Biomega

Vielleicht ist Tsutomu Niheis (Blame!) zweiter Manga-Streich Biomega in Zeiten einer Pandemie nicht die beste Lektüre! In dem Science-Fiction Werk aus dem Jahr 2004 verbreitet sich ein Virus unter der Menschheit und verwandelt diese in zombieähnliche Wesen, während verschiedene Organisationen ihren düsteren Machenschaften nachgehen. Wer jetzt trotzdem neugierig geworden ist, kann seit 2009 dank Egmont Manga auf eine deutsche Version zugreifen. Seit 2018 liegt dieses sechsbändige Werk sogar als gewichtige Luxury Edition vor. Zeit, uns zusammen mit dem Helden Zouichi Kanoe auf sein mit allerlei Gimmicks vollgestopftes Motorrad zu schwingen und in den Kampf um die Rettung der Menschheit zu ziehen.

   

Nach 700 Jahren gelingt es der Menschheit endlich wieder Kontakt mit den Kolonien auf dem Mars herzustellen. Doch was das Erkundungsteam auf dem roten Planeten vorfindet, ist alles andere als erfreulich. Schon sechs Monate später breitet sich nämlich der hochansteckende N5S-Virus unter der Erdbevölkerung aus, dessen Verlauf in der Regel tödlich endet, weil der Körper umgewandelt wird und die Seele verschwindet. Toho Industries schickt seinen Elitekämpfer Zouichi Kanoe auf die Suche nach dem jungen Mädchen Ion. Sie scheint der Schlüssel zu sein, um dem Virus Herr zu werden. Allerdings jagen auch das Amt für öffentliche Hygiene und eine weitere Gruppierung nach dem hellhäutigen Kind, dessen einziger Beschützer ein sprechender Bär mit Namen Kozlov ist. Zouichi muss sich deshalb beeilen, denn das Schicksal der Welt lastet auf ihm.

Ein Action-Feuerwerk …

Originaltitel Biomega
Jahr 2004‒2009
Bände 6 (L-Edition 1)
Genre Science-Fiction, Action
Autor Tsutomu Nihei
Verlag Egmont Manga (2009, L-Edition 2018)
Im Handel erhältlich

In Biomega lässt Nihei die Herzen von Fans futuristischer Geschichten höher schlagen. So ist unser Held nicht alleine unterwegs, da die künstliche Intelligenz Fuyu Kanoe ihn begleitet, die in seinem hochentwickelten Motorrad lebt und sich ihm in Form eines Hologramms zeigt. Das ungleiche Duo stößt dann im Verlauf der Handlung auf einige weiterentwickelte Wesen, über die sie nur dank powervoller Waffenkraft Herr werden. Da fliegen dann schon einmal einige Körperteile durch die Gegend. Für Zartbesaitete ist dieser Manga-Titel daher wirklich nichts und allgemein liegt das Actionlevel hier sehr hoch, welches der Autor in spektakulären düsteren Bildern präsentiert. Als abwechslungsreich, aber kurz lassen sich diese unterschiedlichen Konfrontationen bezeichnen. Da es jedoch sehr viele gibt, ist es nicht schlimm, dass einige interessant aussehende Gegner doch recht schnell ins verkümmerte Gras beißen.

…. mit immer abgespacederer Handlung

Viel eher stößt es sauer auf, dass bei der komplexer werdenden Handlung keine längeren Erklärungen folgen. So wirkt der Anfang noch wie eine flotte Jagt mit überschaubarem Personal, was sich jedoch immer mehr ändert. Einige Figuren bringen dabei längere Hintergrundgeschichten mit, die uns in wenigen Bildern erklärt werden, die aber so knapp sind, dass die Verständlichkeit wie ein Motorrad ohne Sprit auf der Strecke bleibt. Desto mehr Seiten vergehen, desto mehr wirkt es, als würde die Geschichte dem Autor sogar aus den Händen gleiten. Die Idee des später auftauchenden biologischen Widerschöpfers gestaltet sich zum Beispiel als kreativ, jedoch sind die nachfolgenden Ereignisse ziemlich seltsam bis unverständlich. Selbst nach mehrmaligem Lesen ändert sich dieser Zustand nicht unbedingt. Mit einem überstürzten Finale endet die Geschichte dann auch nur halb zufriedenstellend, was wirklich potenzialverschenkend ist.

Das Nihei-Universium

Und was ist mit unserem Helden? Tja, Zouichi Kanoe bleibt in den sechs Bänden leider ein sehr platter Held. Immerhin klärt Nihei sehr schnell, warum der gute Mann so einiges einstecken kann: Da er ein synthetischer Mensch ist. Doch alleine daraus hätte der Autor viel mehr machen können, vor allem aus dessen Grund, mit Leib und Seele dieser Aufgabe nachzugehen. Emotionen scheinen nicht im Spiel zu sein, so wenig wie diese aufblitzen. Im Grunde wirkt er sogar wie eine zweite Version von Killy aus Blame!. Schwarze Haare, dunkle Kleidung, nicht sehr gesprächig und mit einer starken Pistole bewaffnet. Im Gegenzug fehlt ihm jedoch das mystische des Wanderers, um irgendeine interessante Eigenschaft zu besitzen. Ob der Vergleich gewollt ist, sei einmal dahingestellt, denn andere Elemente fügte der Mangaka absichtlich wieder ein. Ohne sein geliebtes Toho Industries geht halt einfach nichts!

Zeichnungen im Wandel der Zeit

Der gelernte Architekt Nihei zieht mit seinen düsteren schraffierten Bildern in Biomega gerne in den Bann. Dabei überzeugen vor allem seine detaillierten Hintergründe, die perfekt in Szene eingefangenen Kämpfe und die teils absurden Ideen, denn zum Beispiel die E.T.-Anspielung mit Zouichi und seinem fliegenden Fahrgestell mit einem schreienden Bären auf dem Rücksitz hat etwas. Im Verlauf der Reise durch die immer seltsamer werdende Welt erleben wir, dass sich die Zeichnungen stark verändern. Die Begründung dafür liegt vielleicht darin, dass der Autor mittendrin zwei Jahre Pause einlegte. So gestaltete er die späteren Bände mit viel klareren Bildern und auch das Charakter Design veränderte sich leicht. Dabei geht unglücklicherweise ein Teil des Charmes verloren, denn gerade der düstere Stil wirkt mehr markanter und passender für die abenteuerliche, brutale Reise.

Fazit

Die Geschichte macht es einem nicht leicht durchzusteigen. Der Autor verpasst es schlicht, die komplexen Hintergrundereignisse ausführlich zu erklären und so einigen Figuren auch mehr Tiefe zu verleihen. Gerade Zouichi könnte ein spannender Krieger sein, wenn er mehr Persönlichkeit hätte und nicht nur von einem Kampf in den nächsten fahren würde. Leider geschieht das bei so vielen Charakteren, dass am Ende einem keiner von ihnen wirklich ans Herz wächst, was schade ist. Während die ersten Bände von Biomega handlungstechnisch überzeugen, wird es ab dem Punkt mit dem ausgedehnten Widerschöpfer zu abgedreht. Vor allem verläuft sich vieles in kleinere Nebengeschichten, die nicht einmal wichtig sind und keinen Mehrwert besitzen. Das plötzliche Finale enttäuscht dann leider in vielen Punkten. Schade, denn der Anfang der Manga-Reihe kann sich sehen lassen, was unter anderem an den coolen Kämpfen liegt, doch mit einer solch schlecht ausgearbeiteten Story und Figuren sollten die Finger wohl eher bei einer anderen Lektüre bleiben.

© Egmont Manga


Im Handel erhältlich:

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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