The Furies
Ob Battle Royale oder Hunger Games: Menschenjagd- und Jeder-gegen-Jeden-Szenarien sind oftmals Garanten für zwischenmenschliche Konflikte in Extremsituationen. Der australische Slasher The Furies ist nicht nur kompromisslos ausgerichtet, sondern inszeniert obendrein noch ein Gender-Ripoff: Hier sind einzig Frauen die Gejagten und das ausschließlich von Männern. Anstatt hier mit Klischees aufzuräumen oder zumindest für Überraschungen zu sorgen, geht es Regie-Newcomer Tony D’Aquino ausschließlich darum, Zuschauer mit Vorliebe für Gore zufriedenzustellen. Deutschland-Premiere feierte der Alptraum einer jeden FSK-Prüfstelle auf dem Fantasy Filmfest 2019. Dennoch erschien der Film im Januar 2020 schließlich auch im deutschen Handel.
Ein abgesperrtes Waldgebiet mitten in Australien. Dort erwachen die beiden besten Freundinnen Kayla (Airlie Dodds) und Maddie (Ebony Vagulans). Die beiden Frauen befanden sich eben noch in einem Streit, ehe sie von Unbekannten überwältigt und entführt wurden. Mitten in der Einöde stellt sich heraus, dass sie nicht allein sind. Nicht nur, dass hier andere verwirrte Frauen umherirren. Sie alle sind auf der Flucht vor Männern mit Tier- und Horrormasken, die Jagd auf die Frauen machen. Zeit, den Sinn hinter allem zu hinterfragen, bleibt nicht, denn der Kampf auf Leben und Tod hat bereits begonnen.
Hauptsache Gore
Originaltitel | The Furies |
Jahr | 2019 |
Land | Australien |
Genre | Action, Thriller |
Regisseur | Tony D’Aquino |
Cast | Kayla: Airlie Dodds Rose: Linda Ngo Sheena: Taylor Ferguson Maddie: Ebony Vagulans Jess: Danielle Horvat |
Laufzeit | 82 Minuten |
Seit dem 31. Januar 2020 im Handel erhältlich |
Menschenjagd ist ein Motiv, welches in der Popkultur immer wieder auftaucht. Einer der ersten Einträge zu diesem Thema ist Graf Zaroff – Genie des Bösen aus dem Jahr 1932. Es ist schwierig, diesem Thema viel Neues hinzuzufügen, was über Überlebensstrategien, Alliianzen und besondere Waffen hinausgeht (der Topfdeckel aus Battle Royale lässt grüßen!). The Furies bietet genau nichts von alledem, denn Kayla und die anderen Frauen sind im Grunde genommen nur auf der Flucht und können sich maximal mit dem, was herumliegt (oder mal abfällt) wehren. Überlebensstrategien? Gibt es nicht, denn dafür bleibt keine Zeit. Ebenso wenig wie für das Hinterfragen des ganzen Szenarios oder gar Absprachen. Nein, es wird allenfalls gestritten, um dem Titel auch möglichst gerecht zu werden. Hier stellt sich für den Zuschauer das erste große Problem ein: Die Figuren sind vollkommen egal. Es findet noch nicht einmal eine Bemühung statt, sie wenigstens mit den einfachsten Eigenschaften auszustatten. Das Aufeinandertreffen von Alice (Kaitlyn Boye), Sheena (Taylor Ferguson) und Sally (Harriet Davies) wird allenfalls zur Vertrauensfrage und Kaylas Protegé Rose (Linda Ngo) bringt keinen frischen Wind in die Handlung. Auf der männlichen Seite sieht es noch schlimmer aus: Differenziert wird hier nur durch die Masken, nicht durch das Verhalten.
Blut statt Strategie
Der Gewaltgrat ist hoch, um nicht zu sagen: sehr hoch. Vielleicht nicht die Anzahl der einzelnen Szenen, aber wenn hier Augen ausgerissen oder Gesichter vom Schädel geschält werden, kennt auch die Kamera keine Zurückhaltung. Während die digitalen Effekte an einigen Stellen hinken (das Gesicht des ersten Todesopfers sieht geradezu nach draufgeklatschtem Foto aus), erzeugen die handgemachten Effekte inklusive Blutpumpe und Make-up einen gelungenen Eindruck. Gore-Freunde können sich definitiv an dieser Produktion ergötzen, die ihre Wirkung keineswegs verfehlt. Damit sind sie auch die einzige Zielgruppe, deren Bedürfnisse erfüllt werden. Einflüsse von Texas Chainsaw Massacre und The Hills Have Eyes sind erkennbar, ansonsten holt die Handlung nichts aus dem Setting heraus. “Play or die” wird also auf die allereinfachste Form reduziert, somit jegliche Absprachen oder Taktiken bereinigt. Denn das Kräfteverhältnis ist derart unausgeglichen, dass das Ergebnis einer Schlachtplatte gleichkommt. Während andere Regisseure mit Flashbacks arbeiten würden, um Kayla und Maddie als Figuren zu erklären, bleibt Tony D’Aquino konsequent auf den Überlebenskampf fokussiert. Besser gar keine Geschichte als zuviel davon. Während schon zu Beginn eine Andeutung gemacht wird, was hinter allem steckt, bleiben weitere Erklärungen lange Zeit aus. Nicht auf den Kopf gefallene Zuschauer riechen den Braten sofort und erkennen auch, was hinter Kaylas Epilepsie steckt. Die Auflösung kann daher allenfalls als erwartunsgemäß beschrieben werden, ohne dabei von herausragender Innovation zu profitieren. Gefühlt hat man genau dieses Ende schon in dutzend anderen Werken erlebt, weshalb es besser gewesen wäre, einen vorzeitigen Schlussstrich zu ziehen, ohne sich weiter abzumühen.
Fazit
The Furies ist ein äußerst kurzweiliges Gore-Spektakel mit ekelerregenden Effekten. Charaktere und Hintergrundhandlung sind zweckdienlich, die einzig erkennbare Liebe zum Detail steckt in den Tötungsszenen. Ob der Film nun frauenfeindlich ist oder ihr Zurückschlagen sie zu Powerfrauen macht, als die sie mancherorts beschrieben werden, ist PR-technisch eine förderliche Frage. Dass die Frauen als “Beauty” erwachen und die Männer mit (Schweine)Maske herumlaufen, bietet vielleicht Potenzial für Gesprächsstoff, doch dafür ist der Film insgesamt zu blass, um wirklich zu provozieren. Einmalige Unterhaltung ist vorhanden, sofern man mal wieder Lust auf einen Film hat, der sich überhaupt nicht um Moral schert.
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