Moonlight

Es war eine der spektakulärsten Pannen einer Oscar-Verleihung überhaupt, als La La Land den Oscar für den besten Film 2016 kassieren sollte, um nur wenige Sekunden später zurückgerufen zu werden: Moonlight sackte die Trophäe ein, was für eine doppelte Überraschung sorgte, schließlich handelte es sich bei diesem Film um einen der stillen Favoriten, während La La Land dank prominenter Besetzung bereits im Vorfeld jegliche Aufmerksamkeit an sich riss. Der “Jahrgangsbeste” kommt ohne große Namen und mit geringem Budget aus und schien eigentlich prädestiniert zu sein, als Kritikerliebling in der breiten Masse unterzugehen. Doch schließlich kam alles anders.

  

Chiron (Alex R. Hibbert) ist ein schweigsames Kind, das unter seiner cracksüchtigen Mutter Paula (Naomi Harris, 28 Days Later), leidet. In dem Drogenhändler Juan (Mahershala Ali, House of Cards) und dessen Freundin Teresa (Janelle Monáe, Hidden Figures – Unbekannte Heldinnen) findet er eine Ersatzfamilie, die sein Selbstbewusstsein stärkt. Sieben Jahre später macht Chiron (Ashton Sanders, Straight Outta Compton) mit seinem besten Freund Kevin (Jharrel Jerome, Mr. Mercedes) seine erste homosexuelle Erfahrung. Durch seine Andersartigkeit gerät er auch ins Visier seiner Mitschüler und ist deren Gewaltbereitschaft ausgesetzt…

Charakterdrama in drei Akten

Originaltitel Moonlight
Jahr 2017
Land USA
Genre Drama, Coming of Age
Regisseur Barry Jenkins
Cast Chiron: Ashton Sanders
Little: Alex R. Hibbert
Black: Trevante Rhodes
Juan: Mahershala Ali
Terrence: Shariff Earp
Azu: Duan Sanderson
Teresa: Janelle Monáe
Paula: Naomie Harris
Kevin (9): Jaden Piner
Kevin (16): Jharrel Jerome
Kevin, erwachsen: André Holland
Laufzeit 111 Minuten
FSK

Das Motiv von Cover und Poster des Films zeichnet beim genauen Hinsehen bereits auf, dass wir hier drei Lebensbschnitte einer Person zu sehen bekommen: Chirons Kindheit, seine Jugend und schließlich Chiron im Erwachsenenalter. Die dargestellten Szenen sind beinahe ausschließlich Schlüsselmomente, die erklären, wieso der erwachsene Chiron ist, wie er ist. Dazwischen gibt es ein Freundschaftsporträt über zwei Akte hinweg, bei dem nicht immer klar ist, wie die Grenzen definiert sind. Chiron ist stets das Resultat seiner Umwelt und ihn bei seinem Werdegang zu beobachten, geht unter die Haut. Die moralische Schere geht dabei so manches Mal auseinander, wenn etwa seine neu gefundene Vaterfigur Juan ihn einerseits erzieht und ihn Werte lehrt, andererseits jedoch Crack an Chirons Mutter vertickt.  Die erste Episode, die den Zuschauer die Welt durch die Augen eines Kindes betrachten lässt, ist feinfühlig erzählt, geht an einigen Stellen jedoch unter die Haut. Dabei fährt Moonlight selten die emotionale Wucht aus, die theoretisch möglich wäre. Das wird in der zweiten Episode deutlich, in der der Zuschauer zwar erfährt, dass Juan nicht mehr am Leben ist, jedoch wird dieses Thema nur am Rande aufgenommen.  Hier finden sich zwei Ereignisse wieder, die dafür sorgen, dass Chiron sein Wesen so sehr umstellt, dass er in Episode drei kaum wieder zu erkennen ist.

Stilistische Feinheiten trotz Low Budget

Regisseur und Autor Barry Jenkins (Medicine For Melancholy) scheint es am Herzen zu liegen, die Handlung irgendwo zwischen schmerzlichen Erkenntnissen und sanft erzählter Hoffnung zu platzieren. Die emotionale Dosis, die dem Zuschauer verpasst wird, driftet nie zu stark in eine Richtung ab. Dafür ist die Geschichte zu ausgewogen dargestellt, obwohl gleichzeitig angesichts der ausufernden Erzählung Längen entstehen, die dem einen mehr, dem anderen weniger Geduld abverlangen. Hier geht Jenkins einen anderen Weg: Weder macht er aus Chiron ein Problemkind, noch aus Moonlight einen Problemfilm. Dafür trägt auch die künstlerische Inszenierung maßgebend bei: Geschrei wird ausgeblendet und Streichermusik dominiert in vielen Einstellungen das Geschehen. Chirons Empfinden kommt durch flackerndes Badezimmerlicht und Polizeisirenen deutlich zum Vorschein. Die Art der Inszenierung fällt so intim aus, dass die Behutsamkeit der Hauptfigur wie ein Anliegen des Regisseurs erscheint. Es heißt, schwarze Menschen seien im Mondlicht blau, doch auch die Farbpalette blauer Farbe ist sehr breit gefächert.

Ein einfacher Film ist Moonlight sicherlich nicht, dafür geht einem Chirons Schicksal viel zu nahe. Es ist daher umso interessanter, dass der Film sich trotz des harten Tobaks auf den Beinen halten kann und nie so stark abrutscht, dass alles aus dem Gleichgewicht gerät. Dabei wird Chiron wirklich einiges abverlangt… Kevin hätte ich echt verprügeln können als er Chiron hintergeht. Daher meinen vollen Respekt an Chiron, dass er über sich hinauswächst und Kevin verzeihen kann. Die Momente als die beiden im Erwachsenenalter wieder aufeinander treffen, sind authentisch und absolut glaubhaft. Es knistert zwischen den beiden und man spürt, wie bewegend diese Augenblicke sein müssen nach all dem, was hinter ihnen liegt. Man erfährt den Ausgang der Geschichte nicht, doch ich wünsche beiden, dass sie auf irgendeine Weise zueinander finden können.  Moonlights einziger Makel ist vermutlich die ausufernde Erzählweise, die ein wenig Puste voraussetzt, aber bei vielen Zuschauern sicherlich auch Euphoriestürme verhindert. Ein Film, der voraussetzt, dass man sich Zeit nimmt, aber auch gewillt ist, in die Entwicklungsgeschichte eines homosexuellen schwarzen Jungen einzutauchen.

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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