Spuk in Hill House

Geisterhausgeschichten sind bekannt: Eine Gruppe von Personen betritt in ein Haus, um dessen Geheimnisse aufzudecken. Auch Spuk in Hill House scheint eine solche Geschichte zu sein. Doch Autorin Shirley Jackson schaffte eine Geschichte, die sich von den anderen abhebt. Es geht dabei nicht nur um Geister und Grusel, sondern um die menschliche Psyche. Dabei ist es nicht sicher, was Wahrheit und was Einbildung ist. Sicher bleibt jedoch, dass Hill House seine Gäste um den Verstand bringen kann. Die Geschichte aus dem Jahr 1959 bleibt dabei akutell und wurde erst 2018 von Netflix als Serie (Spuk in Hill House) adaptiert. Außerdem existieren die beiden Filme Bis das Blut gefriert und House on Haunted Hill.

   

Das Hill House steht seit Jahren unbewohnt und verlassen da. Niemand der Bewohner hat es dort sehr lange ausgehalten – entweder sind sie schnell ausgezogen oder starben im Haus. Doch nun wird es wieder bewohnt. Zumindest für einen Sommer lang. Professor Montague, ein Psychologe, hat sich auf paranormale Phänomene spezialisiert und möchte Hill House erforschen. Dafür lädt er drei weitere Gäste ein, die ihn bei seiner Arbeit unterstützen sollen. Mit dabei sind: die exzentrische, lebenslustige, telepathisch begabte Theodora, die unsichere, nervöse, feinsinnige Eleonore Vance und der Zyniker Luke Sanderson, dessen Familie Hill House besitzt. Gemeinsam wollen sie das Geheimnis von Hill House aufdecken, aber bald merken sie jedoch, dass es in Hill House nicht mit rechten Dingen zugeht. Keine der Türen bleibt offen, die Räume sind klein, verwinkelt und man findet sich nicht zurecht und was hat dieses ständige Klopfen an der Wand zu bedeuten? Nach und nach zieht Hill House seine vier Gäste in den Bann und es wird immer schwieriger sich diesem zu entziehen.

Spukt es oder spukt es nicht?

Originaltitel The Haunting of Hill House
Ursprungsland USA
Jahr 1993
Typ Roman
Bände 1
Genre Horror
Autor Shirley Jackson
Verlag Festa

Spuk in Hill House scheint eine klassische Geisterhausgeschichte zu sein. Es ist das bekannte Setting, in welchen mehrere Personen ein altes Haus erforschen möchten und plötzlich Geister begegnen. Doch Shirley Jackson interpretiert diese Art von Geschichten völlig neu, denn Spuk in Hill House kommt völlig ohne Geistererscheinungen aus. Kein einziger Geist zeigt sein Angesicht. Es gibt nur immer wieder diese Andeutungen: So gibt es vor dem ehemaligen Kinderzimmer im ersten Stock eine kalte Stelle, an welcher niemand gerne vorbei möchte. Und auch scheint nachts jemand durch das Haus zu gehen, an die Türen zu klopfen und zu lachen. Dabei bleibt es aber immer offen, ob diese Geschehnisse wirklich passieren oder sich die vier Bewohner des Hauses dies nur ausdenken und sich von der düsteren Atmosphäre und der Geschichte um Hill House leiten lassen. Statt Geistererscheinungen spielen damit die Personen, die Hill House bewohnen, eine große Rolle. Begonnen mit dem Erbauer von Hill House, Hugh Craine, und seinen merkwürdigen Erziehungsmethoden bis zu den jetzigen Sommergästen in Hill House. Das Haus scheint seine Gäste zu formen und anders herum. Wer auf wen den größeren Einfluss hat und warum – das bleibt im Verborgenen.

Die Frau, die nicht mehr funktionieren möchte

Eine besondere Rolle spielt in Spuk in Hill House Eleonore. Sie wird von Anfang an als eine sehr unsichere Frau dargestellt, die ihr Leben bisher ihrer alten und kranken Mutter gewidmet hat. Nach dessen Tod lebt sie bei ihrer Schwester. Dort wird sie jedoch von dieser und deren Ehemann unterdrückt – sie darf beispielsweise nicht einmal das Auto fahren, welches sie zur Hälfte mitfinanziert hat. So ist Eleonore eine Frau, die bisher immer das gemacht hat, was andere verlangten. Sie hat nie gelernt für sich selbst einzustehen und musste bisher immer nur funktionieren. Mit dieser Vorgeschichte kommt sie nach Hill House und gerät sehr schnell in den Bann des Hauses. Sie fühlt sich dort zwar zum ersten Mal wirklich frei und möchte Hill House nicht mehr verlassen. Shirley Jackson analysiert psychologisch Eleonores Charakter, zeigt ihre Beweggründe auf und stellt dar, warum Hill House auf sie die meiste Wirkung hat. Denn am Ende bleiben viele Fragen offen: Ist Hill House ein Spukhaus? Ist es nur ein ‘parapsychischer Katalysator’, der Eleonores übernatürlichen Fähigkeiten ‘zündet’? Ist es ein ganz gewöhnlicher, von abergläubischen Zeitgenossen verrufener Ort, der ausschließlich von Eleonors zerrüttetem Hirn mit allerlei Unheimlichem bevölkert wird? Sämtliche Interpretationen sind möglich.

Hypnotische Sprache

Neben Jacksons Fähigkeiten ihre Figuren psychologisch zu analysieren, lebt Spuk in Hill House auch vom Sprachgeschick der Autorin. Das Buch kommt ohne große Verschnörkelungen daher. Stattdessen schreibt Jackson in einer dichten Sprache mit wenigen, sparsamen Worten. Diese schaffen jedoch die unheimliche Atmosphäre um Hill House und lassen sie plastischer Wirken. Dabei scheint es, dass hinter jedem Wort ein verborgener Sinn sein könnte, welcher, wenn er entdeckt ist, eine völlig neue Interpretation der Geschehnisse liefert. Die Sprache dient in Spuk in Hill House als Sog, der den Lesenden mit sich zieht – immer weiter in die Ereignisse um Hill House herein. Dabei schafft es Jackson alles in der Schwebe zu lassen, sodass jeder seine eigene Interpretation finden kann und sich nie sicher sein kann, was nun die Wahrheit ist. Nur wer eine Geschichte mit vielen Geistern, Geschrei und Blut erwartet, der wird von Spuk in Hill House enttäuscht sein, denn erst nach einem langsamen Anfang nimmt die Geschichte an Fahrt auf und wird schließlich so schnell, dass sich ihr schwer zu entziehen ist. Damit geht die Handlung als reine Geistergeschichte weiter. Es wird der Horror aufgezeigt, der tief in der menschlichen Psyche wurzelt.

Fazit

Eigentlich sind Geistergeschichten nicht mein Genre, denn ich grusele mich schnell bei allen möglichen Dingen – deshalb schaue ich auch nur ganz selten Horrorfilme. Bei Spuk in Hill House ist es aber anders. Von der ersten Seite an, bin ich von dem Buch begeistert. Der Anfang, in welchen ganz lang Eleonores Anreise geschildert wird, scheint nicht zum Rest zu passen, aber er macht mich neugierig und so kann ich das Buch nicht aus der Hand legen. Mir gefällt es, dass alles offen ist. Es bleibt meiner Auffassung, was ich nun für die wahren Ereignisse in Hill House halte oder nicht. Auch die Personenzeichnungen von Jackson gefallen mir. Mit Eleonore kann ich mich teilweise identifizieren. Ich kann ihre Beweggründe durch die Schilderungen nachvollziehen und an manchen Stellen habe ich einfach Mitleid mit ihr. Ein Buch wie Spuk in Hill House habe ich noch nicht gelesen und ich bin immer noch begeistert. Jackson schafft es mit einer prägnanten Sprache mir einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen. Ich habe sie jetzt als Autorin in entdeckt und werde mir irgendwann ihre anderen Bücher zulegen.

© Festa

Ivy

Wenn Ivy nicht gerade ihre Zeit in der Hochschule verbringt, wo sie lernt sich im Informationsdschungel zurecht zu finden, verbringt sie ihre Zeit mit dem Horten von Büchern. Innerlich weiß sie, dass ihr in nächster Zeit der Platz für all ihre Neuerwerbungen ausgehen wird – trotzdem kann sie es nicht lassen, neue Funde mitzubringen. Sonst sind auch keine Mangas oder Comics vor ihr sicher, da doch alles irgendwo noch einen Platz finden wird. Sonst hat sie eine große Schwäche für gute und besondere Geschichten, Eulen und Schildkröten in jeder Form und Merchandise von "Gintama". Wenn sie mal keine Bücher kauft und liest, schreibt sie selbst.

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