Kill Mode – Kampf um die Zukunft

Thijs Meuwese machte 2018 mit Molly auf sich aufmerksam. Ein post-apokalyptischer Survival-Actioner, in dessen Finale sich die junge Molly (Julia Batelaan) in einer fast 30-minütigen Sequenz durch ihre Gegner schlägt. Aber das war nicht der Film, den der Niederländer eigentlich drehen wollte. Dieser konnte nun dank aufgefüllten Budget-Töpfen realisiert werden, nennt sich Kill Mode und ist das Prequel zu Molly. Herausgekommen ist eine brutal gutaussehende epische Schlacht – die auf Handlungsebene wenig hergibt. Fürs Auge ist das Spektakel in jedem Fall etwas und Besucher des Obscura Filmfestivals 2020 durften die Produktion ein Jahr vor der Veröffentlichung am 30. November 2023 auf der großen Leinwand genießen. 

   

2027, acht Jahre nach Ausbruch eines tödlichen Virus: Die Welt wird mittlerweile von “The Company” geführt, einem Pharma-Konzern, der an die Macht kam, indem er gegen hohe Preise Anti-Körper verkaufte. Dies erschuf nicht nur neue Abhängigkeiten, sondern vor allem Armut. David (Dave Mantel), einstiger Widerstandskämpfer, arbeitet in einer illegalen Klinik. Für ihn ändert sich alles, als seine einstigen Kameraden Richard (Burt Rutteman) und Alex (Yasmin Blake) auftauchen, mit dem Plan, das Heilmittel freizusetzen. Er schließt sich seinem ehemaligen Team an, das in den Konzern einbricht. Doch bei dem Mittel handelt es sich nicht einfach um eine Formel: Es ist das Mädchen Molly, das eine natürliche Immunität besitzt und zu Forschungszwecken gefangen gehalten wird.

Superbe One-Shot Action

 

Auch wenn Kill Mode um Längen besser aussieht als sein Vorgänger und dem Titel auf den Leib geschrieben steht, dass hier Vollblutprofis am Werk waren, spielt er budgettechnisch noch immer in der Liga eines Indie-Films. Und umso beeindruckender ist es, mit welcher Ambition das sechsköpfige Produzenten-Team kalkuliert hat. Denn für einen Low Budget-Titel sieht Kill Mode umwerfend gut aus und bringt ein Produktionsdesign mit, nach dem sich andere Filmemacher nur die Finger lecken können. Bereits die 12-minütige Eingangssequenz, die aus einem One-Shot besteht und dabei dynamische Action bietet, ist dazu geschaffen, Zuschauer in Staunen zu versetzen. Dabei begleiten die Zuschauer Dave, der mit Molly durch einen Gebäudekomplex flieht. Die Kamera hat sich dabei an die Fersen beider geheftet und folgt ihnen auf smoothe Weise auf Schritt und Tritt. Wie von magischer Hand schwebt sie in einer epischen Fahrt den beiden Protagonisten hinterher und zieht dabei derart elegante Bewegungen, dass diese Eingangssequenz unheimlich professionell in Szene gesetzt ist. Es ist beachtlich, mit welche präzisen Timing der Regisseur hier die Fäden zieht.

Ungleichgewicht zwischen Produktionsdesign und Story-Qualität

Diese hohe Produktionsqualität lässt sich auch nach dem achtjährigen Zeitsprung wiederfinden. Ruhepausen kennt die Handlung nicht und so kracht und wummst es fortlaufend. Immer mitreißend inszeniert, das ist auch gar nicht das Problem. Wenn sich in der zweiten Hälfte noch Superpower-Elemente hinzugesellen und das Tempo von 150 auf 180 fährt, sieht das weiterhin stark aus – erzeugt aber kein Staunen mehr. Denn der Überraschungseffekt nutzt sich im Laufe der Zeit ab, da ruhige Momente und handlungsvorantreibende Szenen fehlen. Die Qualität ist fortlaufend hoch, kann den gesamten Film aber nicht in die Zielgeraden tragen. Nach einer knappen Stunde fühlt sich das Geschehen einfach nur noch öde an und es lässt sich auch nicht der Eindruck abschütteln, dass Qualitätsmerkmale wie Handlung, Drehbuch oder Charaktere gar ein lästiges Übel waren. Bei all den hohen Produktionsstandards ist es nur umso frustrierender, wie ungelenk das Drehbuch mit seinen Charakteren umgeht. Jede Figur zeichnet sich durch genau eine Eigenschaft aus. Im Falle von David ist das Coolness. Doch wenn er dem Antagonisten Angel (Cyriel Guds) gegenübersteht, fehlt eine ganze Menge, um auch wirklich mit ihm mitfiebern zu können. Schick anzusehen ist ihr Aufeinandertreffen in einem Equipment, das sich am ehesten mit den Loadern aus Alien vergleichen lässt. Aber wenig involvierend. Das liegt nicht an den Schauspielern, denn die sind mit Vollblut bei der Sache. Nur können sie nicht mehr aus ihren Figuren herausholen als das, was ihnen das Drehbuch zuschreibt.

Überambitionierte Produktion

Thijs Meuwese ist ein Perfektionist. Keine Szene ohne präzise platzierte Lichteffekte. Keine Quelle lässt er aus, um nicht einen Schweif über den Bildschirm gleiten zu lassen. In seiner Ästhetik ist Kill Mode irgendwo zwischen Mad MaxMaze Runner und Book of Eli einzuordnen. Vielleicht nicht in Sachen Set-Design und Ausstattung, dafür stilistisch. Der Regisseur ist komplett darauf fokussiert, aus jeder Szene das Optimum herauszuholen. Nur manchmal wäre weniger einfach mehr. Exemplarisch dafür ist der Score zu nennen, der permanent Hochspannung und Pathos vermitteln möchte, in mancher Szene aber auch deplatziert wirkt, weil wieder ein potenziell ruhiger Moment damit verschenkt wird. Es ist nötig, die Zuschauer auch einmal Luft holen zu lassen, denn inhaltlich ist die auf Hochspannung ausgerichtete Inszenierung nicht durchgehend gerechtfertigt. Dass zudem eine unruhige Kameraführung das Treiben begleitet, trägt seinen Teil dazu bei, dass keinerlei Entschleunigung stattfindet und alles erzwungen aufgeregt wirkt. Das permanente Zittern der Shaky Cam mag einfach nicht ins Bild der sonst auf Perfektion ausgerichteten Produktion passen.

Fazit

Kill Mode ist standarddefinierend, wenn es darum geht, Low Budget-Sci-Fi-Action in herausragender Qualität in Szene zu setzen. Furiose Action-Szenen, Schauspieler, die ihr Bestes geben, und an jeder Stelle ist anzumerken, mit welchem Herzblut alle Beteiligten am Werk waren. Herausgekommen ist eine furiose Technik-Demo, die einem erzählerischen Motiv folgt, sich aber wenig um ihre Figuren und deren Dialoge schert. Ein bisschen Witz, ein paar Pointen oder auch einfach mehr ruhige Szenen – es hätte viele Möglichkeiten gegeben, die inhaltliche Ödnis zu vermeiden. Möchte man es ganz forsch auf den Punkt bringen: Kill Mode ist eine beachtliche Erfahrung, aber kein beachtlicher Spielfilm.

© Indeed Film


Veröffentlichung: 30. November 2023

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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