iZombie

Wird man zum Zombie, scheint die tagtägliche Beschäftigung eigentlich klar: Stöhnend mit überreifem Körpergeruch durch die Gegend torkeln bis einem ein verängstigter Mensch vor die Beißer läuft oder man sein zweites Ende in Form einer Schrotflinte findet. In Rob Thomas‘ (Veronica Mars) humoristischer Zombie-Krimiserie iZombie stellt sich das etwas anders dar. Nicht nur sind Zombies hier noch ansprechbare und – wenn sie nicht zu hungrig werden – recht umgängliche Personen, sondern sie arbeiten auch noch für ihr tägliches Hirn. Zum Beispiel wie Liv Moore (Rose McIver, Power Rangers R.P.M.) als Gerichtsmedizinerin, die nebenbei auch noch mit ihren neugewonnenen Zombie-Eigenheiten Mordfälle löst.

   

In Olivia „Liv“ Moores Leben lief eigentlich alles nach Plan: eine Assistenzarztstelle in einem Krankenhaus mit den besten Aussichten auf die angestrebte Karriere als Chirurgin und dazu eine Verlobung mit dem Sozialarbeiter, Menschenfreund und optischen Traummann Major (Nachname: Lilywhite). Doch dann lässt sich Arbeitstier Liv entgegen ihrer Gewohnheit von einer Kollegin dazu breitschlagen, etwas Dampf abzulassen und mit ihr eine Bootsparty des Energydrink-Herstellers Max Rager zu besuchen. Auf dieser kommt es jedoch plötzlich zum Ausbruch einer mysteriösen Infektion, die Menschen innerhalb kürzester Zeit wie tollwütig übereinander herfallen lässt. Am nächsten Morgen ist das Schiff abgebrannt untergegangen und die meisten Feierwütigen tot, nur Liv erwacht in einem Leichensack. An ihrem Arm eine sonderbare Kratzspur, ihre Haut und ihre Haare leichenblass und schnell stellt sich bei ihr auch ein unerklärlicher Heißhunger auf menschliche Gehirne ein. Die Diagnose scheint eindeutig: Sie ist ein Zombie. Mehrere Monate später hat Liv ihre Verlobung und Beziehung mit Major zu dessen Schutz gelöst und zudem ihre Anstellung im Krankenhaus gegen eine in der Gerichtsmedizin der Polizei von Seattle eingetauscht, um heimlich ihren Hunger auf Gehirne stillen zu können. Neben ihrer nächsten Mahlzeit hat Liv eigentlich nur noch die Priorität, ihren Zustand geheim zu halten, doch ihr Vorgesetzter Ravi zieht schnell die richtigen Schlüsse und enttarnt Liv als Zombie. Anstatt verängstigt zu reagieren und einen Mob mit Fackeln und Heugabeln zusammenzutrommeln, zeigt sich der ehemals beim Seuchenschutz beschäftigte Arzt jedoch neugierig und macht Liv sogar Hoffnungen auf ein Heilmittel. Endlich ein Positiverlebnis für Liv, die mit ihrer aufgegebenen Karriere als Medizinerin eigentlich anderen Menschen helfen wollte, anstatt sie gezwungenermaßen aufzuessen. Nach dem Verspeisen des Gehirns eines Mordopfers eröffnen sich für Liv durch bestimmte Eigenheiten ihres Zombiedaseins trotzdem unerwartet Möglichkeiten, wie sie anderen Menschen helfen kann.

Weg vom Zombie-Horror, hin zum Zombie-Krimi

Originaltitel iZombie
Jahr 2015–2019
Land USA
Episoden 71 in 5 Staffeln
Genre Krimi, Komödie
Cast Olivia Moore: Rose McIver
Clive Babineaux: Malcolm Goodwin
Major Lilywhite: Robert Buckley
Ravi Chakrabarti: Rahul Kohli
Peyton Charles: Aly Michalka
Blaine DeBeers: David Anders
Don E: Bryce Hodgson
Dale Bozzio: Jessica Harmon
Im Handel erhältlich

Krimis, oder genauer gesagt die Unterkategorie der Detektivgeschichten, sind schematisch eine ziemlich feste Angelegenheit: Ein Verbrechen, meist ein Mord, geschieht und dann kommt ein Detektiv und klärt auf, wer den Mord wie und warum begangen hat. Die Mordtat und deren Umstände variieren natürlich gerne, genauso die Art der Aufklärung. Am kreativsten wird man aber meist beim Detektiv – etwa bei dessen Persönlichkeit und besonders gerne auch bei dessen gegenwärtigen Umständen und Vergangenheit. Wie zahlreich sie doch sind, die zwischenmenschlich dysfunktionalen Genies mit ihrer traumadramatischen Lebensgeschichte, bei denen Krimi(dreh)buchautoren sich gegenseitig mit der Kaputtheit ihrer Protagonisten überbieten und danach voller Stolz selbst auf die eigene Schulter klopfen. Und dann kommt 2015 Rob Thomas daher, bittet die ganze Krimiautorenriege doch mal kurz sein Bier zu halten und bringt uns mit Liv Moore eine untote Zombie-Ermittlerin, die bei der Lösung von Morden hilft, indem sie das Gehirn des Opfers verspeist und dadurch beim richtigen Trigger deren Erinnerungen sehen kann. Das klingt (und ist auch irgendwie) total absurd, aber es macht riesige Freude. Der zusätzliche Clou ist nämlich, dass Liv nach dem Verspeisen des Hirns nicht nur die Erinnerungen, sondern auch die Charakterzüge der Opfer übernimmt. Das Sprichwort, dass man ist, was man isst, wird hier also wortwörtlich genommen. So schlüpft Hauptdarstellerin Rose McIver in über 70 Folgen iZombie nicht nur in die Rolle der mitfühlenden Gerichtsmedizinerin Liv, sondern auch in fast jeder Episode in die Rolle von Liv, wie sie von anderen Persönlichkeiten mit allerlei dominierenden Charaktereigenschaften, Ticks, Störungen und Berufen beeinflusst wird – wie von einem maskierten Vigilanten, einer einschüchternden Domina (und wenig später deren Sklave), einem streitsüchtigen Eishockeyspieler, einem leidenschaftlichen Künstler oder einem soziopathischen Auftragskiller. Ihr zur Seite steht dabei der meist sehr besonnene Polizei-Detective Clive Babineaux, den Liv in der Hoffnung auf einen entscheidenden Erinnerungstrigger begleitet und der den ernsten Gegenpart zu Livs teils überzogen extravaganten Persönlichkeitseigenschaften bildet. iZombie folgt damit meist dem typischen Krimiserienschema vom Mordfall der Woche, allerdings in Verbindung mit einem wöchentlichen Opferhirn und einer sehr veränderten Liv. Dabei sind natürlich nicht alle Folgen und die teils stereotypen Persönlichkeiten immer gelungen, aber in der Regel bereitet dieses Schema herrliche Unterhaltung.

The new Z-Economy

Neben diesem episodischen Fall der Woche wird iZombie jedoch auch durch länger angelegte Handlungen zusammengehalten, die einzelne Staffeln und die gesamte Serie überspannen. Einerseits sind das natürlich persönliche Entwicklungen der Figuren und deren Beziehungen (besonders natürlich die zwischen Liv und Major), andererseits Entwicklungen im Zusammenhang mit der Zombieseuche. Während Liv ihr Bestes tut, diese möglichst geheim zu halten, einzugrenzen und schnellstmöglich ein Heilmittel zu finden, gibt es da beispielsweise auch noch Blaine. Der ebenfalls auf der Bootsfeier infizierte Drogenhändler erkennt schnell, dass man mit der Zombieseuche Geld verdienen kann. Durch das gezielte Weitertragen der Seuche an die Schwerreichen von Seattle schafft er Bedarf und macht sich schnell daran als einziger diesen Bedarf für viel Geld zu decken, indem er Straßenkinder und Obdachlose umbringen lässt und deren Gehirne erntet. Doch Blaine ist nur der Anfang: So spielt im weiteren Verlauf der Serie auch der Energy Drink-Konzern Max Rager eine zentrale Rolle, da dessen Dosengetränk-Rezeptur in Verbindung mit einer Designerdroge namens Utopium den Zufallsmix für die Zombiekrankheit bildet und möchte dies natürlich gewinnbringend ausnutzen. Auch tritt mit Filmore-Graves ein privates Militärunternehmen à la Blackwater auf, dessen Söldnertruppe komplett aus Zombies besteht und insgeheim daran arbeitet, nach dem unausweichlichen Bekanntwerden der Zombieseuche das Überleben ihresgleichen zu sichern. Etwa durch das Besetzen Seattles und infolgedessen der Geiselnahme der menschlichen Stadtbevölkerung, damit vom Staat Gehirnlieferungen erpresst werden können und die Zombiestadt nicht mit einer Atombombe von der Landkarte getilgt wird. Neben dem Krimischema wird also auch das Motiv der Zombieapokalypse kreativ neuverarbeitet.

Kunst soll unterhalten und belehren

Neben allem Spaß beschreitet die Serie dabei auch durchaus sozialkritische Wege und befasst sich mit den hässlichen Seiten der amerikanischen Gesellschaft. Dies fängt in der ersten Staffel mit einem herrlich zynischen Blick auf den Kapitalismus an, denn in der von Blaine instrumentalisierten Zombie-Ökonomie verspeisen die Reichen immerhin die Gehirne der Ärmsten. Auch rücken Gesellschaftsthemen satirisch in den Fokus, die wohl besonders während der durch eine Trump-Präsidentschaft gezeichneten Produktionsjahre immer deutlicher hervorrücken. So dauert es nicht lange, bis die ausbrechende Zombieseuche besonders in für Verschwörungstheorien offenen Dunstkreisen selbsternannte Patrioten auf den Plan ruft, die sich natürlich dazu berufen fühlen, bewaffnet dagegen vorzugehen – unabhängig davon, dass die Zombies vor ihrer Erkrankung noch Mitbürger und Mitamerikaner waren. Über den Konflikt zwischen Mensch und Zombie wird im späteren Verlauf der Serie somit indirekt dieses so unversöhnliche Wir-gegen-die-Gemüt offengelegt, das sich im politisch gespaltenen Amerika immer eskalierender zeigt, auch im in der Serie dargestellten Hang zur bewaffneten Selbstjustiz. Hinter selbstgefälligen Patriotismus-Parolen versteckt wird hier sogar nichts anderes angestrebt als ein Genozid. Dass die Serie die Unterhaltungskunst nutzt, um darauf kritisch das Schlaglicht zu werfen, ist wichtiger denn je, kann jedoch auch in Konflikt mit etwaigen Zuschaueransprüchen auf sorgenfreien Eskapismus geraten und passt auch nicht immer in den anfangs etablierten humoristischen Rahmen. Besonders die letzte Staffel leidet etwas an dem beißenden Schnitt zwischen wöchentlichen Mordermittlungsspaß und der bedrückenden Gesellschaftsthematik, die zudem noch durch einen überflüssigen und ziemlich missratenen Ausflug in Livs Familiengeschichte teilweise eher unglückliche Züge annimmt. Die schwache Staffel 5 bildet damit einen zwar noch befriedigenden, aber auch inhomogenen Abschluss einer sonst großartigen und sympathischen Serie.

Auch ein bisschen Veronica Mars-Reunion

Diese sympathische Seite entspringt auch einem gut zusammenspielenden Cast, der die humoristischen und auch mit reichlich Popkulturanspielungen angereicherten Dialoge genauso meistert wie die ernsten und tragischen Momente. Neben Malcom Goodwin (Breakout Kings) als Clive, Rahul Kohli (Spuk in Bly Manor) als Ravi und Robert Buckley (One Tree Hill) als Major gehört auch Aly Michalka (Hellcats) als Livs beste Freundin und angehende Anwältin Peyton über die volle Distanz zum Seriencast. Zusätzlich zu Rose McIver mit den wöchentlichen Persönlichkeitswechseln von Liv kann besonders David Anders (Heroes) als Blaine glänzen. Mal Gegenspieler, mal notgedrungen Verbündeter von Liv möchte man als Zuschauer den Zombie-Gangster für seine furchtbaren Taten hassen, doch kann er durch seine Wortgewandtheit und ironischen Spitzen auch immer wieder Sympathiepunkte einfahren. Wer angespornt von Rob Thomas‘ vorangegangener Kultserie Veronica Mars den Weg zu iZombie findet, kann sich weiterhin über diverse Gastauftritte von aus der Teenager-Detektivserie bekannten Darstellern freuen. Als wiederkehrender Gast tritt unter anderen etwa Darran Norris (Cosmo & Wanda – Wenn Elfen helfen) immer wieder als TV-Moderator Johnny Frost auf oder auch Jason Dohring (Moonlight), der für zwei Staffeln als Obersöldner Chase Graves zur Besetzung stößt.

Fazit

In eine Krimi-Landschaft, in der Serien versuchen sich gegenseitig mit immer genialeren Detektiven, immer ausgefalleneren Auflösungsprozeduren der Fälle oder immer schonungsloserer Dunkle-Seite-der-Menschheit-Thematik und Dunkel-Schock-finster-finster-Darstellung zu überbieten, bringt iZombie genauso frischen Wind wie in das gleichsam exponentiell wachsende Angebot von Zombietiteln, in denen das Survival-Setting die übliche Voreinstellung ist. Hier wird einfach beides zusammengeschmissen und auch wenn es auf den ersten Blick nicht passen sollte, kommt dabei eine unterhaltsame Serie raus, die mit einem herrlich makabren Humor sehr viel Freude bereitet, aber auch erfolgreich in ernste und schräge Gefilde vordringt. Bei der letzten Staffel spürt man leider am überschwappenden Inhalt, dass die Macher etwas zu viel wollten und auch bei den wöchentlichen Mordfällen etwas die Kreativität schwindet. Dem guten Gesamteindruck schadet dies jedoch wenig. Sowohl Krimi- wie auch Zombiefans, die aus dem üblichen Trott etwas ausbrechen wollen, ist iZombie wärmstens zu empfehlen, die wohl einzige Zombie-Serie, die auch Foodporn-Momente bereithält.

© Warner Bros.

Lyxa

Lyxa studiert aktuell das Fach Und-was-macht-man-damit in Mainz, liest viel, schreibt gerne und schaut sich viel und gerne allerlei Serien und Filme an, am liebsten Science-Fiction. Lyxa ist dabei besonders der Dunklen Seite der Macht verfallen, weil es dort die cooleren Outfits gibt.

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