Star Trek: Picard (Folge 2×01)

Runde 2 für den greisen Jean-Luc Picard (Patrick Stewart, Star Trek: The Next Generation). In Staffel 1 war er noch ein frustrierter Rentner, den die Idylle seines Weinguts nicht über sein unrühmliches Ausscheiden aus der Sternenflotte hinwegtrösten konnte. Nun wieder im Admiralsrang kann er das Landleben deutlich mehr genießen. Doch eine Menge Konflikte, aus den Tiefen des Alls, der Vergangenheit oder auch des Herzens lauern schon. Schließlich ist das keine Serie über Rebenpflege in Südfrankreich, so charmant diese Idee auch wäre. 

Inhaltsangabe

Roter Alarm, Rennen, Schießen, Funkensprühen. Und Picard ordnet die Selbstzerstörung des Schiffes an. Was ist da los? Erstmal nichts. Jean-Luc Picard feiert mit seiner Assistentin Laris die Weinlese und schrammt haarscharf an einem romantischen Moment vorbei. Warum nur diese Beziehungsscheu? Rios ist mittlerweile Captain der Stargazer geworden und empfängt einen verschlüsselter Hilferuf, mit dem eine unbekannte Spezies in Not der Föderation beitreten und Kontakt zu Picard aufnehmen will. Ein so begehrenswerter Köder, dass Picard einfach darauf anbeißen muss. Doch die Spezies in Not stellt sich als alte Bekannte heraus: Die Borg. Kein Wunder, dass Picard die Selbstzerstörung aktiviert, bevor die Borg-Königin die ganze Sternenflotte assimiliert. Und dann …? Wieder nichts. Picard erwacht verwirrt in seinem Schlösschen, wo sich entscheidende Details verändert haben. Statt Laris etwa ist ein Android namens Harvey der dienstbare Geist im Haus. Herein spaziert ein Mann, den Picard als Q erkennt und spricht den rätselhaften Satz “Der Prozess ist nie zu Ende”.

Alte Bekannte an neuen Positionen

Am Anfang von Staffel 1 war Picard allein und seine Suche nach Mitstreitern füllte weite Teile der Staffel. Nun haben sich jede Menge Figuren etabliert. Wertvolles Kapital für Staffel 2 oder auch Ballast für den Erzählfluss, je nachdem. All die desillusionierten Außenseiter aus Picards Crew haben es nach dem Happy End der ersten Staffel zu einem neuen Platz im Leben gebracht. Picard ist Admiral, Raffi strahlt und trägt wieder Uniform, Elnor ist der erste romulanische Kadett der Sternenflotte, Rios kommandiert wieder ein traditionsreiches Sternenflotte-Schiff und versucht sich noch ungelenk an Picards Standardsatz “Make it so!” Soji, so entspannt und gut gelaunt wie nie in Staffel 1, brilliert mit diplomatischem Smalltalk und Seven of Nine jagt immer noch Weltraum-Kriminelle, allerdings jetzt mit Rios’ altem Schiff, der La Sirena und einem spanisch sprechenden Rios-Hologramm, das für lustige Momente und handfeste Unterstützung zuständig ist, auch wenn es ganz schön nerven kann. Das freut den Fan und man sieht es sich gern an.

Noch ältere Bekannte aus dem Star Trek-Kanon

Staffel 2 greift aber auch tief in die Requisitenkiste des Kanon und fischt Figuren aus vergangenen Zeiten heraus. Guinan etwa, die El Aurelianerin, was dem Publikum ein Wiedersehen mit Whoopi Goldberg (Die Farbe Lila) beschert. Was gut funktioniert, denn wer sie ist und was sie tut, offenbart sich ohne große Erklärungen. Sie hört zu und erteilt weisen Rat in komplizierten Lebenslagen und ihr Auftritt ist zwar nicht zwingend notwendig, aber ein Zuckerl erster Güte, ob nur für Fans oder für Ahnungslose. Die Borg-Königin hatte auch schon große Momente. Aber kam sie früher wohl auch in so trashig-schlichter Schurkenmontur daher? Schwarzer Glitzerumhang und zwei Gummi-Tentakel? Es kann schön sein, wenn die ganz einfachen Dinge ihren Platz im Rampenlicht bekommen, aber das war doch ein wenig enttäuschend. Q füllt in Star Trek-Enzyklopädien ellenlange Spalten. Nichts davon bekommt der unbedarfte Newb erklärt, wenn da ein in dämonisches Schwarz gekleideter Herr in Picards Chateau spaziert, damit muss er einfach klarkommen.

Beziehungsscheue Einzelgänger allerorten

Nein, in seiner langen Laufbahn hatte Picard keine nennenswerten romantischen Episoden. Vermisst hat sein Publikum das eigentlich nicht. Jetzt poppt es als Problem auf, denn irgendwas muss ja das ländliche Idyll auf seinem Weingut stören. Chronische Beziehungsscheu also. Schuld ist wohl seine Mutter, die einst dem verängstigten kleinen Jean-Luc empfohlen hatte, zu den Sternen zu blicken, wenn die Eltern sich streiten. Ach, Mutti! Immerhin verschafft das Whoopi Goldberg eine charmante Szene als warmherzig-lebenskluge Bardame. Das Motiv setzt sich fort: auch Seven of Nine tut sich zu Raffis Enttäuschung schwer mit Nähe. Nun ja, als allseits Misstrauen erregende Ex-Borg hat man wohl schwerlich ein erfüllendes Liebesleben. Und Agnes Jurati versemmelt einen durchaus vielversprechenden Party-Moment mit einem attraktiven jungen Mann durch gehemmt-nervöses Dauerquasseln. Ob es wohl am Ende der Staffel lauter glückliche, geläuterte Paare geben wird? Och … vielleicht gibt es ja noch interessantere Handlungsmotive als Pärchenbildung.

Fazit

Das Figurenschieben zum Staffelauftakt ist durchaus unterhaltsam. Aber gleich zweimal an den gleichen Spannungspunkt gebracht zu werden, ohne dass es eine zufriedenstellende Auflösung gibt, das ist schon unbefriedigend. Leider ohne dass es meine Bereitschaft, auf die Auflösung hinzufiebern, wachsen lässt. Und am mysteriösen Auftritt von Q hätte ich wohl deutlich mehr Spaß, wenn ich noch auf dem Schirm hätte, was er in einst in Star Trek: The Next Generation für eine Rolle gespielt hat. So war das eher ein “tja, das ist nur was für Kenner”-Moment, der mich eher aus der Handlung rausschubst als mich mit ins Boot zu holen. Aber noch kann in der Staffel viel passieren …

© Amazon Prime Video

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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