Mandy

Nach rund 40 Jahren im Showgeschäft will Nicolas Cage (Ghost Rider) es noch einmal wissen. Im Rachefeldzug Mandy geht er an seine Grenzen und schlüpft in seine bislang härteste Rolle. Das liegt nicht nur an seiner Figur und deren persönlichem Schicksal. Panos Cosmatos (Beyond the Black Rainbows) hat einen kontroversen Film erschaffen, der konventionelle Sehgewohnheiten herausfordern, wenn nicht gar provozieren will. Der eigentlich simple Plot wird als höhere Kunstform verkauft und ist damit zurecht umstritten. Mandy fühlt sich an wie ein schwermütiger und erbarmungsloser LSD-Trip.

    

USA, 1983: Der Holzfäller Red Miller (Nicolas Cage) lebt mit seiner Frau Mandy (Andrea Riseborough, Disconnect) in einer abgeschiedenen Behausung mitten in einem schaurig-romantischen Wald. Das Paar ist eins mit der Natur und lebt glücklich zurückgezogen. Bei einem Spaziergang in der Natur nähert sich Mandy ein Fahrzeug, in dem sich Mitglieder einer Sekte befinden. Darunter auch der exzentrische Anführer Jeremiah (Linus Roache, Churchill – The Gathering Storm), der augenblicklich eine höhere Verbindung zu Mandy spürt. Seine Handlanger finden heraus, wo Mandy lebt. Eines Nachts erhalten Red und Mandy äußerst verstörenden Besuch, der das Paar für immer auseinander reißt…

Originaltitel Mandy
Jahr 2018
Land USA
Genre Action, Thriller, Horror
Regisseur Panos Cosmatos
Cast Red Miller: Nicolas Cage
Mandy Bloom: Andrea Riseborough
Jeremiah Sand: Linus Roache
Marlene: Olwen Fouéré
Swan: Ned Dennehy
Lucy: Line Pillet
Chemiker: Richard Brake
Caruthers: Bill Duke
Laufzeit 121 Minuten
FSK

Der Vorwand für alles andere, die Handlung

Mythen zufolge erntete Mandy bei seiner Premiere in Cannes Applaus in Länge von sieben bis acht Minuten. Was ist dran an der Rache-Mär? In seinem Kern ist Mandy eine vielfach gesehene und gelesene Geschichte. Die Frau des Helden wird entführt und ermordet. Der Held sinnt auf Rache und verfällt in einen Blutrausch. So straight sich das Konzept anhört, so konsequent ist Mandy auch heruntererzählt. Die Story ist bewusst schematisch gehalten und verzichtet auf gegenläufige Motive. Keine aus dem Hut gezauberten Plottwists, keine Abzweigungen der Handlung. Mandy ist wie ein Gericht auf einer Speisekarte, bei dem man genau das erhält, was in der Zutatenliste steht. Nicht mehr und nicht weniger. Aber auf einem besonders schönen Teller, von dem man zunächst gerne isst.

Look & Feel der 80er

Visuell kennt Mandy zwei dominierende Stilmittel. Verschwimmend-leuchtende Blautöne und blutrote Filter. Dazu lief die Nebelmaschine auf Höchstbetrieb und die Stroboskope flackern als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Die grobkörnige Bildqualität weckt Erinnerungen an 35mm-Titel der 80er, während die visuellen Effekte einer Überreizung bedrohlich nahe kommen. Denn Cosmatos ertränkt sein Zelluloid in einem wilden Mix aus Filtern, Schlieren und Nebel, Nebel, Nebel. Hinzu kommen ungewöhnliche Designs, die verblüffend an Clive Barkers Hellraiser-Reihe erinnern. Auch Anspielungen auf den Horrorfilm der 70er und 80er sind zuhauf enthalten. Ein Kettensägenduell rüttelt unweigerlich Assoziationen zum Blutgericht in Texas auf. Und dann fällt tatsächlich der Name des Schauplatzes: Crystal Lake. Jener See, an dem Jason Vorhees in Freitag der 13. sein Unwesen treibt. Eine Szene, in der Red mit blutverkrustetem Gesicht und Koksnase starr in die Kamera schaut, kann ebenso als Hommage an Evil Dead verstanden werden. Und wo sieht man heute noch sekundenlange Closeups?

Grollen und Beben

Besonders herausragend ist neben der Optik die akustische Unterstützung. Ein bedrohliches Beben begleitet unablässig das Geschehen und verhindert, dass man sich auch nur eine Sekunde lang entspannen kann. Und dann sind da noch die dröhnenden Gitarrenakkorde, welche die rohe Handlung passend untermalen. Der im Februar 2018 verstorbene Jóhann Jóhannsson (oscarnominiert für Die Entdeckung der Unendlichkeit und Sicario) erzeugte in seinem letzten kreativen Schaffen einen wuchtigen Metal-Score.

Im Wettstreit um den kuriosesten Gesichtsausdruck: Nicolas Cage und Linus Roache

Nicolas Cage beeindruckt in seiner Rolle. Es ist, als wären Hauptdarsteller und Film eng miteinander verbunden und nie getrennt gewesen. Seine Höllenfahrt spürt man in Mark und Knochen. Dafür sorgt die immer draufgehaltene Kamera ebenso wie sein selbstgerechtes Handeln in ruhigen Szenen. Cage überzeugt auch in Unterhose und auf dem Klo sitzend. Einfach weil auf den Zuschauer überspringt, dass seine Figur nichts mehr zu verlieren hat. Neben ihm überzeugt vor allem Linus Roache, der mit Jeremiah eine ambivalente Rolle zum Besten gibt. Auf der einen Seite leidet Jeremiah unter furchtbaren Komplexen, auf der anderen Seite ist sein narzisstisches Auftreten unberechenbar und dadurch bedrohlich.

Fazit

Ist das Kunst oder kann das auf den Müll? Mandy provoziert immer wieder, um als Trash wahrgenommen zu werden, ist das aber zu keinem Zeitpunkt so wirklich (außer vielleicht, wenn der Cheddar Goblin zu sehen ist …). Es handelt sich um eine stilvoll in Szene gesetzte Schlachtplatte, die man mag oder eben nicht. Anhänger des 80er Horrors werden sich sofort heimisch fühlen. Wer jenen Look nicht gewohnt ist oder mag, wird die Geschichte schon in der ersten halben Stunde verlassen, die beinahe ausschließlich auf Visuelles setzt. Und sonst geht es dem Zuschauer ein bisschen wie auch dem geschundenen Nicolas Cage, man schleppt sich eben von Szene zu Szene. Entgegen allem, was aussehen mag wie Videothekenware, muss man dagegen halten: Mandy ist für den einen avantgardistischer Scheiß, für den anderen die hohe Leinwandkunst.

©Koch Films

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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