St. Agatha
Nonnen assoziieren wir mit Gottesfurcht und einem seligen Lächeln auf den Lippen. Ein gefundenes Fressen für den Horrorfilm, um dieses Sinnesbild zu pervertieren und für einen verstörenden Bruch zu sorgen. Denn was hinter den Klostermauern geschieht, findet selten einen Weg hinaus, was auf einer anderen Ebene bizarr genug ist, um Erzählstoff für ein Dutzend Genretitel zu bieten. Mit The Nun aus der Conjuring-Reihe fand bereits im Herbst 2018 ein populärer Bockbuster seinen Weg in die Kinos, doch auch kleinere Titel mit weniger Budget zeigen sich an dem Schauplatz Kloster interessiert. So auch St. Agatha von Regisseur Darren Lynn Bousman. Anders als in seinen Filmen Saw 2 bis Saw 4 geht es in St. Agatha wesentlich subtiler zu. Zumindest könnte man den misslungenen Versuch so beschreiben.
Ein Kleinstädtchen in den USA, 1957: Was gibt es Schlimmeres als herauszufinden, dass der eigene Freund ein Trickbetrüger ist? Diese Tatsache herausfinden und dabei auch noch schwanger sein. So ergeht es Mary (Sabrina Kern in ihrem Langfilm-Debüt), die sich in die Obhut der katholischen Schwesternschaft “Sisters of Divinity” flüchtet. Dort verspricht sie sich Schutz, unterwirft sich jedoch der strengen Regentschaft der Mutter Oberin (Carolyn Hennesy, General Hospital). Es wird die Hölle auf Erden, denn die Wege des Herren sind oft unergründlich …
“We take care of women like you.”
Originaltitel | St. Agatha |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Horror |
Regisseur | Darren Lynn Bousman |
Cast | Mary: Sabrina Kern Oberin: Carolyn Hennesy Catherine: Vater Andrew: Seth Michaels Paula: Trin Miller Doris: Lindsay Seim |
Laufzeit | 103 Minuten |
FSK |
Regisseur Darren Lynn Bousman machte sich mit seinen sadistischen Darstellungen innerhalb der Saw-Reihe einen Namen. Seitdem filmte er sich quer durch das Horror-Genre und ist mit St. Agatha im Nunsploitation-Genre angelangt, welches sich in den 1960ern etablierte. Mit der sexuellen Liberalisierung, die im harten Kontrast zum frommen Treiben hinter den Klostermauern steht, lässt sich immerhin so einiges erzählen. Man merkt dem Titel an, für welche Gattung Film Bousmans Herz (eigentlich) besonders schlägt und so haben wir es neben dem Psychoterror auch mit böse zuschnappenden Bärenfallen und Nuns with Guns zu tun. Was sich humorvoll anhören mag, sieht in der Realität ganz anders aus: St. Agatha nimmt sich komplett ernst. Im Zentrum steht die Psychofolter der Schwestern; Fehlverhalten und Ungehorsam werden bestraft. Und so langsam zeichnet sich ab, dass die Schwesternschaft Profit aus den jungen Frauen schlägt.
Niederträchtige Nonnen
Ohne Zweifel ist der Star des Films die Emmy-Preisträgerin Carolyn Hennesy. Die sadistische Obernonne gewinnt das Vertrauen ihrer Mitmenschen mit einem Lächeln auf den Lippen. Gegen sie wirkt Sabrina Kern geradezu blass. Obwohl der Versuch, ihre Figur mittels Rückblenden mit Persönlichkeit zu füttern, generell lobenswert ist, bringen diese die Handlung nicht voran. Das Ergebnis: Wir werden immer wieder aus der Gegenwart gerissen, in die mit Weichzeichnern überstilisierten Vergangenheitsszenen geschmissen und der Film beginnt zu langweilen. Interessante Facetten blitzen durchaus immer wieder einmal auf. Etwa die Dynamik, welche die Leidenschaft der jungen Frauen entwickelt. Sie werden gegen ihren Willen festgehalten und müssen sich dem strikten Regelwerk beugen. Dass die Mehrheit der Frauen ein Schweigegelübde abgelegt hat und es somit eine Weile dauert, bis Mary die Machenschaften der Oberin durchschaut, erklärt sich von selbst. Garniert wird die Angelegenheit mit (wortwörtlich) bedeutungsschwangeren Andeutungen, die nicht schwer zu interpretieren sind. Umso erschreckender ist es, dass gleich vier Autoren an dem Skript gearbeitet haben, alles aber erstaunlich flach bleibt und noch nicht einmal alle Fragen beantwortet werden. Was hat es denn nun mit Dachboden und Keller auf sich?
Fazit
St. Agatha will eine Menge reißen und zeigt sich hochambitioniert. Dabei ist der Film immer eine Spur über dem, was er eigentlich sein will. Die Geschichte wirkt überzogen und dick aufgetragen, die Nonnen überspielen und der Regisseur weiß nie, wann einmal Schluss sein sollte. Die Anleihen, ein anspruchsvoller Film der Marke Suspiria zu sein, wirken plump und stellenweise sogar unfreiwillig komisch. Wem The Nun zu viele CGI-Jumpscares bietet oder wer schlicht auf das klösterliche Setting steht, kann einen Blick riskieren. Alle anderen verpassen nichts.
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