Don’t Worry Darling
Olivia Wilde ist vornehmlich als Schauspielerin (Dr. House) bekannt. Mit ihrem Regie-Debüt Booksmart feierte sie einen kommerziellen Erfolg und fand auch die Kritiker:innen auf ihrer Seite. Umso gespannter liegen die Blicke auf ihrem zweiten Film, Don’t Worry Darling. Nicht nur, weil dieser mit Florence Pugh (Black Widow) und Pop-Idol Harry Styles zwei zugkräftige Namen vorweisen kann, sondern weil es hinter den Kulissen so richtig knallte. Die Schlagzeilen um die persönlichen Schlammschlachten wollten schlichtweg nicht abreißen, brachten aber wohl auch jede Menge Publicity mit sich, sodass der Film in den USA direkt die Spitze der Kinocharts eroberte. In Deutschland lief er am 22. September 2022 an, nachdem er vorab das Fantasy Filmfest 2022 eröffnen durfte. Die Veröffentlichung auf Disc ist auf den 24. November 2022 datiert.
USA in den 1950ern: Alice (Florence Pugh) und Jack (Harry Styles) leben ein idyllisches Leben in einer kleinen Gemeinde namens Victory. Die kleine Stadt befindet sich inmitten der Wüste und ist vollkommen isoliert. Das Leben dort ist ausschließlich den Angestellten des Victory-Projekts vorenthalten, welches von dem visionären Frank (Chris Pine, Wonder Woman) geführt wird. Tagsüber fahren die Ehemänner arbeiten, während sich die Frauen um den Haushalt der blitzblanken Gemeinde kümmern und sich anschließend die Zeit mit Luxus vertreiben. Schöner könnte das Leben dort nicht sein und der einzige Preis sind Hingabe und Loyalität gegenüber Victory. Doch Alice beginnt plötzlich Dinge zu hinterfragen und ein Schlüsselereignis führt sie zu der Erkenntnis, dass dort draußen etwas anderes lauert. Das stellt sie vor eine großen Herausforderung: Das perfekte Leben oder die Wahrheit?
Wolken über dem Spießeridyll
Originaltitel | Don’t Worry Darling |
Jahr | 2022 |
Land | USA |
Genre | Psycho-Thriller |
Regie | Olivia Wilde |
Cast | Alice: Florence Pugh Jack: Harry Styles Frank: Chris Pine Bunny: Olivia Wilde Shelly: Gemma Chan Margaret: Kiki Layne Dean: Nick Kroll Peg: Kate Berlant |
Laufzeit | 123 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 24. November 2022 |
Don’t Worry Darling fängt Bilder ein, die aus einem Werbeprospekt der 1950er stammen könnten: Blankpolierte Oberflächen, perfekte Gärten mit aufgehängter grell-weißer Wäsche, ein strahlend blauer Himmel und für den Alltag aufgebretzelte Menschen. Das süße Leben wird von exquisiten, aber unaufgeregten Jazz- und Soul-Stücken begleitet, als könnte kein Wässerchen diese Harmonie trüben. Olivia Wilde und ihr Kameramann Matthew Libatique (The Fountain) finden eine fantastische Bildsprache, die jedem Auge schmeichelt. Trotz all des Retro-Rauschs wird schnell deutlich: Das alles ist einfach zu perfekt (im Sinne der unangreifbaren Makellosigkeit), um wahr zu sein. Je tiefer Alice gräbt, desto hässlicher wird es. Stück für Stück wird die Wahrheit offengelegt, die zum Kern der Geschichte wird. Was wirklich los ist, darüber lässt Olivia Wilde ihr Publikum lange im Unklaren, auch wenn Don’t Worry Darling seine Zuschauerschaft massiv unterschätzt. Dafür wird der Schein einfach zu lange zelebriert, als dass niemand schon von Anfang an miträtselt, was hier eigentlich los sein könnte. Interessant: Die Drehbuch-Idee der Brüder Shane und Carey Van Dyke erschien 2019 auf der Blacklist der beliebtesten, noch nicht realisierten Drehbücher. Was hat das nun zu heißen? Ganz einfach: In seinen besten Momenten kann das Drehbuch in seinen Bann ziehen, in seinen schlechtesten fällt es furchtbar eindimensional aus.
Tragende Performances
Das Publikum bleibt auf dem Wissensstand von Alice, mehr Infos gibt es einfach nicht. Das ist in Ordnung und macht den Teil aus, der zum Miträtseln einladen möchte. Interessanter ist allerdings die Meta-Ebene des Films, auf der es um Feminismus, Selbstbestimmung und Reflexion geht. Ein herausragender Beitrag zu diesem Themenspektrum liegt hier jedoch nicht vor, zu inkohärent ist das große Ganze erzählt, wodurch es viel mehr zwanghaft eine Form gepresst wirkt. Wie auch immer man zu der Entwicklung der Handlung steht, es bleibt jedoch unübersehbar, dass wir es mit einem schauspielerischen Schwergewicht zu tun haben. Florence Pugh bildet den emotionalen Kern des Geschehens und darf ihre volle schauspielerische Vielfalt unter Beweis stellen. Das Ausfüllen ihrer Rolle als Alice stellt einen Karriere-Meilenstein und wichtigen Eintrag in ihrer Filmografie dar. Harry Styles liefert eine unglaublich souveräne Performance ab und Chris Pine sowie Olivia Wilde wissen ebenfalls starke Akzente zu setzen. Diese Form der Schauspielkunst hievt den Film sogar einige Stufen höher, als er eigentlich stehen sollte. Ohne all diese und etliche weitere herausragenden Performances hätte es Don’t Worry Darling ein ganzes Stück schwerer, sich über seine Laufzeit von über zwei Stunden zum Ende zu schleppen.
Fazit
Don’t Worry Darling ist ein bildstarker Psycho-Thriller mit einem gewaltig aufspielenden Cast, der über jedem Zweifel erhaben ist. Der audio-visuell betörende Film liefert dabei hohe Produktionswerte ab. Man merkt deutlich, dass die Verantwortlichen Denkanstöße anregen und Gesellschaftskritik üben wollen. Das Drehbuch verlässt sich sehr auf sein Setting sowie einen anstehenden Twist, verpasst allerdings auch zahlreiche Gelegenheiten für eine kontinuierlich spannende Inszenierung. Don’t Worry Darling ist auf eine Weise faszinierend, verschenkt aber massig dramaturgisches Potenzial und möchte schließlich einen Twist als Knüller verkaufen, den ein erfahrenes Publikum bereits früh kommen sieht. Für ein Mainstream-Publikum empfehlenswert, alle anderen haben schon zu viele ähnliche Titel gesehen, die es besser machen.
© Warner Bros.