Star Trek: Discovery (Folge 3×04)
Star Trek: Discovery schickt die Zuschauer in Folge 4 der dritten Staffel in Gefilde, die treue Fans des Franchise schon seit vielen Jahren kennen: zu den Trill. Das sind diese Leute mit den hübschen Pünktchen-Tattoos am Haaransatz, die einen Symbionten in sich tragen. Eine von ihnen gehörte in den 90er Jahren zum Team von Star Trek: Deep Space Nine. Zeit, ein wenig Star Trek-Tradition aufleben zu lassen und diesen Wesen wieder einen Platz im Rampenlicht zu geben. Da es ein recht friedliches Volk ist, wird in dieser Folge wenig geballert und mehr an moralischen Problemen und seelischen Verknotungen gearbeitet.
Eigentlich müsste Adira dank ihres Symbionten auf das Gedächtnis aller vorherigen Wirte zugreifen können und so auch auf das von Admiral Senna Tal, der weiß, wo die Föderation geblieben ist. Kann sie aber nicht. Und überhaupt erinnert sie sich nur an das letzte Jahr, der Rest ihrer Vergangenheit ist ihr ein Rätsel. Deshalb macht sich die Discovery auf zum Planeten Trill, damit Adira dort lernen kann, ihre Fähigkeiten voll zu entfalten. Die Trill, durch die Weltall-weite Katastrophe dezimiert und isoliert, sind erst einmal begeistert, eine der Ihren wiederzufinden. Doch dann schlägt die Begeisterung in Ablehnung um: Ein Trill-Symbiont in einem Menschen, nicht in einem Trill? Das kann und darf nicht sein! Die einen wollen Adira loswerden, die anderen wollen helfen. Und so schickt einer sie heimlich in eine Höhle, wo sie mit ihrem Symbionten Kontakt aufnehmen kann. Doch sie muss erst eine verdrängte schmerzliche Erinnerung zulassen, bevor die Symbiose abgeschlossen werden kann. Zum Glück hat sie Unterstützung von Michael.
Reise ins Ich
Ein Besuch bei den Trill. Die leben auf einem üppig blühenden Planeten, tragen Gewänder wie ein Opernchor in einer Wagner-Oper und sind gutwillig, aber auch vorurteilsbeladen und Neuem wenig aufgeschlossen. Das lässt sich bis zum Ende der Folge bequem klären. Der größte Teil von Adiras Abenteuer bei den Trill besteht darin, ihre Backstory zu beleuchten. Der muss sie sich in einer psychedelisch beleuchteten Unterwasserwelt stellen: da war der blauhaarige Trill-Junge namens Gray, in den sie so verliebt war. Der sich so auf seinen Symbionten freute, aber kurz nach der Vereinigung ums Leben kam. Adira hatte im letzten Moment Grays Symbionten in sich aufgenommen und daraufhin die Erinnerung an die näheren Umstände verdrängt. Deshalb weiß sie zwar, dass sie einen hat, aber sonst nichts. Kaum hat sie zugelassen, dass sich bunt leuchtende Gedankenfäden an ihre Finger heften und so ihre Vergangenheit noch einmal durchlebt, ist die Blockade durchbrochen. So mancher braucht dafür jahrelange Psychotherapie, Star Trek braucht eine knappe Stunde und ein paar bunte Lichter. Immerhin: jetzt kann sie der Discovery den Weg zur Föderation weisen.
Haiku und Hassgefühle
Auch auf der Discovery brodelt Verdrängtes. Die Crew ist laut Dr. Culber zwar wohlauf, aber nicht gesund. Stamets bürstet grob Tillys Vorschläge ab, Detmer fühlt sich nicht genug gewürdigt und alle leiden darunter, durch den Zeitsprung alle Bande zur Freunden und Verwandten gekappt zu haben. Saru fühlt sich als Käptn in der Pflicht, für das geistige Wohlergehen seiner Crew zu sorgen, aber wie soll er das nur anstellen? Schön gemacht, wie der Bordcomputer lauter kaum erfolgversprechende Vorschläge macht, wie etwas Yoga, Weltraumshopping oder Buster Keaton-Filme. Und wie das gemeinsame Abendessen, das so lustig mit reihum improvisierten Haiku anfängt, in einem Wutausbruch von Detmer und betretenem Schweigen endet. Aber immerhin, es hat die Erkenntnis gebracht, dass der erste Schritt um aus einem seelischen Tief herauszukommen, darin besteht zuzugeben, dass man überhaupt in einem drinsteckt. Und am Schluss amüsieren sich alle über Buster Keaton. Außer Georgiou, der als Imperatorin aus einer anderen Dimension wohl der kulturelle Kontext fehlt. Das Konzept Kino plus Popcorn scheint allerdings dimensionsübergreifend zu funktionieren.
Meinung
Adira muss sich ihrer Vergangenheit stellen, die Crew der Discovery muss zugeben, dass 900 Jahre Zeitreise eine arge Belastung sind, die Trill müssen engstirnige Verbohrtheit überwinden. Jede Menge seelische Baustellen, die in guter Star Trek-Tradition durch Verständnis und guten Willen wenn nicht beseitigt, doch zumindestens angegangen werden. In der Häufung fängt es ein ganz klein wenig an, mir auf die Nerven zu gehen. Doch Adiras pubertäre Ruppigkeit ist erfrischend und Saru, der nicht so richtig weiß, wie Menschen ticken, ist in seiner Unsicherheit und seinen betulichen Versuchen, der posttraumatisch gestressten Crew etwas Gutes zu tun, wieder einmal der heimliche Star der Folge.