Berlin: Rostiges Herz

Langsam, aber sicher, schwappt die literarische Bewegung, divers zu schreiben, auch nach Deutschland. Immer öfter finden sich Romane von nicht-weißen Autorinnen und Autoren und Titel, die mindestens einen LGBTQ-Charakter aufweisen. Wie immer sind es in unseren Landen die kleineren Verlage und Selfpublisher, die sich als erste an solche Inhalte wagen. Seit einigen Jahren veröffentlicht der Amrûn Verlag Werke, in denen sich nicht nur Frauen und Männer lieben. Mit Berlin – Rostiges Herz reiht sich 2018 nach Keine Helden ein weiterer Fantasy-Titel in die kleine, aber feine LGBTQI-Sparte des Verlages.

  

Im 22. Jahrhundert schafft es die Menschheit endgültig, den Planeten so sehr zu schinden, dass sie sich beinahe auslöscht. 900 Jahre später pulsiert Berlin, die Stadt am Meer, mit neuem Leben. In der dunkelsten Stunde kehrten die Zauberer aus ihrem Versteck zurück und retteten die letzten Überlebenden. Doch zwischen denjenigen, die mit der Gabe gesegnet sind und den Erfindern herrscht ein ewiger Zwist. Mathilda Sturm ist eine Erfinderin, welche die Tochter eines Großmagiers liebt. An deren Geburtstagsparty will sie Rosa ihre Liebe gestehen. Auch Fidelio Lafrenz hegt Hoffnungen auf eine Beziehung. Doch bevor überhaupt jemand seine Gefühle ausdrücken kann stirbt Rosa, ermordet mit dem Gift, welches den Erfindern zugeschrieben wird. Mathilda muss fliehen und versucht den wahren Mörder zu finden. Sie gerät zwischen die Fronten eines drohenden Krieges zwischen Erfindern und Zauberern.

Originaltitel Berlin – Rostiges Herz
Ursprungsland Deutschland
Jahr 2018
Typ Roman
Bände 1
Genre Fantasy, Steampunk, Dystopie
Autorin Sarah Stoffers
Verlag Amrûn Verlag

Fantasy mit einer Prise Steampunk

Eine Art Epilog, der mit einem Auszug aus Aufzeichnungen aus den dunklen Jahren beginnt, zieht einen sofort in den Bann der Geschichte. Und auch sonst lebt diese von interessanten Charakteren und einem spannenden Setting. Sarah Stoffers lässt ein Berlin aufleben, das nur noch vage mit dem heutigen vergleichbar ist. Immer wieder kommen jedoch Anspielungen an Plätze, die einem eine grobe Orientierung geben. Diese zu entdecken, macht einen Teil des Lesevergnügens aus. Auch die Steampunkelemente, die eingebaut wurden (was schon durch die Tatsache sicher gestellt ist, dass eine Gruppierung Erfinder ist), fügen sich gut in das gezeichnete Bild dieser Stadt ein. Man bekommt ein gutes Gefühl dafür, wie sich die Stadt in knapp 800 Jahren aus ihren Ruinen wieder entwickelt hat.

Worldbuiling mit kleinen Wermutstropfen

Ist die Welt von Berlin – Rostiges Herz größtenteils stimmig, so hakt es an der ein oder anderen Stelle. Schade ist zum Beispiel, dass viele Gedanken in die Möglichkeiten von magischen Wesen gesteckt wurden. Jedoch bleibt es bei diesen Möglichkeiten. Nur selten werden neben den Zauberern andere Gestalten genannt. Noch seltener werden sie aktiv in die Geschichte eingebunden. Am häufigsten liest man noch von den Kobolden. Eine schöne Stelle handelte von Irrlichtern. Allerdings kommen diese Szenen viel zu kurz. Allein im Sprachgebrauch der Figuren haben sich Drachen, Meerjungfrauen und andere Figuren einen dauerhaften Platz erobert. Ab und zu wirken Formulierungen auch zu sehr an unsere heutige Welt angelehnt, zu wenig an die Welt von Stoffers angepasst. Das sind aber oft nur Kleinigkeiten, die beim aufmerksamen Lesen auffallen.

Diversität: 1+

Sehr schön zu lesen ist, wie Charaktere abseits der weißen Norm eingebaut wurden. Wir finden einige People of Color in dem Roman und es wird wunderbar in die Geschichte eingeflochten, ohne großen Raum einzunehmen. Nachdem die Menschheit beinahe ausgelöscht worden wäre ist es erfreulich, dass alte Zwistigkeiten in Berlin – Rostiges Herz gar nicht erst wieder auftreten durften. Ebenso schön ist es zu lesen, wie Sarah Stoffers Liebe beschreibt – unabhängig vom Geschlecht. Die Autorin stellt vielmehr den Charakter ihrer Figuren in den Vordergrund, welche jeweils sehr gelungen sind. Vor allem Dialoge sind oft wunderbar geschrieben und nicht selten muss man beim Zusammenspiel zwischen Mathilda und Fidelio lachen. Bis zum Schluss schafft die Autorin es, ein Verwirrspiel darüber zu führen, wer nun der wahre Mörder ist.

Fazit

Für Steampunk bin ich ja immer zu haben. Auch Bücher mit mehr Diversität (ob vom Inhalt oder von der Herkunft) wecken verstärkt mein Interesse. Fremde Kulturen, andere Sichtweisen – das suche ich in Literatur und vermisse sie oft bei den Werken, die sich im Buchhandel finden lassen. Umso erfreuter bin ich, dass so ein toller Verlag wie Amrûn mich damit versorgt. Sarah Stoffers hat eine vielschichtige Fantasy-Geschichte geschaffen, die innerhalb des überschaubaren Handlungsraumes funktioniert. Einen Blick über die Grenzen Berlins hinaus hätte mir sehr gefallen, aber es gab ausreichend Anspielungen an die Welt, dass mir das nicht allzu schade vorkommt. Außerdem deutet sich am Ende des Buches eine mögliche Fortsetzung an, über die ich mich freuen würde!

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MadameMelli

MadameMelli ist im Berufsalltag als Informationsninja unterwegs und hilft Suchenden, die passende Literatur zu finden. In ihrem Freundeskreis ist sie als Waschbär bekannt und dementsprechend ist auch kaum ein Buch, Manga oder Comic (oder Tee) vor ihr sicher – alles wird in die Hand genommen, begutachtet und bei Gefallen mit nach Hause geschleppt. Nur nicht gewaschen, das wäre zu viel des Guten. Sinniert gerade darüber, ob es als Waschbär sehr gefährlich ist, Wölfe zu lieben, lässt sich davon aber nicht abhalten und schreibt in ihrer Freizeit selbst Geschichten. Manchmal auch über Wölfe. Oder Tee.

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