The Dropout

Sie galt als weiblicher Steve Jobs: Elizabeth Holmes, die nach einem Studienabbruch im Alter von nur 19 Jahren im Jahr 2003 ein Unternehmen gründete, das den medizinischen Sektor revolutionieren sollte. Das Hauptprodukt ihres Unternehmens Theranos war ein Bluttest-Gerät, das mit nur geringen Mengen Blut blitzschnell über 200 Krankheiten identifizieren konnte. Oder zumindest sollte es das: Durch einen Investigativ-Journalisten und mehrere Whistleblower wurde aufgedeckt, dass es sich dabei um einen Schwindel handelt, denn das Produkt funktionierte nicht, was Holmes bewusst war. Theranos, das 2018 endgültig geschlossen wurde, brachte damit die Investoren um horrende Summen und richtete mit dem falschen Bluttest großen Schaden bei Patienten an. Basierend auf dem gleichnamigen ABC-Podcast erzählt die achtteilige Miniserie The Dropout den Aufstieg und Fall von Elizabeth Holmes und Theranos. In den USA erschien das Drama zwischen März und April 2022 auf dem Streamingdienst Hulu. Hierzulande wurde The Dropout vollständig am 20. April desselben Jahres im Star-Bereich von Disney+ veröffentlicht. Ob sich die acht etwa einstündigen Episoden lohnen, erfahrt ihr in unserem Review.

 

2003: Die 19-jährige Elizabeth Holmes (Amanda Seyfried, Mamma Mia!), eine ambitionierte Standford-Studentin, entscheidet sich ihr Studium zugunsten der Gründung eines Unternehmens abzubrechen. Die Idee: Ein kleines Bluttest-Gerät soll mit nur einem Tropfen Blut blitzschnell auf hunderte Krankheiten prüfen. Elizabeth begeistert mit dieser Idee zahlreiche Menschen und so wird die Biotech-Firma “Theranos” geboren. Doch die Idee ist alles andere als leicht umsetzbar und noch nicht einmal ein funktionstüchtiger Prototyp gelingt. Elizabeth verstrickt sich vor möglichen Investoren in immer mehr Lügen, damit ihnen nicht das Geld ausgeht …

Die Studentin mit der zündenden Idee?

Originaltitel The Dropout
Jahr 2022
Land USA
Episoden 8
Genre Drama
Cast Elizabeth Holmes: Amanda Seyfried
Sunny Balwani: Naveen Andrews
Veröffentlichung: 20. April 2022

The Dropout erzählt die wahre Geschichte des Unternehmens Theranos: Gründung, Entwicklung und wie die Machenschaften letzten Endes aufgedeckt werden konnten. Begleitet wird hierbei Gründerin Elizabeth Holmes’ Werdegang von einer jungen Studienanfängerin zur CEO von Theranos bis zum Ende des Unternehmens. Dabei wird früh klar, dass ihre Ambitionen eine Spur zu groß sind und sie durchaus auf unlautere Mittel zurückgreift. Auf die professionelle Einschätzung, dass ihre Idee so nicht umsetzbar sei, gibt Elizabeth nichts und bei der Einreichung der Patente gibt sie ihren Namen an, obwohl sie nicht an der Entwicklung beteiligt ist. Mit dem etwa 20 Jahre älteren Unternehmer Sunny Balwani (Naveen Andrews, Lost), den sie im Alter von 18 Jahren im Ausland kennenlernt, verbindet sie nicht nur Sympathie, sondern auch eine romantische wie sexuelle Beziehung. Eine Tatsache, die den Investoren und dem Vorstand von Theranos später ebenfalls verschwiegen wird, als Elizabeth Sunny als rettenden Investor vorstellt. Elizabeths großes Vorbild ist hingegen Apple-Gründer Steve Jobs, weswegen Apple und deren Produkte geradezu omnipräsent in der Serie sind. Insofern wenig verwunderlich, dass Elizabeth einen ähnlichen Weg wie Jobs einschlägt: Als sogenannter “Dropout” (also Studienabbrecher) schuf er schließlich bereits in jungen Jahren das Unternehmen, das die Welt revolutionieren sollte. Faszinierend an der in der Serie nacherzählten Geschichte ist vor allem, wie Theranos so viele Jahre so viel Geld erhalten konnte, obwohl es nie das versprochene Produkt liefern konnte. Besonders bemerkenswert illustriert die Serie aber auch, was für (zusätzliche) Hürden junge Frauen bei der Unternehmensgründung und -leitung überwinden müssen. Was nicht gerade als selbstverständlich betrachtet werden kann, da mit Elizabeth Holmes immerhin eine weibliche Chefin im Fokus steht, bei der eigentlich mehr Misstrauen angebracht gewesen wäre. Diese Balance zwischen subtiler Kritik und ungeschönter Darstellung von Holmes Täuschung präsentiert sich als äußerst gelungen und interessant.

Eine eiskalte Lügnerin?

Elizabeth Holmes ist eine Frau, die nachhaltig schweren Schaden angerichtet hat und durch die gezielte Täuschung alles andere als ein Opfer darstellt. In der Serie wird man sie als Zuschauer:in wohl zwangsläufig keinesfalls (nur) unsympathisch finden, eher im Gegenteil: Da sie als die Protagonistin präsentiert wird, baut man zwangsläufig eine Bindung zu ihr auf und leidet mit ihr. Das eine oder andere Mal erwischt man sich vielleicht sogar dabei, wie Freude aufkommt, wenn Elizabeth den Super-Gau (etwa die Entlassung als CEO oder die Aufdeckung ihres fehlerhaften Prototypen) geschickt zu verhindern mag. Gerade in der zweiten Hälfte der Serie zeigt sich dann hingegen zunehmend Elizabeths skrupellose, gefühlskalte Seite und es fällt schwer, nachzuvollziehen, was in ihr vorgeht. Etwa wenn sie den Suizid eines engen Vertrauten nur damit kommentiert, dass er so im Prozess nicht mehr gegen sie aussagen könne. Zudem belügt Elizabeth ab der zweiten Hälfte die Patienten, also echte Menschen, deren Blut auf Krankheiten untersucht werden soll. Die Methoden, die zur Verschleierung des wahren Zustandes um das angepriesene Bluttest-Produkt genutzt werden, schockieren dabei durchaus: Da das eigene Gerät nicht funktioniert, werden eben kurzerhand Maschinen von Siemens genutzt, deren Logo schlicht überklebt wurde. Patienten wird fälschlicherweise mitgeteilt, sie hätten Krebs oder ein HIV-Erkrankter erhält das Ergebnis, er habe das Virus nicht. Genau dieses ambivalente Verhältnis zur Hauptfigur macht The Dropout aber auch ausgesprochen interessant. Tatsächlich zeichnet die Miniserie aber vor allem das Bild einer Elizabeth Holmes, die schlichtweg heillos überfordert scheint und die existierenden Probleme ignoriert. Holmes echte Motivation kennt schließlich nur sie selbst und auch ob es letzten Endes blinder Optimismus, böswillige Täuschung oder schlichter Größenwahn war, kann nur spekuliert werden.

Kein Figurenfokus

Das Erzähltempo der Miniserie präsentiert sich als erstaunlich angenehm, was daran liegt, dass stets das aktuelle Jahr kurz eingeblendet wird, sodass man als Zuschauer:in genau weiß, wo die Handlung gerade angesiedelt ist. Auch wird dieses in den letzten beiden Folgen stark angezogen und wirkt zum Ende hin teilweise gar etwas hektisch, repräsentiert aber damit gelungen den Gefühlszustand von Elizabeth, deren Lebenstraum zusammenbricht. Aber: Manchmal werden mehrere Jahre quasi übersprungen. Problematisch ist das vor allem im Bezug auf die handelnden Figuren. Zwar sind mit Elizabeth Holmes und Sunny Balwani sowieso nur zwei Figuren als Hauptpersonen aufgeführt (wobei Sunny im Vergleich zu Elizabeth ebenfalls mehr wie ein sekundärer Charakter wirkt), aber es gibt auch andere Charaktere, deren Geschichten in der Serie erzählt werden. Viele ihrer Entwicklungen sind deshalb nur schwer nachvollziehbar. Das ist einerseits schade, sorgt aber andererseits dafür, dass der narrative Fokus auf Elizabeth erhalten bleibt. Gleichzeitig muss ohnehin festgehalten werden, dass sich The Dropout auf die wahre Geschichte um das Unternehmen Theranos fokussiert und damit weniger ein figurengetriebenes Drama darstellt. Was aber durchaus einen Sinn hat, schließlich sind die handelnden Figuren bis auf wenige Ausnahmen nicht fiktiv, sondern basieren auf echten Menschen. Das ist vermutlich auch der Grund, warum sie vergleichsweise flach wirken, da man nicht viel über ihr Privatleben erfährt. Dennoch gibt es viele Momente mit den anderen Figuren, die es durchaus schaffen zu berühren, schockieren und aufzuwühlen. An vielen Stellen als etwas verwirrend präsentiert sich hingegen die persönliche Beziehung zwischen Elizabeth und Sunny, was mit den häufigen Zeitsprüngen zutun haben könnte. Als Zuschauer:in fällt es schwer, sich so wirklich ein Bild der Beziehung der beiden zu machen, was aber womöglich auch beabsichtigt sein könnte.

Amanda Seyfried in Höchstform

Egal ob bei einem Nervenzusammenbruch, den verunsicherten ersten Schritten als CEO oder dem charmanten Gewinnen neuer Investoren: Hauptdarstellerin (und gleichzeitig auch Produzentin) Amanda Seyfried liefert eine absolute Höchstleistung ab und geht in der Rolle auf. Ebenfalls sehr bemerkenswert ist die optische Ähnlichkeit zwischen Seyfried und der echten Elizabeth Holmes. Man mag sich kaum vorstellen, dass ursprünglich Kate McKinnon für die Rolle vorgesehen war. Ohnehin wurde sich viel Mühe gegeben, ikonische Auftritte und Aspekte des realen Vorbildes möglichst genau nachzustellen, etwa ihren an Steve Jobs orientierten Kleidungsstil. Das zeigt sich insbesondere an den gezeigten Werbevideos für Theranos. Gerade diese hohe Authentizität und das facettenreiche Schauspiel Seyfrieds sorgen für eine hohe Sogwirkung der Serie. Naveen Andrews als Sunny Balwani scheint hingegen tatsächlich kaum noch als er selbst zu erkennen, hier hat die Maske sehr gute Arbeit geleistet. Er spielt Sunny gelungen als eine ambivalente Figur, die jedoch im Vergleich zu Elizabeth sehr flach bleibt, was schade ist. Aber auch die anderen Darstellerinnen und Darsteller leisten sehr gute Arbeit, wie etwa Newcomerin Camryn Mi-young Kim und Dylan Minnette (Tote Mädchen lügen nicht) als die Whistleblower Erika Cheung und Tyler Schultz. Musikalisch setzt The Dropout auf einen passenden, auch mitreißenden eigenen Soundtrack sowie einige Hits aus den gezeigten Jahren, die tatsächlich dafür sorgen, dass sich die Handlung etwas authentischer anfühlt und der Zeitverlauf auch innerhalb der Serie deutlicher wird.

Fazit

The Dropout ist eine spannende Miniserie, die den Aufstieg und Fall von Elizabeth Holmes und Theranos auf interessante Weise erzählt. Besonders gelungen sind hierbei die Nähe zu den realen Ereignissen, die Leistung der Hauptdarstellerin und das angenehme Erzähltempo. Wenn man sich schon immer genauer für den Theranos-Skandal interessiert hat, bekommt man mit der Serie die perfekte Gelegenheit für einen umfassenden Überblick. Gerade in der zweiten Hälfte schockieren die Methoden und die Uneinsichtigkeit von Elizabeth Holmes, weswegen die Serie nach dem Abspann stark zum Nachdenken anregt. Zwar weist die Handlung hier und da einige Längen auf (die Zeitsprünge wirken manchmal etwas zu abrupt), aber das trügt das positive Gesamtbild nur bedingt. Insbesondere Fans von Serien wie Dopesick (das interessanterweise die Seite der Opfer in den Fokus stellt, während es hierbei diejenigen sind, die den Betrug begehen) sollten unbedingt einen Blick riskieren!

© Disney

Ayla

Ayla ist Schülerin und beschäftigt sich hobbymäßig mit allen möglichen Medien, ohne dabei Beschränkungen zu kennen. Dennoch ist sie vor allem ein Serien- & Game-Junkie und liebt besonders actionreiche und dramatische Inhalte, wobei sie gleichzeitig für viele kindliche Themen zu haben ist, weshalb sie weiterhin großer Disney-Fan ist. Abseits ihrer Leidenschaft des Sammelns ihrer Lieblingsmedien schreibt Ayla gerne selbst Geschichten oder zeichnet Bilder, um sich so zu entspannen.

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