Kitty the Killer
Auch wenn thailändische Filme keine internationale Durchschlagkraft wie etwa südkoreanische Filme haben, könnte Regisseur Lee Thongkham hierzulande durchaus dem einen oder anderen bekannt sein. Sein Creature-Feature The Lake (2022) und der Mystery-Horror The Maid – Engel des Todes (2020) haben es ins Heimkino geschafft, was grundsätzlich schon einmal ein Türöffner für weitere Titel sein kann. Potenzial für eine längere Reihe bringt Kitty the Killer nämlich mit: Der auf einem Webtoon basierende Spielfilm dreht sich um die Welt der weiblichen Assassinen und wurde in den USA bereits veröffentlicht. Hierzulande gab es den Film bislang lediglich auf dem Obscura Filmfest 2024 zu sehen, wo wir den Film auf der großen Leinwand sehen konnten.
Die Agency ist eine Spionage-Organisation aus dem Untergrund, die von einem Clan von Männern gegründet wurde, die als Guardians bekannt sind. Sie rekrutieren junge Mädchen, um sie zu tödlichen Attentäterinnen zu machen. Jene Killerinnen tragen den Codenamen Kitty und agieren im Verborgenen. Das heißt, dass sie sich öffentlich als Schulmädchen, Hausfrau oder Angestellte geben und erst dann aktiv werden, wenn sie einen Auftrag erhalten. Eines dieser Mädchen ist Dina (Ploypailin Thangprapaporn, Low Season), die auch als Gray Fox bekannt ist. Sie tut sich mit ihrem neuen Mentor Charlie (Denkhun Ngamnet, The Wedding Contract) zusammen, der selbst noch reichlich unerfahren ist …
Crashkurs in Kampfausbildung
Originaltitel | Kitty the Killer |
Jahr | 2023 |
Land | Thailand |
Genre | Action, Komödie, Thriller |
Regie | Lee Thongkham |
Cast | Dina: Ploypailin Thangprapaporn Charlie: Denkhun Ngamnet Keng: Somchai Kemklad Makin: Vithaya Pansringarm Mina: Keetapat Pongruea |
Laufzeit | 120 Minuten |
FSK | Keine Angabe |
Titel im Programm des Obscura Filmfest 2024 |
Kitty the Killer wirft uns mitten ins Geschehen und wir müssen erst einmal verstehen, was eigentlich genau Sache ist. Damit das halbwegs geordnet geschieht, ist die Handlung in mehrere Akte eingeteilt, damit man sich gedanklich durch die Kapitel navigieren kann. Die Welt der Assassinen und der Agency ist zu Beginn noch vergleichsweise weit von uns entfernt. Zum Glück gibt es Charlie, durch dessen Augen wir das Untergrundgefüge besser kennenlernen können. Charlie, zu Beginn ein ahnungsloser Kundenbetreuer bei einer Versicherungsgesellschaft, lebt immer noch bei seiner Mutter und verliert das bisschen Selbstbewusstsein, das er hat, wenn er versucht, mit einer Kollegin zu sprechen. All das ändert sich, als er den noch nicht ganz toten Keng trifft, der ihm die Aufgabe erteilt, Dina zu retten. Andernfalls werde Charlies Familie getötet. Und so bleibt keine Wahl: Wir begleiten Charlie bei seinem Abstieg in den Untergrund. Er ist wohl die verrückteste, aber auch nahbarste Figur im Cast. Er muss sich körperlich von der verpeilten Null zum Helden verwandeln, was auch Spuren in seiner Psyche hinterlässt und sich nicht anders als wahnwitzig beschreiben lässt. Die Trainingsmontagen um ihn herum sind witzig, in ihrer Überzeichnung aber definitiv Geschmackssache. Die Komik wirkt stellenweise fehl am Platz, aber da von vornerein klar ist, dass es hier um Female Empowerment geht, ist es nicht ganz überraschend, dass die männliche Hauptrolle andere Eigenschaften zugeteilt bekommt und nicht auf Augenhöhe mitzieht.
Präsente Hauptcharaktere, schwache Nebenfiguren
Apropos Female Empowerment: Es gibt nicht gerade wenige zum Kämpfen aufgelegte Damen. Diese tragen überwiegend Katzenmasken (kaum verwunderlich beim Titel des Films), was den Kämpfen einen gewissen Reiz gibt, da man niemandem so wirklich die Emotionen ablesen kann. Hauptdarstellerin Ploypailin Thangprapaporn gibt als Dina eine gute Protagonistin ab, die durchaus mehr Sendezeit verdient hätte. Das gilt grundsätztlich für die Verbindungen der Mädchen untereinander, denen es an Interaktion mangelt, um schlichtweg mehr über sie zu erfahren. Die am besten funktionierende Chemie haben Dina und Charlie, alle anderen Figuren geraten auch im Miteinander flach. Wenn sich irgendwann herausstellt, dass es da noch die gesichtslose Nina gibt sowie Sina, Tina, Mina und viele weitere Charaktere entlang des Alphabets, bleibt unklar, ob das nun ein Gag ist oder ob diese Figuren in ihrer Webtoon-Vorlage eventuell eine gewichtigere Rolle einnehmen.
Pistolen, Schwerter, Blut
So richtig will der thailändischen Produktion das Stehen auf eigenen Beinen nicht gelingen. Man könnte meinen, dass Kitty the Killer gleich mehreren Vorbildern folgt. Die Actionszenen sind an John Wick angelehnt (ohne dessen Schlagkraft zu erreichen), tonal ist das Werk eher bei Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt verortet. Inhaltlich schlägt es in dieselbe Kerbe wie die japanische Produktion Baby Assassins. Grundsätzlich keine schlechte Mischung und auch ein fruchtbarer Boden, aus dem Kitty the Killer seinen Charme ziehen kann. Die Action-Parts sind mit Sicherheit das Kernstück und der Grund für viele, ein Auge auf diesen Film zu werfen. Zu den Höhepunkten gehört eine Schlägerei an Bord eines rasenden Fahrzeugs, bei der die Kämpfer auf dem Dach kämpfen, während die Stadt an ihnen vorbeizieht. Choreografiertes Chaos vom Feinsten. Wer also Lust auf durchbohrte Körper und Enthauptungen hat, bekommt hier ein Menü nach Bestellung. Insbesondere die Kämpfe gegen mehrere Gegner gleichzeitig wecken Erinnerungen an Kill Bill. Stilistisch gesellen sich ein paar Eigenheiten hinzu, die allerdings eher Fragen aufwerfen. Wieso werden beispielsweise klingelnde Telefone grafisch dargestellt? Für die Handlung spielen sie keine Rolle, anderes hingegen bleibt unangerührt. Auch die Anime-Cut-ins wirken eher gewollt. Es wäre auch nicht verkehrt gewesen, auf diese Elemente zu verzichten.
Fazit
Kitty the Killer ist eher Fans von Mädchen mit Waffen zu empfehlen als jenen, die auf der Suche nach dem nächsten John Wick sind. Wer es bei dem Titel noch nicht ahnt, soll es hier noch einmal bestätigt bekommen: Kitty the Killer nimmt sich die meiste Zeit über nicht ernst und versteht sich trotz blutiger Einlagen als nerdiger Spaß (wenn eine sadistische Sechsjährige Elektroschocks verpassen darf, sollte man mit keinem Ernst mehr an die Sache gehen). Was dem Film negativ anhaftet: Er versucht sich als Tausendsassa, sticht aber mit keiner Facette sonderlich hervor. Man findet quasi nichts, was man nicht schon in etlichen anderen Filmen gesehen hat. Für eine Origin Story und einen möglichen Reihenauftakt ist das zu wenig Eigenständigkeit. Wenn man damit in Ordnung ist und nicht den Anspruch hegt, immer nach Innovation zu jagen, kann man einen Blick riskieren. Denn kompetent inszeniert ist das allemal. Sollte Kitty eine Fortsetzung bekommen, bleibt zu hoffen, dass diese stärker daran arbeitet, ihren eigenen Weg zu finden.
© Thongkam Films