Kuromukuro

Wenn ein Samurai in unserer Zeit landet, Rache schwört und gegen Aliens kämpft, klingt das nach einer seltsamen Kombination. Zu finden sind diese Elemente im Anime Kuromukuro aus dem Jahr 2016. Für sein 15-jähriges Bestehen produzierte P.A. Works (IRODUKU — The World in Colors ) diesen Originaltitel, der hierzulande auf Netflix abrufbar ist. Besonders auffallend ist, dass es sich um den ersten produzierten Mechatitel des Studios handelt. Der junge Samurai kämpft nämlich in einem riesigen schwarz-roten Roboter mit zwei Katana gegen die außerirdischen Eindringlinge. Na, ob das gut geht? Wer sich schlau machen möchte, der hat die Möglichkeit, sich auf der Streamingplattform zwischen mehreren Sprachfassungen zu entscheiden. Wir haben uns neben der Originalversion auch die deutsche zu Ohren kommen lassen.

    

Yukina muss das liegengebliebene Handy ihrer Mutter zur Arbeit bringen. Diese ist die Direktorin des nahgelegenen UN-Forschungszentrums. Deswegen ist es ihrer Tochter möglich, fast überall ein- und auszugehen. Yukina erledigt ihre Aufgabe und besucht dann einen der Forschungsräume, in dem gerade ein Artefakt untersucht wird. Es handelt sich um einen schwarzen Würfel, dessen Funktion unklar ist. Plötzlich beginnt der Kubus zu glühen und Unbekannte greifen die Einrichtung an. Wie sich herausstellt, landen überall auf der Erde gerade außerirdische Kampfroboter. Einer dieser Angreifer dringt in das Labor ein, woraufhin Yukina den Würfel berührt. Dieser öffnet sich und ein junger, nackter Samurai wird hinausgeschwemmt. Er stellt sich dem überforderten Mädchen als Kennosuke Tokisada Ouma vor, verwechselt sie dabei mit einer Prinzessin und besiegt den Eindringling mit einem Katana. Vor über 450 Jahren hat er schon einmal gegen die Ungeheuer — damit sind die Aliens gemeint — gekämpft. Dazu hat er das andere Artefakt benutzt, das sich im unteren Teil des Forschungszentrums befindet: Das Kuromukuro. Ein gestohlener Kamproboter der Aliens, welchen nur er zusammen mit der Prinzessin steuern kann. Im neuen Zeitalter angekommen schwört Kennosuke Rache für die früheren Taten der Ungeheuer. Dafür braucht er die Hilfe von Yukina, denn nur sie hat die Fähigkeit, zusammen mit ihm das Kuromukuro zu steuern.

Willkommen in der Zukunft

Originaltitel Kuromukuro
Jahr 2016
Episoden 26 (in 2 Staffeln)
Genre Science-Fiction, Drama
Regisseur Tensai Okamura
Studio P.A. Works

Kuromukuro ist ein bunter Mix aus vielen bekannten Elementen. Die Frage, die sich daher von Anfang an stellt, ist, ob diese Mischung funktioniert und ob sie vor allem durchweg unterhaltsam ist. Eine Antwort findet sich schnell, denn schon nach wenigen Folgen ist klar, dass das Konzept aufgeht. Allen voran ist dies der Chemie der beiden Hauptfiguren zu verdanken. Kennosuke und Yukina sind ein ungewöhnliches Duo, bei dem beide ihre jeweiligen Stärken und Schwächen haben. So muss sich Kennosuke erst einmal an das neue Leben gewöhnen. Dazu gehört nicht nur der Umgang mit der modernen Technik, was zur Freude des Zuschauers zu vielen lustigen Szenen führt, sondern auch seine veralteten Verhaltensweisen. So stürmt er gerne geradeaus in die Schlacht, ohne Rücksicht auf sein Leben zu nehmen. Etwas, was Yukina nicht gefällt und die daraufhin mehrfach versucht, seine Deckweise umzuändern. Das Thema Rache steht dabei oft zur Debatte. Gerade im späteren Verlauf nimmt sich der Anime die Zeit, darauf emotional einzugehen. Schließlich stehen dem Samurai viele Wege offen, doch kann er sich ändern? Und will er das überhaupt?

Liebe überwindet Zeitunterschiede

Da Kennosuke die Kampferfahrungen besitzt, ist es natürlich an ihm, Yukina zu beschützen. Jedoch ist dies angenehmerweise nicht immer der Fall. So hilft die Schülerin als Navigatorin im Kuromukuro aktiv im Kampf mit und gibt vor allem schlaue Ratschläge, da sie eine gute Beobachtungsgabe hat. Charakterlich ist sie bereit sich weiterzuentwickeln, hat ein gutes Durchhaltevermögen und knickt nicht gleich ein, selbst wenn Kennosuke einmal harsche Worte benutzt. Alles Eigenschaften, die sie zu einer sympathischen Figur machen, die sich langsam, aber stetig ins Herz des Zuschauers schleicht. Besonders die intimeren Szenen zwischen Kennosuke und ihr sind immer wieder liebenswert. Auf der einen Seite, weil beide ziemliche Dickschädel sind, und zum anderen, weil sich nach und nach Vertrauen aufbaut. Natürlich entwickelt sich diese Beziehung weiter, sodass es sogar zum Heiratsantrag kommt.  Recht amüsant geht es in diesem Punkt zu, denn der Samurai von heute braucht den einen oder anderen Ratschlag aus dem Internet, um seiner Maid die richtigen Fragen zu stellen!

Knackige Kämpfe im Mystery Plot

Während sich der Anime viel Zeit für seine zwei Hauptcharaktere nimmt, werden die Kampfhandlungen nicht vergessen. Nicht in jeder Folge wird gekämpft, was für einen Mechatitel doch ungewöhnlich ist. Viel eher setzt Kuromukuro darauf, immer wieder einen längeren ausgefallenen Kampf zu bieten. Für Actionfans heißt es daher etwas Geduld mitzubringen, doch das Warten lohnt sich. Ein besonderer Fakt ist, dass die Waffenauswahl der Mechas recht altertümlich ist. Verschiedene Formen von Schwertern, Speeren, Lanzen oder Tonfas kommen zum Einsatz. Daher passt auch die Kombination, dass ein Samurai hier der Hauptcharakter ist. Neben den Kämpfen sind von Anfang an einige Ungereimtheiten eingebaut. So redet Kennosuke ständig von Ungeheuern, doch schon nach dem zweiten Kampf stellt sich heraus, dass die Angreifer wie Menschen aussehen. Im späteren Verlauf taucht sogar ein Alien auf, das der Prinzessin bis auf Haar gleichkommt. Nach und nach kommen zu diesem Mysterium neue Puzzleteile hinzu, doch das Bild setzt sich später erst logisch zusammen. Es folgt auch eine Auflösung, was es mit dem Verschwinden von Yukinas Vater auf sich hat, welcher als Einziger vorhergesehen hat, dass die Ungeheuer wiederkommen werden. Ein anderes Rätsel behandelt den Fakt, dass Yukina als einzige den Mecha zusammen mit Kennosuke zu steuern vermag.

Lebendiges Setting, dank Kleinigkeiten und Nebenfiguren

Die Geister scheiden sich darin, ob es so gut ist, in vielen Folgen Nebensächlichkeiten zu erzählen. Nebenfiguren haben ganze Minihandlungsstränge, die immer wieder aufgegriffen und weitergesponnen werden. Wir lernen mehrere Klassenkameraden von Yukina näher kennen und vor allen deren Hobbies und Ziele. Doch auch wenn jemand die Szenen als eher unnütz betrachtet, so verleihen sie Kuromukuro eine sehr lebendige Stimmung. Viele dieser ruhigeren, lustigen Alltagsszenen sind auch entscheidend für die Wahl, die der Samurai am Ende der Serie trifft. Positiv fällt auch auf, dass das Kreativteam an Kleinigkeiten denkt. So entfachte Yukinas Curry eine Leidenschaft in Kennosuke, dass er sich in späteren Folgen selbst als Koch probiert. Schade ist nur, dass in der zweiten Staffel einige Dinge etwas zu schnell abgehandelt werden. So geht es ziemlich unter, dass sich hinter der Alienfrau Muerta nicht die Prinzessin verbirgt. Kennosuke, der noch Folgen vorher seinem Pflichtgefühl nachgeht und die Feindin unter Einsatz seines Lebens beschützt, nimmt diesen Fakt sehr schnell hin.  Womit sich der Zuschauer abfinden muss, ist, dass Kuromukuro an einem sehr spannenden, emotionalen Punkt aufhört und keine weitere Staffel in Sicht ist.  Kennosukes Wahl, die Erde zu verlassen, schockt nicht nur Yukina, sondern auch den Zuschauer. Doch im Hinblick darauf, dass die Alienarmee auf den Weg zur Erde ist, muss jemand den Kampf aufnehmen. Die Epilogszenen zeigen, dass auch Yukina nicht aufgibt und nun ihren Weg ins Weltall antritt. Es besteht daher die Hoffnung, dass die beiden sich wieder sehen.  Mittlerweile erschien ein Fortsetzungsroman mit dem Titel Kuromukuro: A Ghost at a Speed of 290,000 km per Second, was die Hoffnungen hochleben lässt, dass dieser auch irgendwann in Animeform umgesetzt wird.

Die Burg kenn ich doch!

Wie bei all ihren anderen Serien sind die Animationen von Studio P.A. Works flüssig und wunderschön anzuschauen. Ein besonderes Highlight ist, dass es sich bei den Schauplätzen des Animes um real existierende Landschaften handelt. Zwar gibt es z.B. kein UN-Forschungscentrum, aber den Stausee, sowie die umliegenden Berge, Ortschaften, Brücken oder Bahnstrecken. Wer Interesse hat, kann sich dazu folgenden Link näher anschauen: Vergleich Anime und reale Schauplätze.. Tensai Okamura (The Seven Deadly Sins) saß während der Produktion auf den Regiestuhl, und da der Anime keiner Vorlage entspringt, hatte er dabei viele Freiheiten. Das sieht der Zuschauer, denn so findet die finale Schlacht zum Beispiel nicht in der letzten Folge statt. Für das Charakterdesign war Yuriko Ishii (Nagi No Asukara) verantwortlich. Dieses überzeugt mit einfach wiederzuerkennenden Figuren, die neben unterschiedlichen Kleidungen auch mit einer Vielzahl an Gesichtszügen ausgestattet sind. Der stimmige, vielfältige Soundtrack, der zwischen modernen und japanischen Volksklängen variiert, stammt aus der Feder von Hiroaki Tsutsumi (Orange). Beide Openings sind von der Rockband Glay und heißen “Deathtopia“ und “Chou Onsoku Destiny“. Das erste klingt noch recht fröhlich, während der zweite Song schon ernstere Töne anschlägt. Ending Nummer eins heißt “Realistic“ und stammt von MICHI, ist recht poppig und flott, wohingegen “Eien Loop“ von Ami Wajima eine ganze Spur dramatischer erklingt.

Ein Samurai spricht Deutsch

Stimmlich kann neben der japanischen Sprachfassung auch die deutsche bis auf wenige Ausnahmen mithalten. Youhei Azakami verleiht dem Samurai im Japanischen seine Stimme. Eine Besonderheit ist, dass es seine erste Hauptrolle ist, was der Zuhörer jedoch nicht merkt. Im Deutschen hört der Zuschauer Florian Hoffmann (Vegeta in Dragon Ball Super), der seine Sache auch sehr gut macht. Dass Kennosuke aus einem anderen Zeitalter stammt und dementsprechend andere Worte benutzt, wurde beibehalten. Mao Ichimichi (Hikari in Digimon Adventure tri) spricht Yukina. Als deutsches Gegenstück spricht Anja Nestler (Miime in Space Pirate Captain Harlock) die Schülerin, jedoch ist ihre Leistung etwas durchwachsen. Ihrer Stimme fehlt der Ernst in einigen Szenen, was schade ist. Etwas anstrengend ist in der deutschen Fassung die Stimme von Tom Borden. Christoph Drobig spricht den Soldaten gleichbleibend in einer aggressiven Tonlage, was doch leicht nervig ist. Akte X-Fans können sich in Kuromukuro über einen kleinen Witz freuen: Franziska Pigulla — die deutschen Stimme von Agent Dana Scully — spricht eine FBI Agentin. Na, wenn das nicht Zufall ist!

Fazit

Kuromukuro bietet eine bunte Mischung und für mich geht diese wunderbar auf. Vor allem liegt es daran, dass die Mechas moderne Technik (z.B. Gravitationsschilde) mit altertümlichen Waffen kombinieren. Daher passt es einfach, wenn ein Samurai mit seinen Schwerttechniken dagegenhält. Womit mein Interesse geködert wurde, sind die Rätsel, die von Anfang an im Raum stehen. Dabei finde ich es gelungen, wie Kennosukes Erinnerungen sich nach und nach klären und wie auch Yukinas Vater ins Gesamtbild passt. Eine der größten Überraschungen ist dabei die Auflösung, dass Muerta nur ein Klon der Prinzessin ist. Kennosuke selbst finde ich einfach klasse. Es ist interessant zu beobachten, wie er anfangs sein Leben wegwerfen möchte, weil er keinen Herren mehr hat, dann aber sein neues Leben angeht. Dies ist vor allem Yukina zu verdanken, die ich ebenso schnell ins Herz geschlossen habe. Beide zusammen sind ein sympathisches Duo, denen ich gerne bei ihren Missionen und den ruhigen Momenten zugesehen habe. Mir gefällt es sehr, wie sich ihre Beziehung langsam, aber stetig entwickelt. Ich habe gefeiert, als der Heiratsantrag aus Kennosukes Mund kommt und gelitten, als dieser verkündet, dass er geht.  Emotional hat mich die Serie voll im Griff. Insgesamt finde ich auch nur ein paar Kleinigkeiten, die mich stören, weswegen ich keine volle Punktzahl vergebe. Ich wünsche mir von ganzem Herzen daher eine Fortsetzung, denn die Weichen für eine weitere, spannende Staffel sind gestellt.

Zweite Meinung:

Yay, Kuromukuro gehört absolut zu meinen Lieblingsanimes und das liegt nicht nur an der wunderschönen Grafik. Die Geschichte selbst ist schon ziemlich schräg, und zum Glück treten Charaktere auf, die die Handlung glaubwürdig vorantragen können. Bei aufgetauten Helden aus einem Vormaschinenzeitalter, die sich in High Tech Mechas schwingen, als wäre das völlig normal, da komme ich schnell an die Grenzen meiner Toleranz, weil das in der Regel einfach unglaubwürdig ist. Unser Held Kennosuke hier aber bringt die Erklärungen für sein Können mit, und die sind durchaus glaubwürdig. Dazu entwickelt sich die Story in einem angenehm zügigen Tempo. Richtig gut choreografiert finde ich die Kampfszenen, flüssig und packend dargestellt. (Wobei ich schon sagen muss, dass man uns als Zuschauer ja wohl auch mal etwas hätte gönnen können: Da tanzt ein nackter Samurai eine ganze Zeit lang durch das Bild und man sieht … nichts. Immer ist im ungünstigsten Augenblick etwas im Bild…) Mitgegangen bin ich auch bei manch einer Charakterentwicklung. Es tut mir leid, aber Yukina hat mir erst auf die letzten Meter zugesagt. Bis dahin fand ich sie einfach nur furchtbar, so launisch und zickig. Da freut es mich dann doch, dass sie endlich einen Sprung nach vorne machen konnte. Nicht allen Charakteren wird in Kuromukuro meiner Meinung nach genügend Platz eingeräumt, aber bei der begrenzten Anzahl der Episoden ist das auch nicht machbar, schon klar. Auf jeden Fall passt die BGM hervorragend zu den jeweiligen Szenen, und schon das Opening macht echt Laune. Kuromukuro steht auf meiner ReWatchList ziemlich weit oben. Gerüchte, dass es eine weitere Staffel geben soll, halten sich ja hartnäckig im Net, aber ich brauche das ehrlich gesagt nicht; den Rest der Geschichte stelle ich mir lieber selbst vor, wobei ich schon sehe, dass genügend Potenzial vorhanden ist, um etwas Anständiges aufzubauen.

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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