Planet der Affen: New Kingdom

Wie das wohl wäre, wenn Menschenaffen die Welt beherrschten und die Menschheit zur bedrohten Spezies würde? In den 70ern stand Leinwandheld Charlton Heston (Die zehn Gebote) diesem bedrohlichen Szenario gegenüber. In den 2010er Jahren kam das Reboot mit Planet der Affen: Prevolution (Regie: Rupert Wyatt, Captive State) und zwei Sequels. Ab dem 8. Mai 2024 kullert noch ein Affen-Film hinterher. Planet der Affen: New Kingdom springt in eine Zukunft, in der Caesar, der sprachbegabte Schimpanse, der den Menschenaffen die Freiheit schenkte, nur noch eine Legende ist.

 

300 Jahre nach Caesars Tod leben Schimpansen in den Trümmern der menschlichen Zivilisation auf dem Entwicklungsniveau von Naturvölkern, während Menschen ohne Sprache und höheres Bewusstsein wie Wildtiere leben. Der Adler-Clan führt ein friedliches, isoliertes Leben, weiß wenig über die Vergangenheit und kaum mehr über die Welt außerhalb des Stammesterritoriums. Der junge Affenmann Noa (Owen Teague, Reptile) wollte eigentlich nur mit Freunden Adlereier aus den Nestern holen, um sie nach Stammestradition auszubrüten und die Küken zu zähmen, als bewaffnete, maskierte Affen zu Pferde das Dorf überfallen und alle Bewohner außer Noa verschleppen. Noa macht sich auf, seinen Clan zu finden und zu befreien. Unterwegs trifft er den weisen alten Orang-Utan Raka (Peter Macon, The Orville), der ihm die Vergangenheit und Caesars Erbe der friedlichen Koexistenz von Affe und Mensch erklärt. Außerdem stößt Menschenfrau Mae (Freya Allan, The Witcher), zur Überraschung der Affen vernunft- und sprachbegabt, zu ihnen. Die drei werden von den maskierten Affenreitern angegriffen, Noa und Mae werden in einen alten Militärstützpunkt aus der Ära der Menschheit am Meer gebracht. Dort herrscht der tyrannische Affenkönig Proximus Caesar (Kevin Durand, Locke & Key), der Noas Stamm versklavt hat und tagtäglich versucht, die Tore zu unterirdischen Gewölben zu öffen, in denen menschliche Technologie ungeahnter Macht verborgen ist. Noa und Mae misstrauen einander, dennoch arbeiten sie zusammen, denn sie haben einen gemeinsamen Feind. Aber verschiedene Ziele: er will seinen Clan befreien, sie will verhindern, dass Proximus Caesar all die Waffen und Technologie aus den Bunkern in die Pfoten bekommt. Und sie hat es auf ein technisches Gerät abgesehen, mit dem sie den verbliebenen vernunftbegabten Menschen helfen kann.

Affen im Wandel der Zeiten

Originaltitel Kingdom of the Planet of the Apes
Jahr 2024
Land USA
Genre Action, Science Fiction
Regie Wes Ball
Cast Noa: Owen Teague
Mae/ Nova: Freya Allen
Proximus Caesar: Kevin Durand
Raka: Peter Macon
Anaya: Travis Jefferey
Soona: Lydia Peckham
Koro: Neil Sandlands
Trevathan: William H. Macy
Laufzeit 145 Minuten
FSK
Kinostart: 8. Mai 2024

Affen haben einfach etwas. Etwas zwischen Niedlichkeit und Gefährlichkeit. Bewaffnete Affen zu Pferde haben ganz besonders etwas. So bedrohlich wie etwa Orks, aber mit dem Extra-Grusel, dass sie uns viel näher stehen als Orks. Was, wenn sie genauso skrupellos und brutal wären wie Menschen? Und auch noch intelligent genug, die Oberhand zu gewinnen? Seit der französische Autor Pierre Boulle (Die Brücke am Kwai) 1963 seinen Science Fiction-Roman Der Planet der Affen veröffentlichte, geistert das Motiv vom Rollentausch zwischen Mensch und Affe durch die Kulturgeschichte und brachte bisher stolze zehn Filme hervor. Fünf davon in den 70er Jahren, im Geist der bösen, pessimistischen Science-Fiction dieser Ära. 2001 versuchte sich Tim Burton (Edward mit den Scherenhänden) mit einem Schuss schwarzem Humor, aber leider ohne Kassenerfolg an dem Stoff. In den 2010er Jahren kam das Reboot mit Planet der Affen: Prevolution (2011, Regie: Rupert Wyatt), Revolution (2014, Regie: Matt Reeves, The Batman) und Survival (2017, Regie: Matt Reeves). An diese Filme knüpft auch New Kingdom an. Während die Affen vergangener Tage noch das große Handycap wenig ausdrucksvoller Latexmasken hatten, sind mittlerweile CGI und Motion Capture-Verfahren so ausgereift, dass Schauspieler ihren Affen-Charakteren ihre ganze Ausdrucksfähigkeit mitgeben können. Was Andy Serkis in Peter Jacksons Der Herr der Ringe-Trilogie mit Gollum begonnen hatte, konnte er in den drei Planet der Affen-Filmen in der Rolle des Schimpansen Caesar fortsetzen. Leider ist er bei Planet der Affen: New Kingdom nicht dabei, aber Motion Capture generiert auch hier beunruhigend eindringliche Affen.

Auf den Blickwinkel kommt es an

Das Reboot brachte auch einen Wechsel des Standpunkts: Ging es in den 70ern im Konflikt Affe vs. Mensch noch um das Schicksal der Menschen, geht es seit dem Reboot um die Perspektive der Affen, die, durch einen medizinischen Zufall plötzlich vernunftbegabt, aus ihren Käfigen ausbrechen und sich ihre Freiheit erkämpfen, während die Menschheit von einer weltweiten Seuche dezimiert wird. Auch Planet der Affen: New Kingdom nimmt diese Sichtweise ein, menschliche Figuren sind zwar bedeutsam, aber dünn gesöht und an den Rändern der Handlung zu finden, während der Schwerpunkt auf Noas Mission, seinen von einem Affen-Diktator versklavten Stamm zu befreien liegt. Und Noa lernt, dass Maes Motive durchaus nicht affenfreundlich sind. Sicher, ein Tyrann sollte die verborgene Technologie der Vergangenheit nicht missbrauchen dürfen. Aber warum sollte sie allein den Menschen gehören? Und nicht jedem, der damit vernünftig und positiv umgeht? Nein, Mae ist keine Sympathieträgerin, eher ein recht ambivalenter Charakter. So recht mag man sich über ihren Erfolg nicht freuen, obwohl der in jedem anderen Postapokalypse-Film ein kleiner Triumph gewesen wäre.

Wie sprechen Affen?

Eigentlich gar nicht. Menschenaffen haben zwar enorm expressive Mimik und Gestik, aber vernunftbegabte Schimpansen hätten nicht die Art von Stimmbändern, mit denen sie menschliche Sprache hervorbringen könnten. CGI-Affen können natürlich alles, aber sind sie dann noch glaubhafte Affen? Planet der Affen: New Kingdom trifft eine Menge wohlüberlegte Entscheidungen. Seine Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans grimassieren wie Affen und bewegen sich wie Affen. Oft nutzen sie eine sehr expressive Zeichensprache, mal ohne Worte, mal als Begleitung zum gesprochenen Wort. Und wenn sie sprechen, tun sie es in knappen, einfachen Sätzen. Vier Worte in einem Satz sind schon viel. Das lässt die Dialoge klingen wie die Worte eines würdevollen Indianerhäuptlings. Oder wie Texte für Arnold Schwarzenegger in den Anfängen seiner Schauspielkarriere, etwa bei Terminator oder Conan, der Barbar. Das passt, denn hier leben die Affen in prämodernen Stammes-Kulturen. Und es ist ein Trick, der auch die schlichtesten Inhalte episch und bedeutungsvoll klingen lassen kann. Was Affenkönig Proximus Caesar aus dem einfachen Satz “It’s a beautiful day!” herausholt, sagt einem alles, was man über größenwahnsinnige Gewaltherrscher wissen muss.

Bewährte Plot-Bausteine

Mit Planet der Affen: New Kingdom ist der Stand der Dinge erreicht, wo eigentlich Charlton Heston aus dem All purzeln könnte. Die Menschheit ist auf einem Tiefpunkt angelangt, die Affen errichten ungestört prämoderne Gesellschaftsstrukturen und betrachten Menschen als wilde Tiere. Zeit also, dass die Menschheit sich wieder auf den Vormarsch macht. Ja, das ist der Handlungsstrang von Mae. Aber der steht nicht im Vordergrund. Den bekommt hier Schimpanse Noa, der seinen Stamm aus der Sklaverei zu erretten hat. Das bewirkt, das wir es mit einem ganz klassisch-archaischen Fantasy-Plot zu tun haben: Junger Affenmann, tritt aus dem Schatten deines Vaters, bewähre dich allein, lerne von einem weisen Lehrmeister, stelle dich der Herausforderung, befreie die Geknechteten und wachse in die Rolle des Anführers hinein. Kann man schon machen, funktioniert immer wieder, wenn es gut gebaut ist. Aber braucht man dazu das Planet der Affen– Universum? Wenn diese Formel überall funktioniert, von Star Wars bis König der Löwen? Es sei denn, in den nächsten zwei geplanten Sequels rutscht der Affe-Mensch-Konflikt wieder nach vorn, die letzten Szenen des Films legen das nahe. Nun, da kann man gespannt sein.

Fazit

Planet der Affen: New Kingdom bekommt Bonuspunkte für Affen-Mimik und Affen-Körpersprache. Weitere Punkte für malerisch überwucherte Großstadtruinen und den magischen Moment, in dem der Film ein Zebra wie ein Wunder erscheinen lässt. Ansonsten Anerkennungspunkte dafür, einen soliden, wenn auch nicht überraschenden Fantasy-Plot sauber abgeliefert zu haben. Noch zwei weitere Sequels? Och ja, warum nicht? Reitende Gorillas, weise Orang-Utans und schlau blickende Schimpansen kann ich mir immer wieder anschauen.

© Walt Disney Studios Motion Pictures

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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