Star Trek: Picard (Folge 2×10)

Und schwupps ist die zweite Staffel von Star Trek: Picard schon wieder zu Ende. Im Staffelfinale werden emotionale Bögen in guter alter Star Trek-Manier aufgelöst: mit viel Gefühl, Glauben an das Gute und den unvermeidlichen Feel-Good-Faktor. Ob das Jonglieren mit den Zeitreise-Paradoxien wirklich ohne Logiklöcher geklappt hat? Egal. Jeder findet am Schluss sein Wohlfühl-Plätzchen. Außer Dr. Soong, der es nicht anders verdient hat. Dafür hat er am Schluss ein hübsches Osterei in den Händen.

 

Inhaltsangabe

Das Team teilt sich: Picard und Tallinn eilen zur Raketenbasis, um Renée zu schützen. Picard befürchtet, dass die Prophezeiung sich auf Tallinns Tod beziehen könnte, doch Tallinn verbietet Picard kategorisch, sich einzumischen, sie braucht keinen Schutz bei ihrer Lebensaufgabe über Renée zu wachen. Es gelingt ihr, zu Renée vorzudringen und mit ihr zu sprechen. Rios, Raffi und Seven machen sich auf zu Dr. Soongs Villa, um den Schurken zu stellen. Dort können sie zwar die Drohnen, die die Rakete beschießen sollen, zerstören, doch Soong finden sie nicht. Der hat seine Privilegien als Sponsor der Europa-Mission genutzt, um in die Quartiere der Astronauten vorzudringen. Als Renée ihm auf dem Flur begegnet und er tröstend ihre Wange tätschelt, bricht sie zusammen: Dr. Soong hatte eine vergiftete Schicht auf seine Haut aufgetragen, die bei Berührung zum baldigen Tod führt. Im Sterben verwandelt sich die vorgebliche Renée in Tallinn, die ihre Gestaltwandler-Fähigkeiten eingesetzt hatte, um der echten Renée die Chance auf einen ungehinderten Start ins All zu ermöglichen.

Kore löscht alle Dateien vom Rechner ihres Vaters und vernichtet somit seine gesamten Forschungsergebnisse. Zurück bleibt nur ein einziger Ordner mit dem Titel “Project Khan”. Auf ihrem Bildschirm erscheint eine Nachricht, die sie zu einem Treffen in einer bestimmten Straße einlädt. Sie macht sich dorthin auf den Weg und trifft auf einen sympathischen Herrn mit Bart, der sich als Wesley Crusher vorstellt und sie bei den Reisenden willkommen heißt.

Zurück in Chateau Picard müssen sich Picard und Crew der Tatsache stellen, dass sie zwar die Mission erfüllt haben, aber ohne Raumschiff im 21. Jahrhundert festsitzen. Picard nimmt den Schlüssel zum Zimmer seiner Mutter und legt ihn in das Versteck, wo ihn später der kleine Jean-Luc finden wird, denn er hat seine Vergangenheit nun verarbeitet und akzeptiert. Das bringt ihm ein Bravo von Q ein, der enthüllt, dass er vor seinem Tod seinem alten Freund ein Geschenk machen wollte und nun alle wieder zurück in ihre Zeit transportieren wird. Rios entscheidet sich, bei Teresa im 21. Jahrhundert zu bleiben.

Zurück in dem Moment des Selbstzerstörungs-Countdowns aus Folge 1 bricht Picard die Selbstzerstörungssequenz ab und wendet sich der Borg-Königin zu, die ihre Maske abnimmt. Darunter kommt das Gesicht von Agnes Jurati zum Vorschein. Sie erklärt, dass die Borg eine Weltraum-Anomalie entdeckt haben, die zu einer weitreichende Katastrophe führen kann, und die Unterstützung der Stargazer brauchen, um das zu verhindern. Daher hatte die Borg-Königin/Agnes Picard gerufen, da nur er mit seinem Wissen aus ihrer gemeinsamen Zeitreise auf einen Verhandlungsversuch der Borg eingehen würde. Picard lässt sie gewähren und sie verhindert die Katastrophe. Anstelle der Anomalie erscheint etwas, das aussieht wie ein Trans-Warp-Tunnel. Agnes erklärt, dass auch mit dem kollektiven Wissen der Borg unklar ist, was das bedeutet, außer diffuse Bedrohung. Sie fordert daher, in die Föderation aufgenommen zu werden um hier die Aufgaben eines Wächter des Tors zu übernehmen.

Picard, Seven, Raffi und der quicklebendige Elnor stoßen mit Guinan auf den guten Ausgang des Abenteuers an, Guinan dankt Picard dafür, dass er sie einst auf den richtigen Weg gebracht hat und berichtet vom weiteren Leben von Rios, Teresa und Ricardo, die ein langes, erfülltes Leben lebten, bis Rios im Kampf gegen Schurken und mit einer Zigarre im Mund starb.

Im restaurierten Wintergarten von Chateau Picard will Laris sich eigentlich verabschieden, doch Picard bittet um eine zweite Chance, schließlich habe er ja seine Vergangenheit aufgearbeitet. Laris scheint nicht abgeneigt. 

"Mein süßer Picard" und andere Überraschungen

Ja, das sagt Tallinn wirklich. Dass es zwischen ihr und Picard gefunkt hat, war nicht zu übersehen, aber so eine Dialogzeile überrascht dann doch. Dass die Prophezeiung von der einen Renée, die leben und der anderen, die sterben muss, sich nicht auf ein Verwirrspiel der Zeitlinien bezieht, sondern auf ein simples Täuschungsmanöver, ist eine Überraschung der eher flauen Art. Da wäre die Warnung “Achtung, Dr. Soong ist ein fieser Giftmischer!” viel angebrachter gewesen. Weitere Überraschungen: Q ist ein Guter, der nur Picards Seele heilen will. Wer Q schon immer faszinierend fand, freut sich vielleicht über diese Wendung, ansonsten fühlt es sich eher lahm und unstimmig an. Die Borg-Königin ist auch eine Gute. Aha, darum war sie anfangs maskiert. Weil unter der Maske das Gesicht von Agnes Jurati steckt. Ein hübsch gebauter Kreis, der sich da von der ersten Folge bis zur letzten schließt, aber eine Borg-Königin, die von Agnes quasi in die Menschheit assimiliert wird? Schade um diese prächtige Schurkin. Und was war nun mit all den Untaten der Borg, wenn doch die ganze Zeit Agnes …? Muss wohl so ein Zeitreise-Dings sein. Besser nicht daran herumgrübeln. Kore begegnet Wesley Crusher. Ein Osterei der eher unverdaulichen Sorte, denn eine freudige Überraschung ist das nur für diejenigen, die ihn aus etlichen Folgen Star Trek kennen. Wer ihn nicht oder nicht mehr auf dem Schirm hat, hat eine recht bedeutungslose Szene vor sich. Unterm Strich ist keine der vielen Überraschungen des Staffelendes so richtig befriedigend.

Dr. Soong, der Superschurke

Erst die Borg-Königin, dann Q. Er wird vom sarkastisch-geheimnisvollen Fiesling zum wohlmeinenden Therapeuten mit unkonventionellen Mitteln. Bei ihr verschmelzen zwei spannende Charaktere zu einer epischen, aber uninteressanten Figur. Wenn auf den letzten Metern gleich zwei groß aufgebaute Antagonisten wegbrechen, bleibt nur der unscheinbare Schurke aus der zweiten Reihe, um den Guten Kontra zu geben. Auf Kosten seiner Glaubwürdigkeit. Eigentlich war Dr. Soong als eine Art liebevoller Dr. Frankenstein eingeführt worden, der sich mit ethisch dubiosen Methoden eine Tochter erschafft. Damit hätte man durchaus etwas anfangen können. Der Konflikt um Renée und Jean-Luc Picard hat allerdings zunächst so gar nichts mit ihm zu tun, da hinein wird er wider Willen und durch erheblichen Druck von Q und der Borg-Königin geschubst. Zum Staffelende allerdings hat er jede Menge bösen Willen und alles, was gerade nötig ist, um den Guten Gelegenheit zu Heldenmut zu geben: eine kleine Privatarmee, technisches Gerät, um eine Rakete zu zerstören und so unermesslichen Reichtum, dass er als Raumfahrt-Mäzen VIP-Zugang zur gesamten Raketenbasis hat. Dass er im richtigen Moment auch ein giftgetränktes Latex-Läppchen dabei hat, um durch freundliche Berührung zu morden, ist ein Schnörkel, der durch seine Absurdität schon wieder Spaß macht. Insgesamt hat man aber das Gefühl, dass da eine vielversprechend angelegte Figur grob und unsensibel den Notwendigkeiten des Finales angepasst wurde.

Fazit

Nun schon das zweite Staffelfinale bei Star Trek: Picard. Anders als das erste, das deutlich einen Aufbruch in neue Abenteuer versprach, wirkt das hier eher wie ein Abschluss. Und es hat längst nicht so viel Schwung. Vieles wird aufgelöst, aber die Auflösungen sind eher lahm. Wer sich mit dem langwierigen Ausflug in Picards Kindheitstrauma nicht anfreunden konnte, wird damit auch nicht warm, wenn dieses Motiv so weit in den Vordergrund rutscht, dass es zum eigentlichen Kernstück der Staffel wird. Dr. Soong als Finale-Schurke ist eine Enttäuschung, auch, wenn es eine Freude ist, Brent Spiner mal wieder bei Star Trek zu sehen und auch noch in gegen alte Sehgewohnheiten in einer Antagonisten-Rolle. Leider ist die Figur viel zu unstimmig gestaltet um zu überzeugen. Für eine stellenweise sehr unterhaltsame Staffel ein zwar passender, aber leider nicht mitreißender Schlussakkord.

 

© Amazon Prime Video

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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