Two Heads Creek
Wenn man Englisch spricht, sollte man doch eigentlich weltweit ohne größere Verständnisprobleme durchkommen, möchte man meinen. Doch auch wenn in den USA und in Australien dieselbe Sprache gesprochen wird, sind Verständnis und gute Kommunikation nicht zwingend kongruent. Die britisch-australische Backwood-Komödie Two Heads Creek von Jesse O’Brien (Arrowhead) fußt auf genau jenem Umstand und holt weit mit der Rassismus-Klischeekeule abseits der Political Correctness aus, um ein blutiges Fest zu zelebrieren, das gleichzeitig die Lachmuskeln bedient. Deutsche Fans des Genres konnten den Titel als Eröffnungsfilm des Obscura Filmfest 2021 erleben oder dürfen ihn sich seit dem 27. August 2021 ins (wahlweise auch digitale) Regal stellen.
Das Leben des zurückhaltenden polnischen Metzgers Norman (Jordan Waller, Love & Friendship) und seiner exzentrischen Schwester Annabelle (Kathryn Wilder, Ready Player One) wird von einer Sekunde auf die nächste auf den Kopf gestellt, als sie erfahren, dass sie einst von ihrer Mutter aus Polen adoptiert wurden. Der Drang nach Aufklärung ist hoch: Ihre leibliche Mutter soll sich in Australien aufhalten und beide haben schon einen ersten Anhaltspunkt, wo sie zu finden sein soll. Doch nach der weiten Reise von Großbritannien nach Australien werden Norman und Annabelle mit einer Hiobsbotschaft konfrontiert: Ihre Mutter soll vor wenigen Tagen gestorben sein, so die Einheimischen. Die Geschwister versuchen die Situation gelassen zu sehen, immerhin scheint es einen Nachlass zu geben und eine Beerdigung wird sicherlich auch abgehalten werden. Doch das Gefühl, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, schleicht sich auf äußerst lauten Sohlen heran.
Fremdenklischees auf die Schippe genommen
Originaltitel | Two Heads Creek |
Jahr | 2019 |
Land | Australien |
Genre | Horror, Komödie |
Regie | Jesse O’Brien |
Cast |
Annabelle: Kathryn Wilder
Norman: Jordan Waller Hans: Gary Sweet Mary: Kerry Armstrong Clive: Stephen Hunter Apple: Helen Dallimore Uncle Morris: Don Bridges Noah: Kevin Harrington |
Laufzeit | 85 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 27. August 2021 |
Two Heads Creek ist weit mehr als einfach nur ein weiterer Backwood-Slasher. In diese Kategorie lässt sich der Film so oder so nicht einsortieren, denn anders als bei Wrong Turn, What the Waters Left Behind und Konsorten sind die Hinterwäldler auf den ersten Blick zivilisiert und vor allem extrem gesprächig, betreiben eine Schule, schippern Touris mit dem Bus durch die Gegend und halten eine dörfische Gemeinschaft am Laufen. Im Vordergrund steht jedoch das Geschwister-Duo, welches den Todesumständen seiner Mutter auf humoristische Weise nachgeht. Dazu aber später mehr, denn was erst einmal mehr Beachtung verdient, sind die sozialkritischen Untertöne, die nicht nur die Folgen des Brexit aufnehmen, sondern auch den Blick Einheimischer auf Ausländer. Damit das nicht zu eindimensional wird, befinden sich Norman und Annabelle inmitten einer buntgemischten Multi-Kulti-Touri-Gruppe, die zahlreiche Klischees schwarzhumorig bedient. Natürlich dürfen alles fotografierende Touris aus Asien dabei nicht fehlen! Fremdenfeindlichkeit zählt zu den Standardzutaten von Backwood-Produktionen. Two Heads Creek verpackt dies allerdings in einer schon fast übertriebenen Freundlichkeit, welche natürlich von kaum jemandem so schnell durchschaut wird. Allen Offensichtlichkeiten zum Trotze. Sehr schön ist dabei auch die plumpe Form des Rassismus, den die Einheimischen den Geschwistern gegenüber aufbringen – vor allem, wenn sich dann herausstellt, welchen Ursprungs die beiden wirklich sind.
Werden aus zwei Polen Australier …
Die als Gags angelegten Szenen weisen eine hohe Trefferquote auf. Entweder weil die Einheimischen ihre wahren Persönlichkeiten nur schwer unter Kontrolle halten können oder weil Norman und Annabelle einfach ein unschlagbares Duo sind. Die Chemie zwischen Jordan Waller (von dem auch das Drehbuch stammt) und Kathryn Wilder funktioniert wunderbar, da ihre Figuren als gegensätzliche Pole angelegt sind, die einander ergänzen. Während Norman jede Situation mit Kommunikation zu lösen versucht, hat Annabelle ihre Impulsivität nur schwer unter Kontrolle. Zumal sie ohnehin bereits eine kleine Berühmtheit zweifelhafter Natur ist … Two Heads Creek mag genrebedingt zwar keine besonderen Persönlichkeiten hervorbringen, macht aber aufgrund der originellen Figuren und absurden Einfälle eine Menge Spaß.
Er ist nicht aus Zufall Metzger
Sonderlich originell ist die Geschichte gewiss nicht und die meisten Entwicklungen sind absehbar, werden zumindest aber bissig kommentiert. Die Zielgruppe liebäugelt ohnehin mehr mit der FSK 18-Kennzeichnung, die großzügig mit großzügigen Blut- und Gedärmschlachten gerechtfertigt ist. Wer also ein Herz für bitterböse Splatter-Einlagen besitzt, kommt auf seine Kosten, zumal auch diese Szenen mit absurder Komik gepaart werden. Der tatsächliche Härtegrad hält sich angesichts der Tatsache, dass es sich in erster Linie noch immer um eine Komödie handelt, natürlich in Grenzen.
Fazit
Two Heads Creek besitzt einen hohen Unterhaltungswert: Einfach alles ist in dieser Produktion überzeichnet. Die Fremdenklischees mit messerscharfen Pointen, die Vorurteile und bedienten Stereotypen, die schrägen Charaktere und natürlich die Gewaltspitzen. Ein wenig getrübt wird die Freude durch die verhältnismäßig kurze Laufzeit von gerade einmal 85 Minuten und die ziemlich lineare und weitreichend bekannte Handlung. Wem das nicht sonderlich wichtig ist, macht mit diesem Film überhaupt nichts verkehrt. Ab zwei Personen mit guten Drinks ist Spaß garantiert.
© Busch Media Group
Veröffentlichung: 27. August 2021