Masters of the Universe: Revelation (Teil 1)
Wann immer ein Kindheitsklassiker neu aufgelegt wird, herrscht Aufruhr in digitalen Welten. Mit Masters of the Universe: Revelation hat Netflix Mattels beliebte Zeichentrickserie aus den 80ern fortgeführt. Dies geschah mit einem Drehbuch von Kevin Smith (Clerks) und der Animationsstärke des Powerhouse Animation Studios, welches sich bereits mit Castlevania einen Namen machte. Das Ziel der Serie: Die losen Erzählstränge der Original-Serie aufgreifen und fortzuführen. Doch bereits die erste Hälfte der im Juli 2021 ausgestrahlten Staffel zog viel Ärger auf sich, da hier ein besonders dreistes Marketing am Werk war, das zumindest im ersten Teil nur wenige Versprechen einlöst.
Nach einer erbitterten Schlacht gegen Skeletor konnte Eternia gerettet werden, doch Teela musste einen großen Schicksalsschlag erleiden. Sie beschließt, alles hinter sich zu lassen, und will fortan ihren eigenen Weg gehen. Doch Eternia ist weiterhin in Gefahr, denn die Magie geht aus und ohne Magie droht die Welt zerstört zu werden. Um Eternia zu retten, müssen Teela und ihre Freunde sich ausgerechnet mit Evil Lyn und Beast Man zusammentun. Ein gefährliches Abenteuer beginnt …
Nie weggewesen
Originaltitel | Masters of the Universe: Revelation |
Jahr | 2021 |
Land | USA |
Episoden | 5 (in Teil 1) |
Genre | Action |
Cast |
Prince Adam / He-Man: Chris Wood
Skeletor: Mark Hamill Robin Brosch Duncan / Man-At-Arms: Liam Cunningham Teela: Sarah Michelle Gellar Evil-Lyn / Majestra: Lena Headey Roboto: Justin Long Cringer: Stephen Root Orko: Griffin Newman |
Veröffentlichung: 23. Juli 2021 |
Wer ein Kind der 1980er Jahre war und damals das Glück hatte, den Sender Tele 5 zu empfangen, kam an He-Man and the Masters of the Universe (kurz: MotU) nicht vorbei. Zwischen 1988 und 1992 lief die zwischen 1983 und 1984 produzierte Serie täglich als Teil des Kinderprogramms Bim Bam Bino. Zumindest so lange, bis Tele 5 den Sendebetrieb einstellte. Wirklich tot war die Reihe allerdings nie, da weiterhin neue Sammelfiguren erschienen und das Franchise des Herstellers Mattel auf dem Spielzeug-Markt auch in den Folgejahren eine große Rolle einnahm. Um das Serienuniversum herum hatte sich ein Kult gebildet. Beachtlich ist dies in vielerlei Hinsicht, vor allem aber, da es sich ursprünglich um Kinderspielzeug handelt, dessen Drumherum auch 40 Jahre später noch gefragt ist. Umso weniger verwunderlich also, dass Netflix – ein Streamingdienst, der immer auf der Suche nach eigenem Content ist – sich händeringend dieser Marke annahm. Bereits zuvor hatte man die Schwester-Serie She-Ra mit dem Reboot She-Ra und die Rebellen-Prinzessinnen einer Frischzellenkur für die ganz junge Zielgruppe unterzogen. Netflix als ein Streamingdienst, der über Jahre hinweg von fremden Lizenzen leben konnte, ist in einer Zeit, in der die Streaming-Konkurrenz immer größer werdende Marktanteile einnimmt, darauf angewiesen, seine Abonnent:innen mit eigenen Marken anzulocken, die dem Dienst dauerhaft zur Verfügung stehen können. Womit funktioniert das besser als mit Marken, die bereits Tradition (und Fans!) haben wie etwa Resident Evil, The Witcher oder konsequenterweise He-Man?
Wieviel He-Man steckt in der Serie?
Als der erste Trailer und die ersten Bilder von Masters of the Universe: Revelation erschien, war die digitale Welt aus dem Häuschen. Das erste Bewegtbildmaterial versprach hochwertige Animationen, zeigte einen zeitgemäßen He-Man und ein farbenprächtiges Action-Spektakel. Aufgewertet wurde der Trailer ganz nostalgisch mit dem Gassenhauer “Holding Out For a Hero” von Bonnie Tylor. In der Serie selbst wird die musikalische Untermaltung mit einem Score von Bear McCreary (The Walking Dead) gestützt. Wie bereits die Animationsserie aus 2002 besitzt auch MotU: Revelation leichte Anime-Einflüsse, die bereits dafür sorgten, dass Castlevania irrtümlicherweise immer wieder für eine Anime-Serie gehalten wird. Was in den fünf Folgen präsentiert wird, sieht klasse aus und lässt kaum einen Vergleich zu den ursprünglichen 130 günstig produzierten Folgen des Studios Filmation (Ghostbusters) zu, die damals auf Masse produziert wurden. He-Man als Original-Serie ist so oder so nicht gut gealtert: Charakteristisch für die Qualität ist die repetitive Verwendung bestimmter Szenen, etwa wenn sich Prinz Adam in He-Man verwandelt oder auch sein wiederkehrender Faustschlag in die imaginäre Kamera. Inhaltlich war He-Man aber insofern revolutionär, als dass zum ersten Mal ein Action-Held in einer Kinderserie Konflikte ganz gezielt mit Gewalt löste. Am Ende jeder Folge gab es eine “Moral von der Geschicht'”, in der He-Man und die anderen Charaktere den Kindern einen Ratschlag mit auf den Weg gaben. Was auch immer gerade zuvor passiert ist. Die Netflix-Fortführung hat mit diesem Original-Material kaum noch etwas am Hut. Ganz im Gegenteil: Sie schlägt neue Wege ein, womit wir auch schon zum interessantesten Teil der Serie kommen.
Wieviel He-Man steckt in der Serie?
Die Serie beginnt mit einem kurzen Recap der Original-Serie und Zuschauer:innen werden daran erinnert, dass eigentlich nur vier weitere Freunde mit Prince Adams geheimer Zweitidentität offiziell vertraut sind. Diese sind Man-at-Arms, Cringer, Sorceress und Orko. Die erste Minuten von Masters of the Universe: Revelation fühlen sich an wie eine Rückkehr in vertraute Gefilde. Es ist schön, die altbekannten Figuren (in neuen Designs) und deren Beziehungen zueinander noch einmal in Erinnerung gerufen zu bekommen. Jegliche Nostalgie wird mit dem Ende der ersten Folge dann auch direkt mit einem Hammer zerschlagen: Die Serie trägt nämlich nicht umsonst nicht mehr den Namen He-Mans in ihrem Titel. Die Masters of the Universe sind nämlich sämtliche Figuren Eternias. Die Ereignisse der ersten Folge schlagen Wellen und befördern mit Teela eine Nebenfigur zur neuen Hauptfigur. Die zweite Folge will diesen Umbruch gleich dick unterstreichen und beginnt mit einem großen Zeitsprung: Wir befinden uns in einer fremden Umgebung, in der Teela, nun mit moderner Undercut-Frisur, ein neues Zuhause gefunden hat. Zusammen mit Andra als Partnerin erfüllt sie Aufträge als Plünderin. Nach und nach schließen sich ihr weitere Mitstreiter an, darunter ihr Vater Duncan und sein Gehilfe Roboto sowie der Zauberer Orko, der im Gegensatz zu seiner früheren nervtötenden Art, hier angenehm unaufgeregt gezeigt wird. Hinzukommen Evil-Lyn, Skeletors ehemalige rechte Hand, und Beast Man, der mit seinen Zöpfen im Bart eine kriegerische und bedrohliche Aura ausstrahlt. Es wird deutlich: He-Man spielt ab sofort keine weitere tragende Rolle mehr.
Es darf gestritten werden: Marketing vs. Erwartungen
Ist es nun legitim, eine Serie um Teela im Spotlight zu erzählen, wenn das Filmposter He-Man so deutlich in den Mittelpunkt rückt? Oder sind die Zuschauer:innen selbst schuld, wenn sie von anderem ausgegangen sind? Zumindest die Schere zwischen Marketing und Realität klafft weit auseinander. Nicht einfacher wird es durch die Ankündigung von Kevin Smith im Vorfeld: Es ist die Masters of the Universe-Geschichte, die ihr als Kind immer sehen wolltet!
Das kann man den Verantwortlichen nun vorhalten (nichts aber rechtfertigt Morddrohungen in sozialen Medien), ändert aber nichts an der Serie als Produkt, deren Akzeptanz mit einer anderen Ankündigung vermutlich anders ausgefallen wäre. Genauso könnte man auch sagen: Der Absender heißt Netflix. Netflix ist bekannt dafür, alle Zuschauer:innen adäquat abbilden zu wollen und keine Bevölkerungsgruppen auszuschließen. Konsequent gelebte Firmenkultur, die man lieben oder hassen kann. Dementsprechend ist auch der Anteil weiblicher Figuren im Vergleich zur Original-Serie deutlich erhöht worden. Trotzdem schauen noch immer genügend bekannte Figuren wie Tri-Klops, Beast Man und Mer-Man vorbei, um Eternia in voller Vielfalt abbilden zu können. Der größte Unterschied zu damals ist, dass die Serie nie großen Wert auf tiefgründige Dialoge oder ausgefeilte Charakterisierung legte. Eine Kinderserie eben, die damals einfach gestrickt war und mit MoTU: Revelation nun erwachsen wird. Auch Teela scheint eine Entwicklung vor sich zu haben, wird sie doch als eine überhebliche Person eingeführt, die gar kuriose Sorgen (nicht allzu böse zu sein) mit sich herumträgt. Obwohl bereits Folge 2 ihre Person vertieft und die Serie sich nicht vorwerfen lassen kann, sich nicht mit ihren Figuren zu befassen, bleibt die Handlung auf der Strecke. Die verbleibenden vier Folgen mit einer Laufzeit zwischen 25 und 27 Minuten bieten nach dem Plotreißer zum Auftakt nur wenig Raum zur vollen Entfaltung. Das macht es Teil 1 umso schwieriger, mit mehr als Schauwerten und einem radikalen Kurswechsel zu überzeugen.
Fazit
Inhaltlich wird viel mehr aus dem Erzähluniversum herausgeholt als die Vorlage eigentlich hergibt. Selbst die Macher der Mini-Comics, die den Figuren der Toyline beigelegt wurden, sagen rückblickend, dass sie sich keine großen Gedanken um eine einheitliche Welt oder Storyline gemacht haben. Es ist deshalb beinahe verrückt, wenn man einmal vergleicht, dass aus der einstigen sparsam animierten Kinderserie ein solches Endzeit-Epos geworden ist. So durchwachsen der Auftakt der Serie auch inhaltlich ist, darf man nicht vergessen, dass es sich um einen ersten Teil handelt und die Handlung längst nicht zu Ende erzählt ist. Lässt man einmal alle Emotionen und nicht erfüllte Erwartungen beiseite, erledigen die fünf Folgen einen soliden Job, ohne aber auf Handlungsebene wirklich zu glänzen. Ob die Serie aber nun gelungen ist oder nicht, wird sich erst am Ende zeigen. Wer rechnet schließlich schon damit, dass in einer solchen Serie dauerhaft Figuren entsorgt werden? Vor dem Hintergrund, dass die Original-Serie selbst nur wenig Tiefgang bietet, lässt sich also kaum sagen, dass ein Mythos zerstört wurde. Der erhoffte Hit bleibt aber zunächst aus. Aber was noch nicht ist, kann bekanntlich noch werden.
© Netflix