Psycho-Pass (Staffel 3)

Einwanderungsprobleme, Präsidentschaftswahlen und die Jagd nach einer geheimen Organisation — anstatt einen weiteren lahmen Aufguss der ersten Staffel von Psycho-Pass zu liefern, wagen sich die Drehbuchschreiber Makoto Fukami (Resident Evil: Vendetta) und Tow Ubukata (Fafner in the Azure: Dead Aggressor) diesmal in neue Gefilde vor. Doch Moment, wo ist unsere Heldin Akane Tsunemori eigentlich abgeblieben? An ihrer Stelle treten nämlich zwei komplett neue Ermittler, die sich auf der Suche nach den sogenannten mordenden Füchsen machen. Als ob es nicht schon genug Probleme gibt, denn das Überwachungssystem Sibyl-System thront immer noch über allen. Jedoch scheint dessen uneingeschränkte Macht Konkurrenz zu bekommen. Eine vielversprechende Ausgangsposition, welche Psycho-Pass 3 besitzt und dank Kazé Anime liegt die Anime-Serie seit dem 4. August 2022 auch hierzulande auf Deutsch vor, sodass wir auch ohne Dominator einen ganz genauen Blick darauf werfen können.

Tokio, im Jahr 2120: Durch die Öffnung des Landes für ausländische Einwanderer steht die Regierung vor neuen, größeren Problemen. Unbemerkt aller Augen agiert die Organisation Bifröst aus dem Schatten heraus, um ihr eigenes perfides Spiel gegen das Sibyl-System zu spielen und die Geschicke des Landes nach ihrem Willen zu formen. Da Akane Tsunemori wegen Mordes auf ihre Anklage wartet, werden neue Ermittler für Einheit 1 eingestellt: der russische Einwanderer Kei Mikhail Ignatov und der Mentalist Arata Shindou. Beide werden sofort mit einem neuen Fall beauftragt, der sie auf die Spur der sogenannten Füchse führt. Das ist den beiden jedoch recht, denn die Suche nach einer ganz bestimmten Wahrheit treibt die beiden wie besessen an.

Der Einwanderer und …

Originaltitel Psycho-Pass 3
Jahr 2019
Episoden 8 (in Staffel 3)
Genre Psychological, Science-Fiction, Action
Regie Naoyoshi Shiotani
Studio Production I.G.
Veröffentlichung: 4. August 2022

Psycho-Pass 3 startet sofort mit der Einführung vieler neuer abwechslungsreicher Charaktere. Unter anderem die beiden Inspektoren Kei und Arata, die von Anfang an frischen Wind in die Geschehnisse bringen. Beide suchen nämlich nach etwas, gehen dabei viele Risiken ein und begegnen dabei einem Problem nach dem anderen. So wird Kei von Anfang an immer wieder angefeindet, weil er als Ausländer kein Recht habe, in Japan zu sein. Gerade wegen der Augenbehandlung seiner liebenswürdigen Frau muss sich Kei vieles anhören und auch im Laufe der Handlung wartet eine entscheidende Wahl auf ihn. Dass er da vor Wut einmal austickt, können wir natürlich nachempfinden, denn der großgewachsene, sonst eher ruhige und bedachte Mann setzt sich stark für den Schutz der Wehrlosen ein. Mit seinem Partner Arata verbindet ihn eine lange Freundschaft, die jedoch durch die Jagd nach den Füchsen auf eine harte Probe gestellt wird.

…. der Mentalist

Neben Kei überzeugt der eher kleinere Japaner Arata mit ganz anderen Werten, denn so ist der fröhliche, aber schwer durchschaubare Charakter ein Mentalist. Mit Hilfe des sogenannten Mental-Tracings, eine Art herausragende Beobachtungs- und Kombinationsgabe, kann er nachvollziehen, was Menschen dazu bewegte, gewisse Dinge zu tun oder was sie erlebten. Diese spezielle Fähigkeit bringt viele Vorteile im Job als Ermittler, setzt den Körper aber unter schweren Druck. Was sich aber als viel schlimmer darstellt, sie lässt sich nicht einfach kontrollieren, weswegen andere ein wachsames Auge auf ihn werfen müssen. Zum Glück kann er diese Schwäche wieder ein wenig  ausbessern, da er als Parcourläufer schneller als andere ans Ziel kommen kann. Diese Kunst der effizienten Fortbewegung wird im Verlauf des Animes beeindruckend in Szene gesetzt und vor allem kann sich der Japaner damit von seinen Nahkampf-Kollegen absetzen. Ansonsten ist er eine sehr facettenreiche Figur. Vollstreckern, Opfern und Tätern bringt er den gehörigen Respekt entgegen und möchte jeden retten.

Wo ist Akane?

Die wohl größte Frage, die wir uns zu Beginn von Psycho-Pass 3 stellen, ist der Verbleib von Akane. Eine rasche Antwort gibt es, doch stellt uns das vor ein gigantisches Rätsel, denn niemals würde die mittlerweile souveräne Frau einen Mord begehen! Was jedoch damals genau passierte, bleibt unglücklicherweise weitestgehend im Dunklen. Doch ein paar Brotkrumen sähen die beiden Drehbuchschreiber, denn der Mord an Aratas Vater, der den jungen Inspektor verfolgt, scheint etwas damit zu tun zu haben. Natürlich genauso wie die Füchse, um die es sich immer wieder dreht. Wie wir außerdem feststellen, schrieben die Autoren vielen anderen liebgewonnenen Charakteren andere Aufgaben zu. Nobuchika Ginoza, Teppei Sugou und Yayoi Kunizuka stellen daher keine Mitglieder der Einheit 1 mehr dar. Jedoch müssen wir uns keine Sorgen machen, denn im Laufe der Handlung erfahren wir, was aus ihnen wurde.

Die Aktionseinheit des Außenministeriums

Einfacher wäre es vor dem Start der dritten Staffel die Filmreihe Sinners of System anzuschauen, da deren Handlungen einige Grundsteine für die dritte Staffel setzen. So lernen wir dort die vollbusige, selbstbewusste Frederica Hanashiro kennen, die sich im Verlauf von Psycho-Pass 3 einen kleinen Zickenkrieg mit Mika Shimotsuki liefert, die inzwischen zur kompetenten Abteilungsleiterin aufstieg. Die blonde Schönheit spielt hier ihr eigenes undurchschaubares Spiel, das sich einmal mit den Aktionen des Amts für Öffentliche Sicherheit (AÖS) decken, aber auch in eine ganz andere Richtung verlaufen. Spannung liegt daher immer in der Luft, sobald sie oder ihr Team die Bildfläche betreten. Tatsächlich dürfen wir uns immer wieder freuen, denn einige der vermissten Figuren, agieren nun in der Aktionseinheit, wie zum Beispiel Franchise-Liebling Kougami, der den Weg zurück nach Japan fand.

Das Spiel der Regenbogenbrücke

Das ergänzende Duo Kei und Arata gelangt schnell auf die Spur der Füchse. Einfach wird es dadurch aber nicht! Ähnlich wie ein Spinnennetz finden die beiden zwar einzelne Fäden, gelangen mit diesen aber nicht immer weiter ins Zentrum des Geschehens. Die Aktionen von Bifröst gestalten sich nämlich als sehr weitreichend und vor allem perfide getarnt. So müssen sich die Inspektoren im Lauf von Psycho-Pass 3 durch einige Fälle arbeiten, um überhaupt einen groben Plan von dieser Organisation zu bekommen. Schnell lässt sich sagen, dass auch wir Bifröst ins Netz gehen, denn ihre Aktion weckt unsere Neugier von der ersten Episode an. Dass wir das Bedürfnis verspüren, dringend weiterschauen zu müssen, liegt vor allem aber daran, dass trockene Themen hier leicht verständlich und packend erzählt werden. So muss sich Einheit 1 mit einer Art Immobilienblase auseinandersetzen, aber sich auch bei den Präsidentschaftswahlen einmischen, da die Kandidaten in Gefahr schweben.

Die Gegenspieler

Die Personen mit dem sogenannten Titel „First Inspektor“ der Organisationen machen es dem Team des AÖS nicht einfach. So zum Beispiel der gewiefte Koichi Azusawa, dessen Verhalten undurchschaubar ist. Intelligent auf jeden Fall, aber mit einem seltsamen Hang zum Humor, verwischt er so gut er kann jede noch so kleine Spur. Dass wir Zuschauer dabei einen tieferen Einblick in dessen abwechslungsreiche Tätigkeiten haben, bringt leider keinen Vorteil, denn auch für uns ergeben einige Dinge erst dann Sinn, wenn es schon längst zu spät für unsere Helden ist. Er lässt sich daher als ein ernstzunehmender Gegenspieler einstufen, dessen sicherer Stand bei Bifröst jedoch jeder Zeit ins Wanken geraten kann. Denn untereinander stehen die Schachfiguren der Organisationen im argen Konkurrenzkampf, daher dürfen wir uns auf ein perfides Katz- und Mausspiel freuen, bei dem erst am Ende klar wird, wer welches Tierchen darstellt.

Die Spitze der Pyramide

Allgemein leben die Mitglieder der Organisationen gefährlich, denn wer zu viel verliert, darf sich von seinem Leben verabschieden. Gerade deswegen bleibt es spannend, welches seltsame Spiel der gutaussehende Abgeordnete Homura Shizuka spielt. Er kommt am Anfang der Staffel neu an den dreiteiligen Spielertisch von Bifröst und setzt im Laufe der Handlung seine Mittel dafür ein, dass die Ermittler eine bessere Ausgangssituation besitzen. Was es aber mit seinem Ziel auf sich hat, wird nicht verraten, denn die dritte Staffel von Psycho-Pass enden mit einem gemeinen Cliffhanger und lauter offenen Fragen. Daher fühlt sich das erste Abenteuer mit Arata und Kei vielmehr wie ein Auftaktakt für ein ganz großes Epos an. Eines, das sich in puncto Dramaturgie nicht hinter Staffel 1 verstecken muss, da Kei am Ende zu einem Mitarbeiter des Feindes und damit zu einem Verräter wird. Daraus lässt sich nämlich vieles machen, daher sind die Hoffnungen auf eine weitere Staffel groß.

Der ganz normale Ermittlungswahnsinn

Trotz des vielen Spurenlesens bleibt natürlich die Action nicht auf der Strecke. Freunde handfester Auseinandersetzungen können sich diesbezüglich sogar sehr freuen, denn im Gegensatz zur zweiten Staffel, wo die Arbeit oft dem Dominator überlassen wurde, prügeln sich die Helden hier wieder häufiger mit Hand und Fuß. Da Kougami nun nicht mehr in der Folge seine Fähigkeiten unter Beweis stellen kann, darf der ehrfahrene Kei gerne einmal heran. Doch auch die neuen Vollstrecker teilen ordentlich aus. In der zweiten Hälfte der Staffel werden die Kämpfe leider aber wieder seltener, was schade ist. Diese lockerten immer wieder die komplexe Handlung hervorragend auf und sorgen für Schwung.

Qualitätsabfall

Den hohen Qualitätsanspruch, den die ersten Folgen an den Tag legen, kann Production I.G leider nicht halten. Die zu Beginn wahnsinnig flüssigen Kampfszenen mit passenden Kamerawinkeln suchen wir später vergeblich. Doch was sich als noch schlimmer herausstellt, sind die unsauber gezeichneten Figuren, die nur durch die grauenvollen Animationen übertrumpft werden. Wirklich schade, denn Psycho-Pass 3 startet optisch so vielversprechend. Der bekannte Neon-Look der Stadt ist auch hier noch vorhanden, dessen Anblick uns sofort in Visionen der Zukunft abtauchen lässt. Durch die diesmal oft besuchten Ausländerslums, die einen ganz eigenen chaotischen Stil haben, gibt es neue Reize für die Augen und noch mehr Abwechslung. Neben diesen neuen Orten wurden die frischen Figuren erneut von Mangaka Akira Amano (Reborn!) entworfen, wodurch sie sich perfekt ins alte PP-Universum stürzen können. Ob nun Strubbelkopf Arata oder der raue Vollstrecker Kazumichi Irie, vor allem die Damenwelt wird hier auf ihre Kosten kommen.

Das kommt doch bekannt vor!

Was die Klangwelt angeht, blieben die Noten für den Soundtrack wieder in der Hand von Psycho-Pass-Veteran Yugo Kanno (Ajin). Dieser schuf erneut eine abwechslungsreiche Begleitung, die gerade die Kampfszenen wieder ordentlich aufheizt. Aber auch die unterschiedlichen Charakter-Themen sind gelungen, sodass hier keine Wünsche offen bleiben. Richtig abgerundet wird die Musik der Staffel durch das leicht unkonventionelle Opening „Q-vism“ der neuen Band Who-ya Extended, von der wir hoffentlich noch viel in Zukunft hören werden. Der mitziehende Beat und besonders der interessante Text laden immer wieder zum Hören ein. Bildtechnisch erinnert es nur sehr stark an das zweite Opening der ersten Staffel, da der gleiche visuelle Stil verwendet wurde. Sogar einige Bildelemente, wie zum Beispiel ein Charakter, der gegen sich selbst kämpft, sind erneut vorhanden. Eine Sache für sich ist hingegen das Ending „bullet“ der Band Cö shu Nie. Ihr Song erinnert einige doch sehr stark an ihr Lied, welches sie für den Anime The Promised Neverland beisteuerte. Doch vor allem an der hohen Stimme der Sängerin werden sich die Geister scheiden.

Wer trat diesmal ans Mikrofon?

Während Yuuki Kaji (Eren in Attack on Titan) im Japanischen Arata seine Stimme verlieh, ging für die deutsche Vertonung Jan Makino (Rei in Free!) an die Arbeit. Für seinen Partner Kei waren es Yuuichi Nakamura (Gojo in Jujutsu Kaisen) und Florian Hoffmann (Balta in Platinum End), womit vor allem das Hauptermittlerduo prominent und in beiden Sprachen mehr als passend besetzt ist. Doch auch die Nebenrollen brauchen sich nicht verstecken, denn alleine mit einem Blick auf die weiteren deutschen Stimmen,sind wir nach nur wenigen Hörminuten mehr als zufrieden. So lauschen wir Johann Fohl (Ranga in Die Schleim-Tagebücher) als Fiesling Koichi Azusawa , Jenni Löffler als Mao Kisaragi (Carina in What If…?) oder Max Felder als Shizuka Homura (Yuu in Spriggan). Zur Freude der Fans traten auch alle etablierten Sprechenden für ihre Rollen wieder ins Studio, weswegen zum Beispiel Julia Stoepel gleich zu Beginn als Akane Tsunemori erklingt.

Fazit

Als alles andere als ein lauwarmer Aufguss entpuppt sich die dritte Staffel von Psycho-Pass. Gerade die frischen neuen Elemente wie die politischen Wahlen oder die Ausländerproblematik bringen neuen Wind in die Welt und fügen sich vor allem zu den bekannten Ansätzen und noch bestehenden Problemen perfekt hinzu. Das neue Ermittlerduo ersetzt nicht einfach bestehende Figuren, sondern sorgt für eine angenehme Erweiterung des Casts. Vor allem mit ihren anderen Herangehensweisen bei der Detektivarbeit machen sie schnell Lust auf mehr. Kampfszenen finden sich zwar eher selten, jedoch locken vor allem die komplexen Rätsel, sodass die wenigen Actionszenen eine schönen Kontrast bilden. Schade nur, dass das hohe Animationslevel, das wir vor allem aus der ersten Staffel gewohnt sind, hier nicht anhält. Immerhin Aratas Parcour-Einlagen oder andere Kampfszenen sehen top aus, nur in ruhigeren Szenen finden sich Fehler. Insgesamt bildet Psycho-Pass 3 einen würdigen, sehenswerten Nachfolger.

© Kazé Anime


Veröffentlichung: 4. August 2022

 

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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