Cold Skin – Insel der Kreaturen

Xavier Gens ist jedem Horrorfan ein Begriff. Immerhin machte er sich Mitte der 2000er mit Frontier(s) – Kennst du deine Schmerzgrenze? einen Namen als Regisseur des französischen Metzelhorrors. Eine solche Schlachtplatte ist Cold Skin – Insel der Kreaturen allerdings bei Weitem nicht. Eher zur Hälfte ein Gruselfilm, zur anderen Hälfte ein Fantasy-Titel. Und damit gar nicht so entfernt vom oscargekrönten Shape of Water – Das Flüstern des Wassers. Beide Filme erzählen vom Verhältnis zwischen Mensch und Meereswesen. Nur ging Cold Skin als wesentlich kleiner budgetierte Produktion neben Del Toros Erfolgsfilm regelrecht baden. Völlig zu Unrecht, denn Cold Skin muss den Vergleich nicht scheuen und überzeugt mit ganz anderen Qualitäten.

  

Das Jahr 1914. Um Windmessungen vorzunehmen, wird der Wetteroffizier Friend (David Oakes) auf einer kleinen Insel nahe des südlichen Polarkreises stationiert. Außer dem jungen Mann ist nur noch der sonderbare Leuchtturmwärter Gruner (Ray Stevenson, Thor) mit auf der Insel. Friend wird schnell klar, dass er mit dem knarzigen Mann nichts anfangen kann – und umgekehrt ebenso. Doch bereits in der ersten Nacht nähert sich eine Horde seltsamer Meeresbewohner der Insel. Die menschenähnlichen Wesen scheinen nicht menschenfreundlich. So findet Friend Unterschlupf im Leuchtturm, der sich als Schutz vor den Wesen entpuppt, die fortan jede Nacht aus dem Meer steigen. Mit Aneris (Aura Garrido) ist überraschenderweise eines jener Wesen im Leuchtturm zu Hause…

Im Rausch der Stille

Originaltitel Cold Skin
Jahr 2017
Land Spanien, Frankreich
Genre Fantasy, Horror
Regisseur Xavier Gens
Cast Gruner: Ray Stevenson
Friend: David Oakes
Aneris: Aura Garrido
Kapitän Axel: John Benfield
Laufzeit 106 Minuten
FSK

Cold Skin basiert auf dem Roman Im Rausch der Stille von Albert Sánchez Piñol. Der größte Unterschied ist wohl eine zeitversetzte Erzählung um fünf Jahre, womit die Handlung in die Zeit des ersten Weltkriegs gelegt wird. Was man dem Film gar nicht ansieht: Er wurde auf Lanzarote gedreht. Das bedeutete für die Darsteller, dass sie bei sommerlichen Temperaturen von 30 Grad in dicken Mänteln schwitzen mussten. Damit die Kulissen immernoch als Polarkreis glaubwürdig sind, musste eine Vielzahl an visuellen Änderungen in der Postproduktion vorgenommen werden. Das Bild wurde um seine Farben reduziert, sodass die Geschichte der drei Figuren noch wesentlich trüber daherkommt als die Umgebung es ohnehin bereits darstellt. Das felsige Eiland ist ungemütlich, die Kälte spürbar und die Aussichten auf ein Überleben gering. Der kühle Look mit dem starken Blaustich überzeugt in allen Belangen.

Mensch oder Monster?

Gruner erinnert in seiner mürrischen Art an den von Robert Shaw dargestellten Quint in Der weiße Hai. Ray Stevenson überzeugt in der Rolle des alten Mannes so, dass man einfach nur angewidert von ihm sein kann. Mit David Oakes spielt er sich gegenseitig die Bälle zu, sodass das ungleiche Duo ein starkes Gespann abgibt. Die Chemie der beiden Figuren macht etwa die Hälfte des Films aus. Denn immer dann, wenn Leerlauf in die Handlung zu geraten droht, können die Spannungen zwischen den beiden Männern vieles retten. Auch die Existenz eines Monsters im Menschen wird aufgebracht. Macht ein Monster nur sein Äußeres aus? Ist das Tier im Menschen nicht einem Monster bereits nahe? Aufschluss hierüber gibt Gruners Verhalten allemal. Denn er hält eines der Wesen als Sexsklavin, was die Rohheit der Figur mit nur einer Handlung zum Ausdruck bringt.  Die Charakterentwicklung des barbarischen Mannes ist frühzeitig abgeschlossen und man kann erahnen, wohin die Reise gehen wird.

Die Meereswesen: Liebenswert oder mörderisch?

Ähnlich wie in Shape of Water – Das Flüstern des Wassers lässt sich auch hier hinter Kreaturen Menschliches erkennen und durch Friend erfährt der Zuschauer, dass eine emotionale Bindung zu solch einem Wesen durchaus möglich ist. Dass dies auch anders sein kann, beweisen die Angriffsszenen, die an die Massenschlachten in Der Herr der Ringe erinnern, wenn scharenweise Angreifer den Turm zu stürmen versuchen. Eine Menge Blutvergießen inklusive. Für den Zuschauer ist also mehr als nur eine Option offen, welche Meinung er sich zu den Kreaturen bilden will. Wie so oft findet sich das Motiv der Fremdenfeindlichkeit in der Handlung wieder, was in Verbindung mit dem fantastischen Setting einem Märchen für Erwachsene nahe kommt. Xavier Gens beschreibt den Film selbst als eine universelle Botschaft über die Lage einer von Krieg und Einsamkeit geprägten Welt.

Xavier Gens ist es (anders als in dem von ihm produzierten und lose vergleichbaren Hostile) gelungen, einen atmosphärisch dichten Film zu erzählen. Lange Zeit bleiben die Wesen eine unbekannte Variabel, was sich ändert, als Friend eine besondere Entdeckung macht. Dadurch gerät vieles ins Ungleichgewicht und der Zuschauer muss beginnen, umzudenken. Der Titel kommt ganz ohne Splattereinlagen aus. Mit viel Wohlwollen ist er auch empfehlenswert für Freunde von Seeabenteuern oder Man vs. Nature-Produktionen im weitesten Sinne. Rein inhaltlich passiert nicht viel, doch die Darstellung der Charaktere und deren Chemie in einer Extremsituation machen Cold Skin – Insel der Kreaturen zu einem sehenswerten Film.

© Tiberius Film

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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