Letztendlich sind wir dem Universum egal
Es ist nicht ganz einfach, einen romantischen Film zu drehen, der etwas bislang nie Dagewesenes zeigt und den Zuschauer mit einer Prämisse konfrontiert, die er in dieser Form noch nicht erlebt hat. Kein Wunder also, dass Romanzen immer häufiger fantastische Anteile aufweisen oder Science-Fiction-Elemente mit sich bringen. So verhält es sich auch mit Letztendlich sind wir dem Universum egal, der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von David Levithan, dessen Bücher nicht nur Homosexualität im Fokus haben, sondern auch die freie, von Körpern losgelöste Liebe. Während die Hauptgeschichte aus As Perspektive erzählt ist, geht es in dem Parallelband Letztendlich geht es nur um dich um Rhiannons Wahrnehmung der Dinge. Fortgeführt wird die Buchvorlage im Herbst 2018. Letztendlich sind wir dem Universum egal ist aus vielen Gründen eine außergewöhnliche Coming of Age-Geschichte, die sich zu erzählen lohnt.
A ist eine Seele, die an keinen Körper fest gebunden ist. Jeden Morgen erwacht A in einer anderen menschlichen Hülle – niemals in derselben zweimal und immer im Körper eines Menschen, der sich im selben Umkreis bewegt wie der Mensch am Vortag. Geschlecht und Aussehen spielen dabei keine Rolle, nur das Alter der Personen ist immer gleich. Die 16-jährige Rhiannon (Angourie Rice, Spider-Man: Homecoming) wundert sich, als ihr Freund Justin (Justice Smith, Jurassic World: Das gefallene Königreich) sich nicht mehr an ein gemeinsames Date erinnern kann. Die Auflösung: Diesen Tag über steckte A in Justins Körper und konnte somit Rhiannon ein Stückchen näher sein, denn A ist unsterblich in Rhiannon verliebt. Nur wie soll sich A Rhiannon annähern, wenn A jeden Tag in einem anderen Körper steckt?
Flexibilität ist gefragt
Originaltitel | Every Day |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Romanze, Drama |
Regisseur | Michael Sucsy |
Cast | Rhiannon: Angourie Rice Justin / A: Justice Smith Amy / A: Jeni Ross Nathan / A: Lucas Jade Zumann David / A: Rory McDonald Megan / A: Katie Douglas James / A: Jacob Batalon |
Laufzeit | 97 Minuten |
FSK |
Was sich wie eine Gehirnjogging-Nuss anhört, ist zunächst auch für den Zuschauer eine gewöhnungsbedürftige Angelegenheit: Während Rhiannon zwar die Hauptrolle einnimmt, ist A an jedem Tag der Geschichte mit einem anderen Schauspieler besetzt. Das rotierende Verfahren sorgt dafür, dass nicht nur Rhiannon einige böse Überraschungsmomente erlebt. Auch das Publikum wird so manches Mal überrascht, wenn A etwa ein Mädchen ist oder gar in der Haut eines blinden Jungen erwacht und gar nicht anders kann, als für den Rest des Tages mit dieser Situation umzugehen. Dadurch mag manche Szene zunächst ungewöhnlich wirken, doch die Botschaft des Films sickert dadurch früh durch: Liebe ist körperlos und findet auf einer höheren Ebene statt, die frei ist von Oberflächlichkeiten. Eine Moral, die sich der Zuschauer gemeinsam mit Rhiannon erarbeitet, inklusive einiger Herausforderung, die in diesem Zusammenhang gemeistert werden wollen.
Viele Möglichkeiten, wenig Zeit
Der Stoff, der aufgrund seiner Identitätsthematik so komplex ist, dass man damit einige Filme füllen könnte, muss sich derselben Herausforderung stellen, die jede Buchvorlage im Falle einer Adaption mit sich bringt: Wie lassen sich die Informationen aus hier zwei Büchern nur in Spielfilmlänge unterbringen? Damit kämpft auch Letztendlich sind wir dem Universum egal. Schließlich muss nicht nur Rhiannon eine Entwicklung erfahren, sondern auch ihr Umfeld zum Leben erweckt werden, wenn A demnächst den Körper von jemandem aus der Klasse übernehmen könnte. Hier gerät der Film ins Stolpern, denn Rhiannons Bindungen sind eher oberflächlich ausgelegt und die Nebenfiguren werden meist auf nur eine Facette reduziert. Ob nun Rhiannons Familie oder ihr Schwarm Justin, mit Profil wird kaum jemand gesegnet. Das wäre nur halb so schlimm, wenn der Film nicht an allen Ecken und Enden Konflikte streuen würde, für deren Auflösung kaum Zeit bleibt. So sind zwar Bemühungen zu erkennen, alle losen Enden zusammenzuführen, doch in fast jedem Fall wird dabei der denkbar einfachste Weg gegangen – und das auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Das ist ohnehin ein Problem, denn mal ist Rhiannon eher kindlich und wirkt dann wieder plötzlich deutlich älter als 16, was die Geschichte immer dann so nutzt, wie es gerade zweckdienlich ist. Sprünge in der Charakterentwicklung bleiben nicht aus.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Sex
Ebenfalls einen einfachen Weg geht man mit dem Thema Sexualität. Da Rhiannon erst 16 Jahre alt ist, ist Sex als solcher nicht so wichtig. Die sexuelle Identität spielt innerhalb der Thematik aber eine wichtige Rolle, immerhin ist A körperlich nicht gebunden, was viele Fragen aufwirft. Aber Raum, um darauf näher einzugehen, entsteht nicht so richtig. Deshalb schöpft der Film nicht aus den Vollen und auch die Möglichkeiten, die sich für entsprechende Gags bieten, bleiben weitgehend ungenutzt. Das ist einerseits schade, da die Prämisse eine größere Spielwiese bietet, andererseits auch ernüchternd konsequent, wenn es ausschließlich um den romantischen Aspekt geht. Bereits ab der Hälfte der Spielzeit zeichnet sich auch bereits ab, dass für einen Ausgang nur eine Möglichkeit bleibt:
Die Thematik trifft einen Nerv bei mir. Deshalb versprach ich mir vorab viel von Letztendlich sind wir dem Universum egal und war mehr als nur offen für Szenen, in denen man einfach mal so richtig losheulen oder gerührt sein kann. Die lassen sich zwar finden, doch das Ausmaß bleibt spürbar klein. Dafür fehlt es der Geschichte nicht nur an Mut, sondern schließlich auch erwachseneren Protagonisten und mehr Spielzeit, um wirklichen Tiefgang zu erzeugen, bei dem man auch mitfiebern kann. So schippert die Geschichte eher seicht vor sich hin und bleibt dabei von ihrer Idee her stets brillant, doch zieht lieber spürbar kleine Kreise. Schade, denn mehr solcher Geschichten benötigen wir.