Disenchantment (Teil 3)
Über ein Jahr ist vergangen, seit Netflix den zweiten Teil von Disenchantment veröffentlichte. Ursprünglich war die Fortsetzung, also die erste Hälfte der zweiten Staffel (im Netflix-Duktus: Teil 3) bereits für 2020 geplant, doch dann machte die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Am 15. Januar 2021 wurden die Folgen schließlich online gestellt und Fans durften schnell feststellen, dass sich allzu viel nicht verändert hat in Königreich Dreamland. Nicht, dass Teil 3 keine neuen und erfrischenden Inputs parat hätte ‒ nur wird es nicht einfacher, den roten Faden zu behalten. Denn hält man sich einmal vor Augen, wann welche Figuren welche Reise und weshalb antreten, offenbaren sich die großen Schwächen von Disenchantment.
Nichts läuft wie geplant: Bean (Abbi Jacobson) ist mit Luci (Eric Andre) und Elfo (Nat Faxon) auf der Flucht vom Scheiterhaufen und hat in einer unterirdischen Welt alle Hände voll mit den Trogs zu tun. Einem Höhlenvolk, das unter dem Zepter von Beans böser Mutter, Königin Dagmar (Sharon Horgan), lebt. Diese versucht noch immer Bean zu manipulieren. Derweil schmieden Odval (Maurice LaMarche) und die Erzdruidin (Tress MacNeille) ihre Pläne weiter, Dreamland zu übernehmen, während sich Zøg (John DiMaggio) langsam von seiner Schusswunde erholt.
Make Dreamland great again!
Originaltitel | Disenchantment |
Jahr | 2021 |
Land | USA |
Episoden | 10 in Teil 3 |
Genre | Komödie, Fantasy |
Cast | Prinzessin Bean: Abbi Jacobson / Jenny Löffler Elfo: Nat Faxon / Heiko Akrap Luci: Eric André /Christian Intorp König Zøg: John DiMaggio / Marko Bräutigam Königin Oona: Tress MacNeille / Gabriele Schramm-Philipp Pendergrast: Eric André / Armin Schlagwein |
Veröffentlichung: 15. Januar 2021 |
Schwere Zeiten sind in Dreamland eingekehrt und ein “Make Dreamland Great Again”-Banner in Anspielung auf Donald Trump prangt über dem Thronsaal. Matt Groening fährt auch in Teil 3 wieder ein fantastisches Brimborium auf, dessen Einfallsreichtum brilliert. In Disenchantment stecken einmal mehr allerlei politische wie popkulturelle Referenzen, vor allem aber auch erzählerische Motive, die in das Mittelalter-Setting eingearbeitet wurden. Das dominierende Thema der Staffelhälfte ist wohl Einsamkeit: Auch wenn nicht explizit ausgesprochen, zieht sich dieses Thema konsequent durch die zehn Folgen. Ob nun der Geisteszustand von König Zog, Beans frisch geweckte Sehnsüchte nach Nähe oder das Schicksal einer Wahrsagerin, die Elfo kennenlernt. Doch letztlich sind die meisten Figuren dazu verdammt, keine tiefere Bindung zu finden. Auch wenn die Serie voll in ihrem Humor aufgeht, sind die meisten Figuren im Grunde tragisch.
Die Sache mit dem roten Faden
Erschreckend wird es, wenn man für einen Moment inne hält und mit Abstand betrachtet, wieviel Beanie und Co. eigentlich in Teil 3 herumgekommen und was die jeweiligen Gründe dafür sind. Daran macht sich auch schnell das große Problem der Serie bemerkbar: Der Handlung fehlt es einfach an einem roten Faden und so werden die Figuren von A nach B, B nach C, dann wieder zu A über die Landschaftskarte geschickt, um anschließend wieder zu B zurückzukehren. Figuren werden eingeführt, um Handlungen ins Rollen zu bringen, die sich als Nebensächlichkeit erweisen, aber eben die Zeit füllen. Zwar macht Disenchantment gerade aufgrund seines Abwechslungsreichtums Spaß, mäandert aber erschreckend viel herum. Zwischendurch leuchten allerdings immer wieder Verweise auf Teil 1 auf (etwa Prinz Merkimer), die unter Beweis stellen, dass es eben doch einen übergeordneten Plan zu geben scheint und durchaus ein inhaltlicher Aufbau vorhanden sein könnte. Die Entscheidung, den Plot nicht ausufern zu lassen und einzelne Abenteuer ausführlicher zu erzählen, scheint aber auch ein Mittel zum Zweck zu sein. Denn so wird auch verhindert, dass die Größe des Plots irgendwann die Gags übertrumpfen könnte.
Von Dreamland nach Steamland
Beanies Weg führt von Dreamland nach Steamland, ein kohlegetriebenes Land, das bereits in Teil 2 eingeführt wurde und voll auf Steampunk setzt. Dort hat der Industriekapitän Alva (Richard Ayoade) das Sagen, der sich zunächst einmal nicht zu erkennen gibt. Mit Steamland und vor allem seiner Freak Show wird Disenchantment um eine weitere fantastische Nuance angereichert, die erst einmal nicht in das mittelalterliche Fantasy-Setting passen mag, die Erzählwelt aber um faszinierende Bereiche ergänzt. Dazu gehört auch der kurze Abstecher ins Königreich der Meerjungfrauen, wo mit der sarkastischen Mora (Meredith Hagner) eine neue Prinzessin eingeführt wird. Ein Erzählpart, der zur Haupthandlung wenig beiträgt, aber vor allem zu Beans Weiterentwicklung, da sie dort eine ganz neue Seite an sich entdeckt. Ohnehin ist Teil 3 anzumerken, dass Bean sich enorm weiterentwickelt hat: Während ihr in Teil 1 noch ziemlich alles egal ist, bekommt sie es nun mit Romantik, familiären Bindungen und dem Gefühl von Hilflosigkeit zu tun. Das Resultat ist das Verhältnis zu ihrer Stiefmutter, der jetzigen Piratenkönigin Oona. Die beiden haben sich angenähert und Oona sogar ein mütterliches Verhältnis zu Bean entwickelt – wer hätte das jemals gedacht.
Alles, nur nicht vorhersehbar
Eines muss man Disenchantment dann aber doch lassen: Die Serie bleibt ein Überraschungsei, bei dem sich im Vorfeld nicht sagen lässt, welche Richtung die Handlung einschlägt und welche Charaktere dieses Mal im Fokus stehen oder vielleicht gar zur Randerscheinung werden. Weniger Screentime gibt es für Luci dieses Mal, der einen großen Teil der Screentime als Katze fristen muss, bis er eine zum Brüllen beiläufige Lösung für dieses Problem findet. Und auch Prinz Derek wird eher beiläufig erwähnt, dem ein paar Minuten mit Einhorn und Fee gewidmet werden, doch im königlichen Gefüge spielt er erst einmal keine große Rolle mehr. Teil 3 lässt seine Zuschauerschaft mit vielen offenen Fragen zurück. Wer ist denn nun die Person aus der Unterwelt, die Dagmar als Ehegatten für Bean ausgewählt hat? Wie kann Luci dem Himmel entfliehen? Ein geradezu untragbares Schicksal für einen Dämon nach seinem Tod. Werden die Oger Elfo verspeisen oder gibt es ein Happy End mit dem Trogs-Mädel Trixi? Nur eine Sache ändert sich wohl nie: Lange tot bleibt niemand.
Fazit
Humortechnisch ist Teil 3 von Disenchantment nun vollständig ausgereift und kann endlich davon zehren, dass sich die Figuren über die ersten beiden Teile hinweg entwickelt haben. Während diese Facetten spielend ineinander greifen, hinkt die Geschichte hinterher: Jede Folge scheint ein neues Ziel mitzubringen und so eiert die Handlung zehn Folgen lang herum, ohne ein Gefühl dafür zu vermitteln, was nun wirklich wichtig ist und was nicht. Es bleibt zu hoffen, dass Teil 4 einen klaren Fokus mitbringt und die Figuren nicht noch einmal unter Vorwänden auf Reisen schickt, nur um die Zeit auszufüllen.
© Netflix