Luz

Deutsche Horrorproduktionen sind noch immer nicht wie Sand am Meer zu finden. Stattdessen fluten deutsche (Nachkriegs-)Dramen und Komödien das Kino und deutsche Regisseure (ver)suchen ihr Glück mit dem Horrorfilm lieber in westlichen Gefilden. Das an das italienische Horrorkino der 60er angelehnte Luz ist die Abschlussarbeit des Regisseurs Tilman Singer an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Der in seinem Giallo-Stil zunächst befremdlich wirkende Titel wirft zuhauf Fragen auf, deren Antworten man sich entgegen aller fehlenden Konventionen einfach nicht entziehen mag. Ähnlich wie Hagazussa – Der Hexenfluch ist auch Luz ein schwer zugänglicher Genre-Beitrag.

  

Eine heruntergekommene Polizeistation mitten in der Nacht. Völlig verwirrt schlägt dort die Taxifahrerin Luz (Luana Velis) auf und murmelt eine pervertierte Version des Vater Unsers. Der Polizeipsychologe Dr. Rossini (Jan Bluthardt, Tatort: Der Tod ist unser ganzes Leben) soll Licht ins Dunkel bringen und will die junge Frau mittels Hypnosetechnik verhören. Unwissentlich, dass Rossini bereits im Vorfeld mit einem Dämon in Berührung kam, der nach Luz trachtet…

Intensiver Bild- und Tonrausch mit minimalen Mitteln

Originaltitel Luz
Jahr 2018
Land Deutschland
Genre Horror
Regisseur Tilman Singer
Cast Luz: Luana Velis
Nora: Julia Riedler
Dr. Rossini: Jan Bluthardt
Bertillon: Nadja Stübiger
Olarte: Johannes Benecke
Laufzeit 70 Minuten

Ganz so in medias Res beginnt Luz nicht, denn der Ausgangssituation folgt erst einmal ein ausufernder Dialog zwischen Rossini und Luz’ Freundin Nora (Julia Riedler, Goster). Der fällt dafür mit einem umso verstörenderen Ende aus, womit der Grundfpeiler für das Nachfolgende gelegt ist. Denn was in Luz geschieht, ist angesichts der Inszenierung fast nebensächlich. Diese ist voller Überraschungen. Die plötzlichen Ereignisse sporgen derweil für zunehmenden Aufklärungsdrang. Während die Bilder mitunter einen schleichenden Gang gehen, ist die Gruselklaviatur des Komponisten Simon Waskow so unheildrohend, dass man nur erahnen kann, was sich hier alles zusammenbraut. Besonders beeindruckend fällt auch die Nachbildung von Tönen während der Hypnose statt. Während Luz ihr Erlebnis in allen Bewegungen rekonstruiert, sind darüber die jeweiligen Originaltöne jener Taxifahrt gelegt. Nachgebildet wird diese Situation einzig in einem Saal voller Stühle, dafür mit viel Nebelmaschine und vielen Absurditäten. Bei einem Budget von nur 130.000 Euro (darunter Zuschüsse der Filmförderung sowie Privatanteile) war die Produktion auf nur wenige, dafür effektive Mittel reduziert. Gedreht wurde auch nur auf 16mm, was für einen dementsprechend körnigen Look sorgt.

Wie ein Fiebertraum

Während Fragmente und halbgare Ideen eine Erzählkette bilden, fällt es dem Zuschauer umso schwerer, sich einen Reim auf das große Ganze zu machen. Der eigentliche Plot ist in drei Sätzen heruntererzählt und minimalistisch. Die Figuren sind bewusst hölzern und ohne große Emotionen gezeichnet. Einzig Rossinis Übersetzer Olarte (Johannes Benecke) ist die Furcht ins Gesicht geschrieben, sodass er der einzige Ankerpunkt für den Zuschauer bildet. Die nicht lange fackelnde Bertillon (Nadja Stübiger) ist dagegen mit weniger Emotion dabei. Jan Bluthardts Rossini ist exzentrisch und für nichts zu schade. Seine Figur wird psychisch wie physisch vollständig entblößt. Luana Velis überzeugt als Luz vor allem mit ihrer Gestik, denn während der Hypnose will jede rekonstruierende Bewegung sitzen.

Sperriger Nischentitel für ein kleines Publikum

Alle Fragen beantwortet Tilman Singer nicht. Der surrealistische Rausch lässt genügend Antworten offen, damit der das Gesehene ohnehin reflektierende Zuschauer weiterhin grübelt. Horror-Fans müssen sich mit der dichten Atmosphäre und der eigenwilligen Inszenierung zufrieden geben. Denn Explizites gibt es in Luz nicht zu sehen, insbesondere für Horror mit Dämonen-Motiv. Es bleibt am Ende einfach wenig Greifbares zurück, sodass Luz schließlich ein Nischentitel innerhalb einer Nische ist.

Luz ist ganz weit davon entfernt, kommerzielles Mainstreamkino à la Wahrheit oder Pflicht zu sein. Selbst für Festivalgänger fällt der Film mit seiner profanen Handlung sperrig und wenig greifbar aus, doch lohnenswert ist der psychedelische Trip für Zuschauer, die Unkonventionellem gegenüber offen sind, durchaus. Als zusätzliche Hürde kommt die statische Kameraführung mit ungewohnt plakativer musikalischer Untermalung hinzu. Die Bild-Ton-Schere driftet mehr als nur einmal auseinander, was den Titel schwer verdaulich macht.

© Bildstörung

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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