: Neben dem ultimativen Triumphzug des MCUs baute Marvels TV-Abteilung gleich mehrere Standbeine auf. Zu den populärsten gehören die mit sechs Staffeln üppig ausgestattete Serie Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D. sowie die Netflix-Eigentümer rund um Marvel’s The Defenders. Völlig am Rande bewegte sich das exklusiv auf Hulu ausgestrahlte Marvel’s Runaways. Auch hierzulande blieb die Serie mit einer Ausstrahlung ab Mai 2018 auf dem Pay TV-Sender Syfy einer breiten Masse vorenthalten. Das ist schade, denn die jüngste Heldentruppe aus Marvels Kreativschmiede legt ihren Schwerpunkt mal nicht auf Superkräfte, sondern überzeugt vor allem als Coming-of-Age-Serie mit Mystery Plot. In den USA konnte die erste Staffel genügend Kritiker und Zuschauer überzeugen, um kurz nach der Ausstrahlung verlängert zu werden.

Alex Wilder (Rhenzy Feliz, Teen Wolf), Nico Minoru (Lyrica Okano, The Affair), Karolina Dean (Virginia Gardner, Goat), Chase Stein (Gregg Sulkin, Faking It), Gert Yorkes (Ariela Barer, New Girl) und Molly Hayes (Allegra Acosta, Just Add Magic) haben nicht besonders viel gemein. Aber einmal im Jahr treffen sich die Eltern der sechs, um sich ganz ihrer Wohltätigkeitsorganisation zu widmen. Die Kinder werden dabei mitgeschleift und sollen sich zusammen beschäftigen. Aber weil die Teens im Alter von zwölf bis 17 ein wenig gelangweilt sind, beschließen sie, einfach mal die Eltern zu bespitzeln. Statt sich in der hauseigenen Bibliothek über Steuern zu unterhalten, haben diese sich in Schale geworfen, diskutieren über Verbrechen und bringen ein Mädchen um. Eine Bande von Superschurken, die sich Pride nennt und den Großraum von Los Angeles unter Kontrolle hat.

Leichte Geschichte mit einfachem Zugang

Originaltitel Marvel’s Runaways
Jahr 2017- 2018
Land USA
Episoden 10 (in Staffel 2)
Genre Fantasy, Coming-of-Age
Cast Alex Wilder: Rhenzy Felix
Nico Minoru: Lyrica Okano
Karolina Dean: Virginia Gardner
Chase Stein: Gregg Sulkin
Gert Yorkes: Ariela Barer
Molly Hayes: Allegra Acosta

Was die Serie von allen Superheldenserien abgrenzt: Die Protagonisten sind Teenager und definieren sich nicht per se als Superhelden. Kein organisiertes Team wie die Avengers und weitaus bodenständiger, was den Stoff für ein TV-Format prädestiniert erscheinen lässt. Der erste Band der Vorlage erschien bereits 2003, 2018 erfolgte schließlich die einsteigerfreundliche Wiederauflage bei Panini Comics. Ein passender Zeitpunkt, denn während die ganze Welt im Avengers: Infinity War-Fieber war, bot die Geschichte einen vergleichsweise ruhigen Nebenschauplatz. Wem Figuren wie Captain America oder Iron Man dann doch zu weit entfernt scheinen, findet hier moderne Teenager mit hohem Identifikationspotenzial. Die Sicht der Teenager auf die Erwachsenen bietet sich auch geradezu für ein jugendliches Publikum an, ohne dass zuviel Ballast in Form von Drama und Endzeitstimmung mitherumgeschleppt wird. Dass hinter der Serie Stephanie Savage und Josh Schwartz, das Produzententeam von O.C., California steckt, kommt nicht von ungefähr.

Charaktere statt Krawall

Bereits die erste Episode hinterlässt den Eindruck des knallhart Kalkulierten: Der divers angelegte Cast. Die sechs Teenager könnten unterschiedlicher kaum sein und scheinen so viele Nischen wie nur möglich abzudecken. Angesichts (noch immer) fehlender Diversität in TV-Serien ein löblicher Ansatz, dessen Spirit die Comic-Vorlage lange ihrer Zeit voraus war. Trotzdem bleibt der fade Beigeschmack, möglichst viele Jugendliche durch mindestens eine Identifikationsfigur abholen zu müssen. Als habe man die Stereotypen Sportler, Nerd, Gothic Girl, Vorzeigeblondine und Nesthäkchen genommen und jeweils noch eine Ethnizität zugelost, um alles unter einen Hut zu kriegen. So schlimm das auf den ersten Blick auch sein mag: Erfreulicherweise hält sich das Drehbuch mit solch äußeren Rahmenbedingungen nicht auf und reitet auch nicht auf stereotypen Mustern und Diversitäts-Schablonen herum. Die Teenager sind mit Persönlichkeit ausgestattet und auf ihre Weise so sympathisch, dass man am liebsten seine Schulzeit nur mit dieser Clique verbracht hätte.

Aus den Angeln gehobenes Feindbild

Gemein hat die Gruppe nur, dass sie durch ihre Eltern verbunden sind und sich alle in etwas besser betuchten Kreisen bewegen dürfen. Denn die Erwachsenen hier sind Mitglieder der High Society, erfolgreiche Business People, Ärzte und Anwälte. Etwas dick aufgetragen, doch durchaus die Prämisse tragend, dass auch alle Eltern in derselben Sozialschicht verkehren. Zunächst werde sie als die Bösen eingeführt, die okkulte Rituale feiern, für das Verschwinden anderer Kinder verantwortlich sind und mit Zeitreisen experimentieren. Und das alles in blutroten Roben! Runaways begeht hierbei jedoch nicht den Fehler, ausschließlich die jugendliche Perspektive einzunehmen und alle Erwachsenen als die Bösen darzustellen, sondern lässt die Grenzen erstaunlich porös wirken. Dient etwa doch alles nur einem guten Zweck?

Machen Superkräfte Superhelden?

Allzu viele Actionszenen bietet die erste Staffel nicht, sodass das Finale in Folge in 10 bereits das Highlight darstellt. Die CGI-Effekte sind jedoch eher als mittelprächtig einzustufen, insbesondere wenn Karolina ihre Lichtform annimmt, sieht das schon sehr gewöhnungsbedürftig aus. Dagegen wirken Kräfte wie etwa Mollys übermenschliche Stärke schon nachvollziehbarer, weil sie so einfach gehalten und dadurch auch für den Zuschauer schnell griffig sind. Ohnehin lässt sich die erste Staffel viel Zeit bei der Zusammenführung der Teenager. Zuvor stehen eher individuelle Beziehungen, technische Gadgets und vor allem persönliche Verdachtsmomente im Vordergrund. Dies führt den Vorteil mit sich, dass der Einsatz der individuellen Fähigkeiten erst einmal nicht ausartet und so ad absurdum geführt wird, wie sich das vielleicht anbieten würde und Serien wie Heroes vormachen. Auch werden die Fähigkeiten bislang nicht eingesetzt, um irgendeinem Gemeinwohl zu dienen, sondern aus eigenen Stücken, was Runaways noch ein wenig mehr von der klassischen Superheldengeschichte wegrückt.

Fazit

Ohne das Label “Marvel’s” im Titel würde man kaum anmerken, dass die Serie auf einem Comic beruht. Dafür ist die Geschichte auf einer ungewohnt niedrigen Flughöhe unterwegs. Auch Referenzen auf das MCU bzw. Marvel bleiben aus, anders als etwa in Marvel’s The Gifted, welches sich vereinzelt Figuren mit den X-Men teilt. Dank der jugendlichen Unbefangenheit von Alex und Co. wird es auch selten dark & gritty. Nur die zwielichte religiöse Führerin Leslie (Annie Wersching) sorgt für den einen oder anderen Anflug von Düsternis. Der Titel der Serie gewinnt erst im Finale so richtig an Bedeutung und dem Zuschauer wird klar, dass dies alles ein langer und (noch) unbeflügelter Prolog war. Was nun folgen mag, wird sicherlich an Leichtigkeit verlieren, welche die erste Staffel spielend in ihr Finale trägt. Die Balance zwischen Teenager(probleme)n und Eltern trägt einen wesentlich Teil dazu bei, dass hier keine Langeweile aufkommt.

© Marvel

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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