Resident Alien (Staffel 1)

In der Kategorie jener Schauspieler, die ein Talent für nicht-menschliche Rollen haben, ist Doug Jones (bekannt u. a. für seine Rollen als Hirtengott Pan oder Fischwesen Abe Sapien) für viele die unangefochtene Nummer 1. Doch warum es nicht mal mit Alan Tudyk versuchen? Ob Droide (I, Robot oder Rogue One: A Star Wars Story), menschelndes Boot (The Tick) oder die cartooneske Interpretation von Chaos-Meister Joker (Harley Quinn): Alan Tudyk reißt diese Rollen verlässlich. Deswegen verwundert es nicht, dass er auch bei der neusten Serie aus dem Hause Syfy involviert ist: Resident Alien. Was spielt er dieses Mal? Ein Alien im Körper eines Menschen. Klingt ja schon fast banal. Hierzulande fand die erste Staffel am 10. Juni 2021 ihr Ende.

Ein Alien mit der Mission beauftragt, die gesamte Menschheit auszulöschen, stürzt vor den Toren der Kleinstadt Patience in Colorado ab. Es tötet den Besitzer der erstbesten Fischerhütte, die er findet, und nimmt via molekularer Rekonstruktion die Identität des Toten an: Harry Vanderspeigle, seines Zeichens Arzt. Als im Laufe der Geschichte der stadteigene Arzt Sam Hodges tot aufgefunden wird, wendet sich die Polizei hilfesuchend an Harry, damit er bei den Ermittlungen hilft. Der tut das mit Freuden, zumal er sich mithilfe von Law and Order selber das Sprechen beigebracht hat, und bald schon wird er selbst als Ersatz-Stadtarzt eingestellt. Ein Job, bei dem er immer mehr in die Leben der Menschen verwickelt wird und über menschliche Fehler, Schwächen und Beziehungen lernt. Es wäre nicht verwunderlich, würde das das eigentliche Missionsziel (den Tod aller) gefährden.

Ein Alien im Kaff

Originaltitel Resident Alien
Jahr 2021
Land USA
Episoden 10 in Staffel 1
Genre Science-Fiction, Dramedy, Mystery
Cast Harry Vanderspeigle: Alan Tudyk
Asta Twelvetrees: Sara Tomko
Sheriff Mike Thompson: Corey Reynolds
D’Arcy Bloom: Alice Wetterlund
Max Hawthorne: Judah Prehn
Deputy Liv Baker: Elizabeth Bowen
Staffel 1 im Juni auf SyFy vgeendet

Ein Alien, das alle töten will, wird genötigt, sich mit einem Haufen von Originalen in einem verschlafenen Bergdorf herumzuschlagen. Formuliert man es so, dann erinnert die Prämisse von Resident Alien ein wenig an die Serie Ausgerechnet Alaska, in der ein Arzt aus New York ebenfalls genötigt wird, mit etwaigen Dorfpomeranzen klar zu kommen. Hat man das im Kopf, dann weiß man ungefähr, auf welche Art von Vibes man sich bei dieser Serie einstellen muss. Harrys unorthodoxe Methoden, sowohl bei der Mordermittlung als auch im Hospital-Alltag, nehmen wir hauptsächlich durch die Augen von Harrys Krankenschwester Asta (Sara Tomko) wahr. Sie ist es auch, die ein soziales Netz um Harry aufbaut, in dessen Mitte Tudyk die Möglichkeit erhält, als stranges Alien zu glänzen. Er therapiert auf sehr fragwürdige Art und Weise den Pantoffelheld-Bürgermeister, versagt im Basketballspiel mit Einheimischen und erwehrt sich der Avancen einer Barkeeperin mit verschrobenen Geschmack. Man hat es nicht leicht als extraterrestrischer Todesbote.

Immer Ärger mit Harry

Die klare Stärke von Resident Alien liegt in der Köper-Comedy von Tudyk, der mit seinem sadistischen Schlafzimmerblick und diesem leicht verzogenen Mund seine Rolle als »Alien in einem menschlichen Körper« quasi perfekt ausreizt. Wir erleben ihn beim Nachplappern von Fernsehshows, beim »betrunken die Tanzfläche unsicher machen« und beim Versuch, romantische Beziehungen zu imitieren. Wird er mit »Arschpropf« beleidigt, dann entgleist ihm bei der anschließenden Google-Begriffsrecherche das Gesicht. Trifft er auf neue Menschen, versucht er sie anhand ihrer Mimik einzuschätzen (»Die da ist wie ein Kaninchen«). Dass die Serie nicht Gefahr läuft, reine Billo-Comedy zu werden, liegt an der stets im Hintergrund herum wabernden Möglichkeit, dass Harry den Sohn des Bürgermeister umbringen könnte, weil dieser als Einziger in der Lage ist, durch Harrys molekulare Deckung zu sehen.

Eine leicht chaotische Wundertüte

Was also ist Resident Alien? Sci-Fi? Comedy? Drama? Vielleicht am ehesten Sci-Fi-Dramedy. Denn zwischen den Momenten, in denen Harry »Klöten« googelt, ein Kind umbringen will oder sich über die Met saufenden Menschen bei Stonehenge aufregt, gibt es immer wieder Szenen, in denen ziemlich seriöses Business stattfindet. Dann geht es nämlich um häusliche Gewalt, unfreiwillige Adoption und Trauerbewältigung. Nicht zu vergessen der Mord, den Harry trotz reichlich sozialer Ablenkung immer noch zu lösen versucht. Manchmal verhaspelt sich die Serie in ihrem Mix aus Comedy und Drama. Vor allem in der letzten Folge sind die Dialoge vor dem anstehenden Klimax ziemlich abgedroschen und/oder nicht glaubhaft. Anstatt sich auf Harry zu konzentrieren, der darüber grübelt, ob er Teil dieser Welt sein will oder nicht, werden mit Verlauf der Geschichte immer neue Fässer aufgemacht, die die Show komplexer machen, als es vielleicht nötig ist – Fässer, die einer ganz anderen Serie entstammen könnten. Auch die Charakterentwicklungen der Nebendarsteller sorgen für einen tonalen Schleudergang: Asta kaut an ihrer komplizierten Familienvergangenheit, Barkeeperin D’Arcy vereinsamt in ihrem persönlichen Rom-Com-Drama und das Gespann Sheriff & Deputy sitzt in seiner Cop-Komödie fest. Nicht zu vergessen dieser leicht verstörend ausstaffierte Tod des Bergsteigers, der rein visuell glatt aus Hannibal stammen könnte. Das macht Resident Alien zu einer kleinen Wundertüte: Man weiß nie so wirklich, was kommt. Auf die einen mag das chaotisch wirken, auf die anderen ausnahmslos genial. Die Macher jedenfalls sind sich dieses Umstandes bewusst, denn genau mit diesem Wundertüten-Effekt gehen sie auf ihren Cover-Postern hausieren.

Fazit

Wer auf der Suche ein bisschen Spaß und Eskapismus ist, der ist bei Resident Alien genau richtig. Es ist keine Serie, die das Hirn übermäßig beansprucht und die Formel, auf die sich die Serie beruft, ist auch nicht sonderlich neu. Dafür aber hat Resident Alien den wunderbaren Alan Tudyk in petto, der mit seinem verschrobenen Schlafzimmerblick alle Fehler wieder wettmacht. Der Humor ist strange, manchmal geradezu herzerwärmend, manchmal unpassend, aber so muss das halt bei kurzweiligen und überraschenden Wundertüten. Die Selbstbeschreibung auf den Cover-Postern (»Sci-Fi, Murder Mystery, Doctor Dramedy«) kann man jedenfalls als sehr zutreffend bezeichnen. Zwischen den aktuell laufenden, im Vergleich dazu schwergewichtig wirkenden Serien erzeugt Resident Alien mit seiner saloppen Schludrigkeit einen ganz eigenen Charme.

© Syfy

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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