Detroit: Become Human

Eines der meisterwarteten Videospiele des Jahres 2018 feierte am 25. Mai desselben Jahres sein Release – Detroit: Become Human, das von dem französischen Entwicklerstudio Quantic Dream (Heavy Rain, Beyond: Two Souls) entwickelt wurde, begeistert seitdem die Spieler und ist ein weiteres PS4-exklusives Game, das sich mehr wie ein interaktiver Film als ein klassisches Videospiel erleben lässt. Basierend auf der 2012er Tech-Demo Kara, geht es diesmal jedoch nicht auf die Jagd nach einem Serienkiller oder um den Umgang mit übernatürlichen Kräften, sondern um das Detroit des Jahres 2038, in dem Androiden zum Alltag gehören. Sie wirken auf den ersten Blick wie richtige Menschen, werden jedoch wie jede andere Maschine z.B. als Haushaltshelfer verkauft. In Detroit: Become Human möchten die Androiden jedoch keine Sklaven mehr sein und die selben Rechte wie die Menschen, sodass wir die Geschichten von drei Androiden verfolgen, die allesamt ihr ganz eigenes Ziel und ihre eigene Motivation haben.

    

Detroit, 2038: Die Menschen leben seit Jahren mit Androiden zusammen, die sich um die Kinder kümmern, den Haushalt schmeißen oder ihnen andere Gefälligkeiten leisten. Markus, der dem behinderten Maler Carl gehört, fungiert als sein Pfleger und wird von ihm wie ein Sohn behandelt. Connor ist hingegen der neueste Prototyp der Firma CyberLife und soll die Polizei auf der Jagd nach gewalttätigen Androiden unterstützen, muss sich dabei jedoch mit seinem missgelaunten Menschenpartner arrangieren. Kara fungiert als Haushalts- und Kinderpflegeandroid und lebt mit dem drogenabhängigen Todd und dessen kleiner Tochter Alice zusammen. Markus und Kara werden jedoch durch einige Umstände zu sogenannten „Abweichlern“, die ihren eigenen Willen und Emotionen zu besitzen scheinen, sodass Markus unfreiwillig zum Anführer eines Androidenaufstandes wird, während Kara mit ihrem Schützling Alice versucht, nach Kanada zu fliehen…

Können Maschinen Gefühle haben?

Bereits das Eröffnungskapitel zeigt eine prekäre Situation: Ein Androide ist außer Kontrolle geraten, tötet den Familienvater und entführt die kleine Tochter. Er droht, mit dem kleinen Mädchen vom Dach zu springen. Als Connor versucht der Spieler Hinweise zu finden, was dazu geführt hat, um das Kind zu retten. Alleine diese Situation kann ganz unterschiedlich ausgehen. Es ist möglich, dass der Android mit dem Kind springt, es gehen lässt, er erschossen wird oder Connor sich gar selbst in einer Notsituation opfert. Unsere Entscheidungen beeinflussen die Geschichte und das zieht sich durch das gesamte Spiel. Danach lernen wir Markus kennen, der von seinem Besitzer Carl gut behandelt wird. So zeigt er ihm, wie man Klavier spielt oder wie man malt. Carl ermutigt Markus sogar dazu, seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln und zu tun, was er möchte. Markus wehrt sich dementsprechend, als er bedroht wird und wird somit zum Abweichler. Kara wird nach einer Reparatur von ihrem Besitzer Todd wieder nach Hause gefahren, sodass der Spieler zunächst die üblichen Haushaltsaufgaben von Kara erfüllen muss. Die kleine Alice verhält sich jedoch merkwürdig distanziert und bald wird klar, warum das so ist: Ihr Vater Todd misshandelt sie und war auch derjenige, der Kara beschädigt hat. Damit wird das sehr empfindliche Thema Kindesmisshandlung aufgegriffen. In einer stürmischen Nacht hat Todd erneut seine Wut nicht unter Kontrolle und droht, Alice totzuschlagen. Kara wird in diesem Moment zu einer Abweichlerin, sodass sie dem Befehl von Todd nicht gehorcht und stattdessen Alice beschützt. Auch diese Situation kann sehr unterschiedlich ausgehen und womöglich schon hier zum Tod einiger Charaktere führen, so ist es auch möglich, als Kara gar nichts zu tun und schlicht den Anweisungen zu gehorchen. Das endet jedoch mit dem Tod der kleinen Alice.  Danach begeben sich Kara und Alice auf die Flucht.

Weitreichende Konsequenzen

Auf den ersten Blick wirkt es, als hätten die drei Androiden Kara, Connor und Markus bis auf die Tatsache, dass sie eben Androiden sind, nichts gemeinsam und auch ihre Geschichten scheinen unverbunden. Doch schnell zeigt sich das Gegenteil: Connor ist als Ermittler bezüglich Abweichlerfälle natürlich auch hinter Kara und Markus her. Im Prinzip ermittelt man also als Connor gegen die beiden, wobei man selbst entscheiden kann, ob Connor wirklich nur eine emotionslose Maschine ist oder gar selbst Anzeichen eines Abweichlers aufweist, indem er untypisch handelt und z.B. fliehende Abweichler nicht erschießt, sondern gehen lässt. Auch wie sich die Beziehung zwischen Connor und seinem menschlichen Polizeipartner Hank entwickelt, hängt davon ab. Wie sich die Beziehungen zwischen Charakteren entwickeln, wird stets angezeigt und kann sich sowohl verbessern als auch verschlechtern. Kara trifft im späteren Spielverlauf auch auf Markus, da sie mit Alice nach Jericho kommt, um dort Papiere für das Passieren der Grenze zu erhalten.  Im Gegensatz zum lineareren Vorgänger Beyond: Two Souls sind bereits kleine Entscheidungen womöglich etliche Kapitel später gravierend und können über Leben und Tod entscheiden. Anhand eines Diagramms erfährt der Spieler nach jedem Kapitel, welche Entscheidungen er gewählt hat und welche Wege ihm verborgen geblieben sind. Dementsprechend schöpft Detroit: Become Human das System mit den Entscheidungen und deren Konsequenzen deutlich mehr aus als die vorigen Quantic Dream-Titel und bietet so einen enormen Wiederspielwert. So ist es in nahezu jedem Abschnitt möglich, erfolgreich zu sein oder aber zu scheitern – und dabei nicht nur Nebencharaktere, sondern auch einen der drei Protagonisten sterben zu sehen.

Rassismus und Ausgrenzung

Originaltitel Detroit: Become Human
Jahr 2018
Plattform PlayStation 4
Genre Adventure
Entwickler Quantic Dream
Publisher Sony Interactive Entertainment
Spieler Einzelspieler
USK

Kara und Alice befinden sich über den Spielverlauf stets auf der Flucht, dabei wollen sie nur glücklich in Sicherheit leben dürfen. Die Geschichte der beiden ist die vermutlich emotionalste von den drei Protagonisten und sorgt immer wieder für herzerwärmende oder traurige Momente. Markus sucht nach Jericho, einem Ort, bei dem man als Android Freiheit finden soll. In Wirklichkeit versteckt man sich hier aber mehr vor den Menschen und viele Androiden schalten sich mangels Ersatzteilen ab. Markus wird zur zentralen Figur von Jericho und möchte aktiv etwas ändern, sodass Menschen und Androiden gleiche Rechte haben. Dabei hängt es vom Spieler ab, ob er eine gewaltsame Revolution anzettelt oder einen friedlichen Protest führt. Dies kann auch gewaltige Auswirkungen auf Karas Geschichte haben, schließlich steuert Markus aktiv die öffentliche Meinung über Androiden. Die Ausgrenzung der Androiden erinnert z.B. mit abgetrennten Busabteilen stark an den Rassismus in der Vergangenheit, aber auch an den, den es heutzutage noch immer gibt. Zudem werden Androiden gehasst, da sie zu einer hohen Arbeitslosigkeit führen. Selbst in Sex-Clubs sind Androiden, die man sich für eine bestimmte Zeit mieten kann, nun an der Tagesordnung. Die altbekannten Fragen nach Menschlichkeit und Identität werden behandelt. Insgesamt werden zwar einige Klischees abgespielt, die man aus Filmen mit ähnlicher Thematik kennt, dennoch zeigt das Game eine interessante, komplexe Geschichte. Lediglich einige Kapitel wirken sehr vorhersehbar, z.B. als Kara Hilfe bei einem Mann namens Zlatko sucht. Als Spieler ist man schnell misstrauisch und ahnt, dass er auf keinen Fal eine Hilfe sein wird.  Einige Wendungen können jedoch auch sehr überraschend sein und regen zum Nachdenken an.

Inszenierung wie ein großer Film

Ohne Frage: Die Grafik in Detroit Become Human ist mehr als beeindruckend. Insbesondere die Figuren und deren Gesichter sind ausgesprochen realistisch und jede kleinste Mimik ist klar erkennbar. Dies wird dem Motion Capturing-Verfahren verdankt, dank dem wir Valorie Curry (The Tick) als Kara, Jesse Williams (Grey’s Anatomy) als Markus und Bryan Dechart (Awakened) als Connor zu sehen bekommen. Das Detroit des Jahres 2038 wirkt dabei gar nicht so sehr wie Science-Fiction, sondern durchaus so, wie es in 20 Jahren aussehen könnte. Anhand verschiedener Magazine, die man im Spielverlauf findet, kann man unter anderem das Weltgeschehen verfolgen und bekommt dabei mit, dass es starke Spannungen zwischen Amerika und Russland gibt. Da Detroit: Become Human ein interaktiver Film ist, fällt das Gameplay wie bei den anderen Titeln des Entwicklers sehr minimalistisch aus. Zumeist müssen nur simple Bewegungen oder das Drücken von Knöpfen ausgeführt werden, während in actionreicheren Szenen das Können in Quick Time Events gefordert ist. Wichtiger ist das Auswählen der Dialogoptionen in Gesprächen und das Treffen der Entscheidungen, die den Spieler öfter moralisch fordern, aber natürlich kann man auch die Umgebung erkunden, wenn man die Figur mittels dem linken Stick bewegt. Der Soundtrack trägt zur filmreifen Inszenierung maßgeblich bei, sodass es sich wirklich anfühlt, als würde man hier einen eigenen Film spielen – was man im Prinzip auch tut. Neben der englischen Vertonung ist dabei auch eine deutsche Synchronisation anwählbar, wobei man sich zusätzlich Untertitel anzeigen lassen kann.

Detroit: Become Human ist eines der meisterwarteten Games meinerseits, allein schon da ich bereits Heavy Rain und Beyond: Two Souls großartig finde. Seit dem ersten Teaser habe ich mich wahnsinnig darauf gefreut und ich wurde nicht enttäuscht. Mittlerweile konnte ich die Geschichte bereits zweimal auf unterschiedliche Weisen und mit einem jeweils unterschiedlichen Ende erleben und bin erstaunt, was Quantic Dream wieder für ein einzigartiges Erlebnis erschaffen hat. Die Entscheidungen und deren Auswirkungen sind nun quasi in fast jeder Szene spürbar und je nachdem bleiben ganze Abschnitte verwehrt, so habe ich selbst den Abschnitt des Vernichtungslagers nie gespielt, da Kara und Alice bei mir entkommen konnten anstatt erwischt und dorthin gebracht zu werden.  Besonders berührt mich die Geschichte von Kara und Alice, da die beiden wirklich wie Mutter und Tochter wirken, die einfach nur in Frieden leben wollen. Der Plottwist, dass Alice auch ein Android ist, macht durchaus Sinn und erklärt einige Aspekte. Ob man diesen Plottwist nun gut findet oder nicht, ist sicherlich Geschmackssache, aber ich finde, damit haben die Entwickler den Spieler auf die Probe gestellt. Ändert es etwas, wenn man weiß, dass es sich um ein Androidenkind und nicht um ein Menschenkind handelt? Eine Frage, die nun dem Spieler selbst gestellt wird. Für mich kam der Plottwist nur noch bedingt überraschend, da ich das durch die Frage von Luther, ob Kara denn nichts an Alice aufgefallen sei, vermutet habe. Doch zu Beginn des Games hätte ich das nicht gedacht.  Aber auch mit Markus den Aufstand anzuführen, ist sehr interessant und bei vielen Entscheidungen, die ich in meinem ersten Durchgang gemacht habe, habe ich diese schnell bereut. Doch wie im realen Leben müssen wir hier mit unseren Entscheidungen und deren Konsequenzen leben. Das Ende des Spiels ist aber zumindest bezüglich der neuen gesellschaftlichen Struktur eher offen. Egal ob mit Markus ein gewaltsamer Aufstand oder ein friedlicher Protest inszeniert wird, verläuft dies erfolgreich, könnten Androiden endlich Rechte bekommen. Wie genau das aber aussehen soll und wie es weitergeht, bleibt offen. Dennoch gefällt mir besonders das Ende des friedlichen Protests, da hier die Präsidentin verstanden hat, dass es nichts bringt, die friedlichen Androiden zu töten.  Mich hat die Geschichte in jedem Falle sehr mitgerissen und auch, dass man beeinflussen kann, wie sich die Beziehungen der Charaktere entwickeln, empfinde ich als schöne und wichtige Ergänzung. Gerade Connor, den ich bisher stets so gespielt habe, dass er keine reine Maschine ist, ist in Kombination mit Hank wirklich cool. Bei vielen Situation ist mir gefühlt fast das Herz stehen geblieben, weil ich Angst hatte, dass ich es nicht schaffe, meine Charaktere unversehrt durchzubringen. Die Atmosphäre ist einfach extrem gelungen, sodass ich Detroit: Become Human womöglich als gar bisher besten Titel des Entwicklers betrachte, zumindest steht es den Vorgängern in nichts nach. Wer mit der Thematik zumindest etwas anfangen kann und kein Problem damit hat, sich auf die Geschichte und Charaktere zu konzentrieren, während das Gameplay eher mau ausfällt, sollte definitiv einen Blick riskieren. Denn Detroit: Become Human bietet eine spannende Geschichte mit gesellschaftskritischen Themen und einem echten Wiederspielwert.

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Ayla

Ayla ist Schülerin und beschäftigt sich hobbymäßig mit allen möglichen Medien, ohne dabei Beschränkungen zu kennen. Dennoch ist sie vor allem ein Serien- & Game-Junkie und liebt besonders actionreiche und dramatische Inhalte, wobei sie gleichzeitig für viele kindliche Themen zu haben ist, weshalb sie weiterhin großer Disney-Fan ist. Abseits ihrer Leidenschaft des Sammelns ihrer Lieblingsmedien schreibt Ayla gerne selbst Geschichten oder zeichnet Bilder, um sich so zu entspannen.

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