Peter Grant (Band 5,3): Die Füchse von Hampstead Heath

Manche Figuren entwickeln ein Eigenleben. Im Fall der jungen Abigail Kamara ist es so, dass sie nach ihrem ersten kurzen Auftritt in einer der Peter Grant-Romane, immer mehr Platz einforderte. So die Aussage von Autor Ben Aaronovitch, der jetzt klein beigab und der aufgeweckten Fuchsflüsterin ein eigenes Abenteuer schrieb. Angesiedelt zu der Zeit, währed Peter außerhalb Londons nach vermissten Kindern sucht, darf Abigail ebenfalls nach verschwundenen Teenagern fanden. Dabei bekommt sie Unterstützung der anderen Art: Eine vierbeinige Agententruppe gesellt sich zur ihr. Ob Die Füchse von Hampstead Heath: Eine Abigail-Kamara-Story genauso viel Spaß und Krimi-Action liefert, wie die Ermittlungen des Zauberlehrlings, schauen wir uns ganz genau an. Seit dem 17. September 2021 liegt die Novelle nämlich dank dem dtv-Verlag im deutschen Buchhandel aus.

Während Zauberlehrling Peter Grant in Herefordshire (Fingerhut-Sommer) nach vermissten Kindern sucht und dabei erfahren darf, dass Einhörner nicht nett sind und Flüsse befruchtet werden können, hat Abigail Sommerferien. Während sie sich zusammen mit ihrer Mum um ihren kranken Bruder kümmert, taucht plötzlich eine alte Freundin auf. Sie lädt Abigail zu einem Treffen in der Gegend um Hampstead Heath ein. Doch am vereinbarten Treffpunkt taucht niemand auf. Immerhin Peters Cousine lernt den freundlichen Jungen Simon kennen. Der wartet ebenfalls auf eine Freundin, die durch Abwesenheit glänzt. Für Abigail gehen da die Alarmglocken los und sie beginnt ihre Ermittlungen. Wie sich herausstellt, verschwinden immer wieder Teenager in der Gegend, nur um ein paar Tage später wieder putzmunter vor den Haustüren ihrer Eltern aufzutauchen. Sehr seltsam! Noch seltsamer, dass sie plötzlich pelzige Gesellschaft hat.

Blickwinkelwechsel

Originaltitel What Abigail Did That Summer: A Rivers Of London Novella
Ursprungsland Großbritannien
Jahr 2021
Gattung Roman
Band 5,3 / ?
Genre Urban Fantasy, Krimi
Autor Ben Aaronovitch
Verlag dtv
Veröffentlichung: 17. September 2021

Wie immer wird ein Peter Grant-Abenteuer aus der Ich-Perspektive einer Figur geschildert. Nur darf eben diesmal die Unruhestifterin Abigail in die Tasten hauen. Das bedeutet einige Änderungen des bekannten Ablaufs, denn die junge Dame kann nicht zaubern. Doch bevor es überall nun zu einem Aufschrei des Entsetzens kommt: Keine Panik ‒ unsere Heldin besitzt andere Fähigkeiten. So ist Abigail ein aufgewecktes Mädchen, das seine Nase immer wieder viel zu tief in Sachen hineinsteckt und daher doch einiges an Wissen mitbringt, was andere in ihrem Alter noch nicht vorweisen. Gerne geht sie dabei frech und vorlaut zur Sache. Sie bleibt aber immer sympathisch, denn wer würde nicht mit ihr mitfühlen, wenn ihr Wunsch zaubern zu lernen, daher rührt, dass sie einen Weg sucht, um ihren Bruder zu retten?

Ausgefuchstes Abenteuer

Auch in Die Füchse von Hampstead Heath: Eine Abigail-Kamara-Story geht es geschichtlich zur Sache. Weswegen Lesende wieder einiges über einen neuen Ort in London lernen. Ideal ist der Schauplatz vor allem für ein weniger blutiges Abenteuer. Dabei ist es von Anfang an recht spannend, was es mit dem seltsamen Verhalten der Kinder auf sich hat. Diesem Mysterium geht Abigail mit Verstand und ihren begrenzten Mitteln auf originelle Art nach. Zum Glück auch nicht alleine, denn Fuchs-Unterstützung naht. Bei den gemeinsamen Ermittlungen folgt im Verlauf dann einiges zum Schmunzeln. Die Vierbeiner reden nämlich in einer veralteten Agentensprache, die Nightingale entzückt. Außerdem bleibt der fröhliche Simon ein Gefährte auf der Suche nach der Wahrheit. Der Junge ist zwar nicht die hellste Birne, lockert die Stimmung aber immer wieder mit seiner unverblümten Art auf. Insgesamt also ein seltsames Ermittlerteam, aber eines, dem wir gerne bei der Arbeit über die Schulter schauen.

Der Rattenfänger von Hameln einmal anders

Zwei Teenager und eine Bande Füchse – na, das klingt doch nach Jugendbuch und genau das ist es mehr oder minder auch. Jedoch eines, das im bekannten Franchise aus dem Vollen schöpft. So dürfen natürlich die Flussgötter oder die Fae nicht fehlen, die auf eine Nicht-Magierin natürlich gleich einmal ganz anders wirken. Genauso ein etwas seltsames Haus, welches mit Visionen eine andere Art von Falle darstellt und damit zu einer Bedrohung wird, die es so in der Reihe noch nicht gab. Wer oder was die Kinder manipuliert und vor allem warum, deckt unser Team am Ende schlüssig auf. Ein paar interessante Weichen für zukünftige Abenteuer legt der Autor auch, denn neben den liebenswerten Füchsen lernen wir auch eine richtige Agentin kennen. Außerdem versah Aaronovitch die Geschichte mit Fußnoten, die Doktor Postmartin hinzufügte, damit Reynolds den Bericht versteht. Springt da ein Hinweis für die Zukunft ins Gesicht?

Fazit

Unruhestifterin, Fuchsflüsterin und Geistersucherin Abigail als Hauptfigur? Das klingt nicht nur witzig, sondern stellt sich am Ende auch als zutreffend heraus, denn die junge Dame ist eine liebenswerte Heldin. Immer etwas frech, hier und da vorlaut, aber immer im richtigen Maß. Dass sie so auch eine Bande knuffiger Füchse um den kleinen Finger wickelt, wundert nicht. Wobei die pelzigen dreisten Gehilfen so ihre eigene Art haben. Die Zusammenarbeit des ungewöhnlichen Teams lockt mit passendem Humor. Und das ist genau richtig, denn so gibt es neben den ernsten Themen wie den verschwundenen Kindern, den sozialen Problemen von Abigails Familie und natürlich ihrem sehr kranken Bruder, ein leichteres Gegenstück. Aaronovitch schafft es, das Gleichgewicht der unterschiedlichen Elemente – Magie, Ermittlungsarbeit und Klassenunterschiede – bis zum Ende perfekt ausbalanciert zu halten. Vor allem bietet Die Füchse von Hampstead Heath: Eine Abigail-Kamara-Story einen magischen Fall, ganz ohne Zauberlehrling, nach dessen Ende wir trotzdem gleich mehr wollen.

© dtv


Veröffentlichung: 17. September 2021

 

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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