Detektiv Conan – 24. Film: Die scharlachrote Kugel
Neues Jahr, neuer Detektiv Conan-Film: So lautet die Devise in Japan seit 1997. Doch die Corona-Pandemie grätschte auch in diese Tradition, sodass der 24. Film nicht wie geplant im Frühjahr 2020 in den Kinos starten konnte. Am 16. April 2021 lief aber endlich mit einem Jahr Verspätung Detektiv Conan – 24. Film: Die scharlachrote Kugel in den japanischen Lichtspielhäusern an. In Deutschland folgte der neueste Streich um den geschrumpften Meisterdetektiv kurz darauf ab dem 22. Juni desselben Jahres in ausgewählten Kinos. In diesem verschlägt es Conan und seine Freunde zu einem Event rund um die World Sports Games und einer ganz besonderen Bahn, was jedoch schnell von einer Entführungsserie überschattet wird. Am 16. Dezember 2021 veröffentlichte Kazé Anime das 24. Abenteuer nur kurze Zeit nach japanischem Disc-Release hierzulande auf Blu-ray und DVD.
Vor 15 Jahren werden in den USA drei Sponsoren der aktuellen World Sports Games (kurz: WSG) entführt, einer nach einem missglückten Fluchtversuch sogar erschossen. Schuldig soll ein Japaner sein, der daraufhin im Gefängnis landete. Im Tokio der Gegenwart sollen die WSG, die nur alle vier Jahre ausgetragen werden, stattfinden. Zu diesem Anlass wird die Vakuumtunnel-Magnetschwebebahn vorgestellt, die mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1000 km/h zwischen Nagoya und Tokio fährt. Dank Sonokos Familie können auch Conan, Ai, Ran und die Detective Boys an dem exklusiven Event zu den WSG Tokio teilnehmen. Doch bereits dort wird plötzlich Sonokos Vater, aktueller Sponsor der WSG, entführt, nachdem vor einigen Wochen bereits eine andere Sponsorin beim Golfen verschwunden und kurz darauf geknebelt wieder aufgetaucht war. Besteht ein Zusammenhang zwischen den aktuellen Entführungsfällen und denen vor 15 Jahren? Und was hat das FBI mit all dem zutun? Conan macht sich daran, diese Fragen zu klären.
In Anlehnung an die Olympischen Spiele
Originaltitel | Meitantei Conan: Hiiro no Dangan |
Jahr | 2021 |
Laufzeit | 110 Minuten |
Genre | Krimi, Action |
Regie | Chika Nagaoka |
Studio | TMS Entertainment |
Veröffentlichung: 16. Dezember 2021 |
Die WSG sind offensichtlich eine Anspielung auf die Olympischen Spiele, die 2020 in Tokio stattfinden sollten (wegen der Corona-Pandemie aber erst 2021 ausgetragen wurden). Allerdings dreht sich die eigentliche Handlung ohnehin um die Magnetschwebebahn und die mysteriösen Entführungsfälle. Die Handlung selbst ist spannend und interessant geschrieben, allerdings nur bedingt packend. Dafür verläuft der Fall um die Entführungsfälle zu gemächlich, was aber nicht unbedingt negativ ist. Schließlich muss es nicht immer um Morde oder spektakuläre Diebstähle gehen. Was Die scharlachrote Kugel aber wirklich gut macht, sind die Ausarbeitung der bekannten Charaktere und deren Interaktionen untereinander. Natürlich liegt das auch daran, dass mit der Familie Akai einige sehr populäre und spannende Figuren dabei sind: Die zur Mittelschülerin verjüngte Mary und ihre drei Kinder Masumi Sera, Shuichi Akai und Shukichi Haneda. Für alle, die nur auf dem deutschen Stand der Anime-Serie sind und nicht etwa die Manga-Reihe verfolgen, sind das zum Großteil neue Figuren. Doch Conan erklärt im Intro das Familienverhältnis und für die Handlung selbst ist dessen Komplexität nicht wichtig, sodass der Film (wie immer) auch ohne brandaktuellen Stand geschaut werden kann. Neben der Haupthandlung wird ebenfalls immer wieder gezeigt, wie sich Shukichi mit einer betrunkenen Yumi herumschlägt. Das ist witzig gemacht und sicherlich schöner Fanservice für alle, die beide als Paar mögen. Immerhin tauchen sie als Nebenfiguren in der Hauptreihe nur recht selten auf.
Mary Sera: Konsequent geschriebene Figur mit ungenutztem Potenzial
Schade: Mary Sera bleibt als Figur nicht nur ausgesprochen passiv, sondern hat auch wirklich wenig Screentime. Angesichts dessen, wie prominent mit der Akai-Familie und damit eben auch mit Mary vor dem japanischen Kino-Start geworben wurde, ist das durchaus enttäuschend. Gleichzeitig passt diese Darstellung natürlich dazu, wie der Charakter in der Manga-Reihe auftritt. Insofern wäre alles andere eine inkonsistente Charakterisierung gewesen, aber etwas mehr Screentime hätte es an der Stelle gerne sein dürfen, immerhin handelt es sich um den ersten richtigen Leinwand-Auftritt der Figur (ein Cameo in Der Scharfschütze aus einer anderen Dimension ausgenommen). Immerhin dürfen sich Masumi und Shuichi im Team mit Conan die Ehre geben, womit beide am aktivsten in die Haupthandlung verstrickt sind. Ebenfalls mit von der Partie ist das FBI und damit Figuren wie Jodie Starling oder James Black. Ai erhält diesmal eine sehr aktive Rolle und darf Conan tatkräftig unterstützen, was vor allem Fans der verjüngten Wissenschaftlerin freuen dürfte, da sie in Film 23 nur eine sehr kleine Rolle inne hatte. Auch die Interaktionen zwischen ihr und Conan sind wieder ein wahres Highlight. Oder wenn die beiden gespielt kindlich mit Ran sprechen. Die Detective Boys werden zu einer Kamen Yaiba-Show abgeschoben, sodass der Film nicht zu überladen wirkt (besonders populär sind die Kinder unter Fans aber ohnehin nicht). Das übliche Rätsel von Professor Agasa zu Beginn des Filmes darf aber natürlich nicht fehlen. Während die etablierten Figuren also gekonnt charakterisiert werden und Fan-Herzen höher schlagen lassen, zeigen sich ein paar Wermutstropfen bei den nur in diesem Film auftauchenden Charakteren wie etwa den Verdächtigen. Diese kommen nur ausgesprochen kurz, was zwar weder schlimm noch ungewöhnlich ist (den kleinen Info-Text zu jeder Figur gibt es nicht umsonst), aber doch dafür sorgt, dass man fast vergisst, dass ja auch der Täter unter diesen Figuren sein muss. Dieser verhält sich an einer Stelle im Film dann auch noch sehr unbedacht, sodass man nur den Kopf schütteln kann. Immerhin ist dieser Umstand nicht unrealistisch, lässt aber trotzdem aus Publikumssicht einige Fragezeichen erscheinen.
Das Finale: Ein Action-Fest, das seinesgleichen sucht
Der Großteil der Handlung ist überraschend bodenständig, wobei dennoch einige beeindruckende Verfolgungsjagden und Spannungsmomente eingebaut wurden. Beim Finale wird dann mal wieder aus den dramatischen Action-Vollen gegriffen: Wer noch nie Fan der überzogenen Action der Filme war, wird hier wohl noch mehr den Kopf schütteln als schon jüngst bei Film 22, der da schon ziemlich absurde Dimensionen erreicht hat. Doch wer sich an diese Action und äußerst unrealistische Stunts gewöhnt hat und sie bestenfalls mag, wird nach all der gemächlichen Handlung mit einem großen, toll animierten Action-Fest belohnt und wahrlich Spaß haben. Schließlich ist es ja auch die Action, welche die Filme von den klassischen Krimi-Fällen der Manga-Reihe oder der Anime-Serie unterscheidet. Prominent mit dabei sind deshalb auch wieder Conans Detektiv-Gadgets, wie etwa sein Fußball-Gürtel, das Solarskateboard und die Radar-Brille (selbstverständlich, was wäre Conan nur ohne sie?), wobei Letztere auch von Ai genutzt wird. Spannend ist, dass Conans Motivation für einen Großteil der Handlung etwas mysteriös bleibt. Als langjähriger Fan kann man sich zwar denken, was für einen Plan er hat, aber seine tatsächliche Strategie bleibt im Hintergrund. Insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Shuichi Akai wird es teilweise, als habe sich sein moralischer Kompass verschoben, was durchaus gut gemacht ist.
Visuell beeindruckend, wie immer gut vertont
Visuell beeindruckt Die scharlachrote Kugel auf ganzer Linie, denn insbesondere die Szenen mit der Magnetschwebebahn sind einfach nur großartig und dynamisch animiert. Auch das Blu-ray-Bild strahlt nur so vor satten Farben und bis auf sehr kleine Aussetzer mit starren CGI-Momenten (insbesondere, wenn eine Menschenmasse dargestellt wird) zu Beginn, wie sie leider immer noch häufig in den Detektiv Conan-Filmen auftreten, gibt es hier nichts zu meckern. Als Synchronsprecher wurde neben der großartigen Stammbesetzung um etwa Tobias Müller (Subaru in X) als Conan, Andrea Kathrin Loewig (Mary Alice Young in Desperate Housewives) als Ai und Giuliana Jakobeit (Liz in Tokyo Ghoul) als Ran mit Esra Vural (Ymir in Attack on Titan) als Masumi die gleiche Sprecherin besetzt, die ihr bereits in Film 18 die Stimme lieh. Zum ersten Mal in deutscher Sprache zu hören sind hingegen Mary und Shukichi, die mit Antje von der Ahe (Sawako in K-ON!) und René Dawn-Claude (Gray in Fairy Tail) passend besetzt wurden. Mary klingt zwar etwas alt, das erscheint jedoch dadurch, dass sie eigentlich eine Frau um die 50 ist, die nur im Körper einer Mittelschülerin steckt, treffend. Musikalisch bietet der Film mit dem Ending-Song “Eien no Fuzai Shomei” von der Band Tokyo Jihen gelungene Unterhaltung, diesmal überzeugt aber eher der übliche, sehr gute Detektiv Conan-Soundtrack der Anime-Serie.
Fazit
Detektiv Conan: Die scharlachrote Kugel bietet mit tollen Charakter-Momenten, einer interessanten Handlung und einer beeindruckenden visuellen Pracht ein gelungenes Abenteuer um den kleinen Meisterdetektiven. Die Handlung weist dabei zwar einige Längen auf, funktioniert aber deutlich besser und wirkt konsistenter als etwa in Film 23. Klares Highlight sind aber die bekannten Figuren und ihre Interaktionen, sodass Fans sich auf viele schöne Szenen einstellen können. Mit der kleinen Nebenhandlung um Shukichi und Yumi wird Anhängern dieses Pärchens netter Fanservice geboten und immerhin darf auch Shukichi letzten Endes ein sinnvoller Teil der Haupthandlung werden. Schade nur, dass gerade Mary als einer der mysteriösesten Charaktere der Manga-Reihe in ihrem Leinwand-Debüt so kurz kommt. Für Detektiv Conan-Fans ist in jedem Falle auch Die scharlachrote Kugel absolutes Pflichtprogramm!
© Kazé Anime
Veröffentlichung: 16. Dezember 2021