Loki (Folge 1×01)
Bösewichte haben im Marvel Cinematic Universe seit jeher einen schlechten Stand: Entweder sie werden innerhalb eines Films zur Strecke gebracht oder haben im schlimmsten Fall nie die Gelegenheit bekommen, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das hat sich zwar mit Phase 3 der Reihe deutlich verbessert, doch ein Ausnahmefall ist beinahe von Anfang an dabei: Der von Tom Hiddleston (Crimson Peak) verkörperte Loki, welcher als der vermeintlich beliebteste Schurke des MCU gilt. Von der erstmaligen Ankündigung einer Loki-Serie auf Disney+ im Jahr 2018 bis hin zur Veröffentlichung der ersten Folge am 9. Juni 2021 war es eine lange Durststrecke für Lokis Fans. Bekannt wurde im Vorfeld allerdings, dass die Serie wie WandaVision und Falcon and the Winter Soldier direkt nach Avengers: Endgame spielen würde. Und die wenig überraschende Verkündung, dass die Serie passend zum Protagonisten ganz anders als vorherige Werke werden würde …
Inhaltsangabe
Nachdem Loki im Jahr 2012 den Avengers den Tesserakt vor der Nase wegstehlen und verschwinden konnte, landet er in der Wüste Gobi (Mongolei). Dort wird er kurzerhand von Jägern der Zeitwächter-Organisation Time Variance Authority (TVA) aufgegriffen und k.o. geschlagen. Wie Loki feststellen muss, wurde er verschleppt und wird aus einem besonderen Grund angeklagt: Ein Verstoß gegen den natürlichen Zeitstrahl. Durch seine Flucht gegen den Lauf der Zeit wurde er nämlich zu einem Abweichler, “Variante” genannt. Im Hauptquartier der TVA wird Loki darüber durch ein Video von einer Cartoonfigur namens Miss Minutes aufgeklärt. Das Video erklärt, dass die Multiversen zu einem einzigen Zeitstrahl zusammengefasst wurden, um die Gefahr struktureller Ausreißer zu minimieren. Weicht eine Person ab und wird zur Variante, droht ein “Nexus”-Vorfall und ein multiverser Krieg könnte entstehen.
Vor Gericht möchte die Richterin Ravonna Renslayer (Gugu Mbatha-Raw, Beyond the Lights) Loki für schuldig befinden. Loki weist jegliche Schuld von sich und versucht die Avengers anzuschwärzen. Doch dann taucht plötzlich der Agent Mobius M. Mobius (Owen Wilson, Wunder) auf und interveniert, da er in Loki einen tieferen Nutzen sieht.
Mobius war zuvor bereits im Jahr 1549 in Frankreich einer Variante auf der Spur, die zahlreiche TVA-Jäger tötete. deren Zurücksetzungsladung mitnahm und von den Einheimischen mit dem Teufel gleichgesetzt wird.
In seinem Büro versucht Mobius Loki die Bedeutung der TVA nahe zu bringen. Er ist beeindruckt von Lokis Vielseitigkeit und präsentiert ihm Ausschnitte seiner Vergangenheit und Zukunft, etwa den Tod von Agent Coulson. Loki zeigt sich wenig beeindruckt, bis Mobius ihn mit dem Tod seiner Ziehmutter Frigga konfrontiert.
Loki kann daraufhin fliehen und zwingt einen der Angestellten dazu, den Tesserakt herauszurücken. Zu seiner eigenen Verwunderung hat Casey (Eugene Cordero, Kong: Skull Island) in seiner Schublade einige Infinity-Steine gehortet. Wie sich herausstellt, sind diese innerhalb der TVA ohne Wirkung und auch Lokis Magie funktioniert nicht. Es kommt zum Kampf zwischen Loki und der Jägerin B-15 (Wunmi Mosaku), den Loki gewinnt, indem er sich sein Halsband zu Nutze macht.
Er zeigt sich gegenüber Mobius erst kooperativ, als er sein ursprüngliches Schicksal sieht und anerkennt. Mobius bietet ihm einen Job an: Loki soll seine eigene Variante durch die Zeit jagen.
Irgendwo in der Zukunft wird eine Zeitmaschine aufgespürt. Eine in einen Mantel gehüllte Person wird von TVA-Jägern aufgespürt, doch lässt eine Laterne auf eine Ölspur fallen, woraufhin diese in Flammen aufgehen.
Das MCU erfindet sich schon wieder neu
Nach mehr als 20 Filmen muss das Marvel Cinematic Universe andere Seiten aufziehen. Nicht etwa, weil Fans das fordern, sondern schlichtweg, weil es das kann, sich die Talente vor und hinter der Kamera befinden und der sich über die Jahrzehnte hinweg angesammelte Comic-Stoff es hergibt. Bereits in WandaVision wurden neue Pfade beschritten, die unkonventioneller kaum sein könnten. Falcon and the Winter Soldier zeigte sich eher wieder als traditionelle Kost, dafür erstaunlich zeit- und weltpolitisch. Loki schlägt augenscheinlich die Mitte ein: Die Geschichte soll sich als Science-Fiction-Krimi-Storyline entpuppen. Damit eignet sich das MCU eine weitere Couleur an, die es auf der Palette an Genres und Erzählvarianten in dieser Form noch nicht gab. Obwohl sich die Serie bereits jetzt als Science-Fiction klassifizieren lässt, sticht als erstes der ungewöhnliche Look ins Auge. Regisseurin Kate Herron (Sex Education) setzt auf 70er-Jahre-Stilistik, der visuell eher weniger Futurismus mit sich bringt. Dazu passt auch der erklärende Cartoon um Miss Minutes, der wie eine späte Trickfilmproduktion der 1970er aussieht.
Zeit ist ein rares Gut
Zeit ist seit Doctor Strange eines der wertvollsten Güter des Marvel Cinematic Universe. Auch in Loki spielt die Zeit eine tragende Rolle und es ist geradezu bezeichnend, dass das Drehbuch von einem Autoren stammt, der sich damit nur zu gut auskennt. Michael Waldron verantwortet nämlich das Skript des zweiten Doctor Strange-Films, der bekanntermaßen das Multiversum zum Gegenstand hat. In Loki werden solche Multiverse als Gefahrenquelle dargestellt, die viele Risiken mit sich bringen. Die erste Folge setzt dahingehend bereits einige Ausrufezeichen, denn es scheint beinahe klar, dass ein großes Chaos entstehen wird. Wenn nicht in Loki, wo sonst? Der Gott des Schabernacks ist sich nämlich für nichts zu schade.
Loki und Mobius: Ver- oder Misstrauen?
Wieder einmal hat Loki Glück: Anstatt einer Bestrafung wartet die helfende Hand Mobius’ auf ihn und verschont ihn vor einem harten Urteil der Richterin. Die erste Folge fühlt sich exakt so an, wie man die Stimmung Loki auch zuordnen würde: Skurril, verrückt, immer am Rande des Chaos und locker-leicht. Allzu viel passiert nicht und bis auf einen kurzen Kampf gibt es auch keine Action-Einlagen. Geradezu entschleunigt fühlt sich die Folge an, was wiederum sehr gut zur Thematik passt. Das bedeutet vor allem aber auch Platz für Schauspiel und ist somit die ideale Bedingung für Tom Hiddleston, der einmal mehr unter Beweis stellt, weshalb er zu den größten Talenten des MCU zählt. Im Zusammenspiel mit Owen Wilson funktioniert er noch einmal besonders gut. Die Chemie beider Protagonisten wirft bereits jetzt eine Frage auf: Kann Mobius Loki trauen oder wird Loki auch ihn hinters Licht führen?
Fazit
Die erste Folge von Loki überrascht und überzeugt durch ihre Andersartigkeit. Die entschleunigte Erzählweise und der klare Fokus auf den Figuren und Zusammenhängen kommen nach Falcon and the Winter Soldier gerade recht. Loki ist wohl der am wenigsten berechenbarste Charakter des MCU und wird wohl alleine deswegen schon für viele Überraschungen sorgen. Folge 1 wirft ein spannendes Szenario auf, lässt aber völlig unklar, wohin die Reise gehen mag. Fest steht nur, dass sie abwechslungsreich und mit fiesem Humor gespickt sein wird. Denn Loki ist eben kein klassischer Protagonist, der die Dinge ordnet und zum Guten wendet, sondern auch mal ganz spontan das Ruder situativ herumreißen kann. Der besondere Look, die abgefahrene TVA und die tolle Chemie der Figuren machen die Serie bereits jetzt unheimlich spannend.
© Disney
Auf Loki habe ich mich am meisten gefreut und bin von der ersten Episode auch echt begeistert. Es wurde im Vorfeld viel mehr Werbung für die Serie gemacht als für WandaVision oder The Falcon and the Winter Soldier. Alleine die ganzen Trailer, die man wöchentlich rausgehauen hat.
Die Serie ist auch aus diesem Grund interessant, dass Loki in der TVA seine magischen Fähigkeiten nicht einsetzen kann und somit klar im Nachteil ist. Dennoch konnte er B-15 überlisten und es hatte zwar keine tödlichen Konsequenzen für sie, wie es Loki angedroht hatte, aber dafür dürfte es eine Schmach für sie gewesen sein. Berührend war die nachfolgende Szene als Loki sein eigentliches Schicksal betrachtet hat.