Why Don’t You Just Die!
Russland ist nicht unbedingt für rabenschwarze Komödien bekannt. Einen ersten Schritt um dieses Bild zu korrigieren, stellt das bitterböse Why Don’t You Just Die! dar. Der Plot des abgedrehten Gewalt-Exzesses könnte direkt aus einer nachmittäglichen RTL-Sendung stammen und erinnert in seiner kultverdächtigen Inszenierung an offensichtliche Vorbilder wie Quentin Tarantino (vor allem Kill Bill) und Guy Ritchie. Ein moderner Kultfilm, den der gerade einmal 30 Jahre alte Regisseur Kirill Sokolov (The Flame) mit einem fabelhaften Gespür für Timing (!) auf die Leinwand gebracht hat und bereits auf dem Fantasy Filmfest 2019 die Herzen und Lachmuskeln des Publikums im Sturm eroberte. Am 16. Januar 2020 erfolgte schließlich der Schritt auf die deutschen Leinwände.
Matvey (Aleksandr Kuznetsov) steht vor einer Wohnungstüre. In der Hand: Ein Hammer. Er klingelt. Die Türe geht auf und auf der anderen Seite steht Andrey (Vitaliy Khaev), der Vater von Matveys Freundin Olya (Evgeniya Kregzhde). Den Hammer in seinem Hosenbund versteckt, nimmt Matvey Platz am Tisch. Was wird als nächstes passieren? Sein Gegenüber ist Polizist und hat längst im Gefühl, dass hier eine wilde Tour de Force ins Haus steht.
Eine Kettenreaktion der Superlative
Originaltitel | Papa, sdokhni |
Jahr | 2018 |
Land | Russland |
Genre | Komödie, Thriller |
Regisseur | Kirill Sokolov |
Cast | Matvey: Aleksandr Kuznetsov Olya: Evgeniya Kregzhde Andrey: Vitaliy Khaev Tasha: Elena Shevchenko Oleg: Igor Grabuzov |
Laufzeit | 95 Minuten |
Seit dem 27. März 2020 im Handel erhältlich |
Ein russisches Wohnzimmer mit einer Tapete, wie wir sie klischeehaft in Russland erwarten würden. Das ist der Schauplatz des grotesken Slapstick-Smashers Why Don’t You Just Die!. Was genau die Ursache für Matveys folgenden Ausraster ist, wird erst in einer Rückblende erklärt. Das sorgt zwar dafür, dass der Zuschauer immerhin das Motiv des jungen Mannes kennt, doch alles Weitere bleibt völlig unvorhersehbar. Und das ist gut so! Denn trotz literweise Filmblut haben wir es mit einer waschechten Komödie zu tun, welche immer wieder die Karten neu mischt und stetig dafür sorgt, dass ein Vorhaben von irgendeinem (zumeist richtig doofen) Zufall torpediert wird. Das Verrückte daran: Noch weitere Figuren betreten im Laufe des Films die Wohnung und drängen alle Beteiligten in Erklärungsnot. Das widerum bringt die nächste inszenatorische Raffinesse ins Rollen.
Die Grenzen des guten Geschmacks genüsslich ausgereizt
Was besonders viel Spaß macht: Alles. Jedes Möbelstück der Wohnung wird in Mitleidenschaft gezogen, diverse Haushaltsutensilien zweckentfremdet und allerlei Brutalitäten ausgeübt, die einen mitfühlend die Lider hochziehen lassen. Kirill Sokolov beweist eine Menge Kreativität und hat immer wieder eine zündende Idee, wie weiteres Potenzial aus dem beschränkten Spielraum geschlagen werden kann. Dabei lässt er das eine oder andere westernartige Motiv entstehen, etwa wenn die Protagonisten in Zeitlupe ihre (wechselnden) Waffen einsetzen.
Pfiffiger Gewaltakt dank bestens aufgelegten Darstellern
Etwas blass bleiben die weiblichen Figuren, die allenfalls als schmückendes (und zu beschützendes) Beiwerk dienen. Der Feminismus ist in Russland noch nicht angekommen und degradiert Mutter und Tochter zu Randnotizen. Alle männlichen Figuren, allen voran Matvey und Andrey reißen die Aufmerksamkeit an sich. In ihren gegensätzlichen Rollen gehen Aleksandr Kuznetsov und Vitaliy Khaev voll auf. Ein wichtiger Beitrag, um den komödiantischen Aspekt zu tragen. Denn diese Produktion ist weit entfernt davon, ein grausamer Torture Porn zu sein, sondern bleibt durchgehend slapstickhaft und trotz aller Gewalt erschreckend charmant.
Fazit
Einmal mit Schmackes bitte! Why Don’t You Just Die! ist ein Partyfilm allererster Güte. Vorausgesetzt, die Partygäste sind nicht zu schmerzempfindlich und können das Blutbad ohne zuviel Empathie mitbaden. Wieder einmal ein Beweis dafür, dass selbst mit einem kleinen Budget auch aus dem beschränktesten Setting eine Menge herausgeholt werden kann. Dank den zahlreichen Twists und Turns schlägt die Entwicklung der Handlung immer wieder neue Haken und bleibt angenehm kurzweilig. Rundum gelungen.
© Alamode Filmdistribution