Whiteout

Mord in der Antarktis auf der McMurdo-Station. Und der einzige US-Marshall weit und breit ist Carrie Stetko, allein unter 400 paranoiden Männern. Der Comic Whiteout von Greg Rucka (Queen & Country) und Steve Lieber (Underground) vermengt diese beklemmende Situation mit einem frostigen Noir-Feeling für Hartgesottene und wurde 1999 für den Eisner-Award nominiert.

Carrie Stetko ist US-Marshall und in der Antarktis stationiert, völlig allein unter 400 Männern. Abgeschottet vom Rest der Welt und konfrontiert mit unwirtlichsten Wetterverhältnissen, beginnt die Lage sich zuzuspitzen, als man draußen im Eis die entstellte Leiche eines Wissenschaftlers entdeckt. Stetko muss sich beeilen und den Mörder finden, bevor die sechsmonatige Polarnacht hereinbricht und sie mit dem Täter eingeschlossen wird.

Whodunnit in kernigem Schwarz-Weiß

Originaltitel Whiteout
Jahr 1998
Land USA
Genre Thriller
Autor Greg Ruka
Zeichner Steve Lieber
Verlag Oni Press (USA), Cross Cult (D)

Das Erfolgsgeheimnis von Whiteout ist in erster Linie die Darstellung. Zeichner Steve Lieber ist in der Lage, sowohl die offene Einsamkeit der Antarktis, als auch die beengten, klaustrophobischen Wohnverhältnisse der Menschen, die auf der McMurdo-Station arbeiten, einzufangen. Die Gefahr, die in einem 08/15-Comic für gewöhnlich im Dunkeln lauert, kleidet sich in Whiteout in blendendes Weiß. Als Rezept für einen guten Thriller geht das Setting voll auf, denn Carrie ist in der Station gefangen, weil das, was draußen ist, sie töten kann – im vollen Bewusstsein darüber, dass das, was drinnen lauert, vielleicht noch viel gefährlicher ist.

„Sie haben Eierstöcke aus Stahl, Lilly.“

Carrie Stetko ist die Art von Frau, die man zwar mittlerweile vermehrt in der Medienlandschaft antrifft, die im Jahre 1998 aber noch eine Rarität gewesen sein mochte: schroff, pragmatisch, und absolut sympathisch. Eine Figur, die in ihrer Sprache und in ihrem Gebaren ganz hervorragend gezeichnet ist. Klein wie sie ist, wirkt sie, als trüge sie die Last der gesamten Welt auf ihren Schultern. In Wort und Tat beweist sie aber, dass sie eine Kämpferin ist. Sehr unterhaltsam sind deswegen ihre Konfrontationen mit der britischen Spionin Lilly Sharpe, die wesentlich stoischer und vor allem größer als Carrie geraten ist und die eine gewisse mysteriöse Homoerotik mit hineinbringt.

Whiteout in Hollywood

2009 erhielt Whiteout eine Filmadaption mit Kate Beckinsale in der Hauptrolle. Ein nicht unbekanntes Zugpferd, doch der Film floppte trotzdem. Das mag daran liegen, dass Regisseur Dominic Sena (Password: Swordfish) es versäumt hat, das Wesentliche des Comics zu übernehmen. Aktuell versucht man ja, eine geschlechtliche Monopolstellung stets zu vermeiden und so ist auch Carrie Stetko in der Verfilmung nicht die einzige Frau. Leider ist im Falle von Whiteout gerade die geschlechtliche Isolation wesentlich für die Atmosphäre, da immer die unterschwellige Gefahr des sexuellen Übergriffs im Raum steht. Weiterhin wurde die Figur der Lilly Sharpe gestrichen und durch den UN-Ermittler Robert Pryce ersetzt – die angedeutete Homoerotik fällt also auch weg. Und zu guter Letzt: Der titelgebende Whiteout als dramatische Schlüsselszene ist im Film nicht vorhanden. Davon mal abgesehen: Kate Beckinsale ist eine kuriose Wahl für die Rolle des geschlechtslosen, unpersönlichen Marshalls. Sie wirkt nicht wie jemand, der sechs Monate in der Einöde gefangen ist. Stattdessen schaut sie mit strahlenden Augen über die Eislandschaft, als würde sie dort Winterurlaub machen. Deswegen sei allen, die Interesse an der Geschichte haben, der Comic ans Herz gelegt.

Fazit

Whiteout ist ein gut gemachter Thriller, spannend und unterhaltsam. Und obwohl die Geschichte vielleicht noch etwas mehr Raum vertragen hätte, bin ich überrascht über den emotionalen Eindruck, den die Auflösung letzten Endes hinterlässt. Alles in Allem ist Whiteout ein gut verpacktes, kleines Mysterium für ein schnelles und befriedigendes Lesevergnügen und zeigt, dass die Welt der Comics nicht nur für Superhelden gemacht ist. Wer von Carrie Stetko nicht genug kriegen kann, für den gibt es die Fortsetzung Whiteout: Melt. Die konnte den Eisner-Award dann tatsächlich einheimsen.

 

©Cross Cult

 

 

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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