Godzilla Minus One
Bereits zum 37. Mal stampft Japans Lieblingsmonster über die Filmleinwand. Dabei kehrt die gigantische Echse in Godzilla Minus One zu ihren mutierten Wurzeln zurück: in die Zeit um den Zweiten Weltkrieg. Dabei oblag die große Herausforderung dem Schreiber und Regisseur Takashi Yamazaki (Lupin III: The First), dem Original von 1954 gerecht zu werden. Keine leichte Aufgabe! Schließlich basiert auf diesem Werk ein unvergleichliches Franchise. Ob die Geschichte um einen schuldbewussten Kamikazeflieger, der in einem vom Krieg zerstörten Land den Kampf gegen ein XXXL-Wesen aufnimmt, zu packen weiß, verraten wir in einer ausführlichen Berichterstattung. Seit dem 1. Dezember 2023 schwimmt nämlich das radioaktive Schuppentier dank Peppermint Anime auch durch die deutschen Kinosäle.
Japan, Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945: Einen technischen Defekt vortäuschend, landet der Kamikazeflieger Koichi Shikishima (Ryunosuke Kamiki, Rurouni Kenshin: The Final) auf der Insel Odo. Sein Fehlverhalten fliegt natürlich auf, doch Haupttechniker Sosaku Tachibana (Munetaka Aoki, The Roundup: No Way Out) verrät ihn nicht und kann sein Verhalten sogar verstehen. Allerdings gehen bald darauf die Sirenen los. Ein gewaltiges Monster stürzt sich auf die Techniker des Stützpunktes, die die Wartung der Maschinen durchführen und tötet einen nach dem anderen. Shikishima könnte das Wesen mit dem Geschütz seines Flugzeuges töten, jedoch hält ihn die Angst gefangen. Doch er überlebt. Nun muss er aber mit der Schuld leben, dass wegen seines Verhaltens mehrere gute Männer dahinschieden. Zurück in der ausgebrannten Bucht von Tokio findet der Pilot sein Elternhaus in Trümmern vor und erfährt, dass seine Familie in den Flammen umkam. Nachdem er eine Frau und deren Findelkind bei sich aufnimmt, findet er langsam etwas Lebenswillen. Als Wasserminenräumer schwimmt Godzilla hingegen wieder in sein Leben …
From Zero to Hero?
Originaltitel | Gojira -1.0 |
Jahr | 2023 |
Land | Japan |
Genre | Action, Drama, Kriegsfilm |
Regie | Takashi Yamazaki |
Cast | Koichi Shikishima: Ryunosuke Kamiki Noriko Oishi: Minami Hamabe Yoji Akitsu: Kuranosuke Sasaki Sumiko Ota: Sakura Ando Sosaku Tachibana: Munetaka Aoki Shiro Mizushima: Yuki Yamada Kenji Noda: Hidetaka Yoshioka |
Laufzeit | 125 Minuten |
FSK | |
Kinostart: 1. Dezember 2023 |
Ganze drei Jahre schrieb Regisseur Yamazaki am Skript für Godzilla Minus One. Dass ihm dabei nicht nur das Original, sondern auch Filme von Hayao Miyazaki (Wie der Wind sich hebt) und Der weiße Hai von Steven Spielberg als Pate standen, macht sich schnell bemerkbar. So ist es die Geschichte des traumatisierten Piloten Shikishima, welche ebenso zu berühren wie zu fesseln weiß. Viele seiner Taten sind nachvollziehbar. So zum Beispiel, warum er dem Selbstmordbefehl nicht blind folgt, sondern vor Angst wie gelähmt auf das Monster starrt, anstatt zu schießen oder später durch Gewissensbisse keine ruhige Nacht findet. Sehr emotional verkörpert Ryunosuke Kamiki das Leid, das den jungen Mann plagt und zu seinen späteren Taten motiviert. Doch der Pfad des Piloten vom verängstigten Fast-Bauernopfer zum vielleicht Retter eines ganzen Landes gestaltet sich als steiniger, packender Weg mit einem zu erklimmenden Monsterberg.
Schicksale aus dem Leben
Jeder Monsterfilm steht vor der großen Aufgabe, neben seinem fremdartigen, gern mutierten Star auch noch die menschlichen Darstellenden so zu präsentieren, dass sie uns nicht zu Tode nerven oder komplett am im Kinosessel steckenden Gesäß vorbeigehen. Shikishima ist der beste Beweis, dass dem nicht so ist. Genauso sieht es auch bei vielen weiteren Figuren aus. Gerade Minami Hamabe (Kakegurui), welche Noriko Oishi verkörpert, jene Frau, die bei dem Piloten unterkommt, spielt eine wichtige emotionale Stütze. Dabei rutscht die Beziehung der beiden in keine kitschige Hollywood-Liebelei ab. Viel eher zeigt die Geschichte, was mit Menschen passiert, die vor dem Nichts stehen und trotzdem ihre Menschlichkeit bewahren. Die gezeigte Anteilnahme berührt. Vor allem, wenn selbst eine Nachbarin, die erst auf den Heimkehrer losgeht, weil dieser seine Pflicht nicht erfüllt hat, zur Hilfe wird. Das sind Erzählungen, wie sie das Leben schreibt.
XXXL-Echse im neuen und bekannten Gewand
Kommen wir zum namensgebenden Star, denn auch in dem Bereich macht Godzilla Minus One alles richtig. Perfekt zu Anfang (und damit wirklich ohne lange Wartezeiten) greift die Echse an. Genau dieser Auftritt erwischt kalt. Denn das Kaiju-Wesen (jp. “Monster”, mehr dazu in Das Genre unter der Lupe: Kaiju) erscheint ohne Vorbereitungsszenen – Wasser, Rückenschuppen und die typische Melodie einfach einmal weg – ganz plötzlich steht ein Dino auf dem Stützpunkt! Keine Sorge, die bekannten Szenerien folgen noch. So fehlt ein fesselndes Wassergefecht nicht, das Schuppentier darf natürlich durch eine Stadt stampfen und dabei spektakulär ramponieren sowie seinen bekannten zerstörerischen Hitzestrahl abfeuern. Eben jener Angriff auf einen Stadtteil Tokios steht hinter keiner aktuellen Produktion aus den USA. Dabei wirkt das Design des Monsters sehr dynamisch, in seinem aufrechten Gang aber altbekannt, so wie wir Godzilla eben lieben. Leider bleiben am Ende des Films zwei Fragen offen:
Schauplatz: Nachkriegsland Japan
Dass die Konfrontationen mit dem Monster mitzureißen wissen, liegt daran, dass die Handlung zu einer Zeit spielt, als Japan in den Seilen hängt. Durch den Krieg ist das Land gebeutelt, seine Bevölkerung ausgedünnt, sowie das Militär zerschlagen. Wie sollen die Menschen da ein Monster, so groß wie ein Hochhaus, besiegen? Eine spannende Frage, welcher sich die Geschichte mit kreativen Ideen annimmt. Dabei kommt es zu keinen peinlichen oder gar lächerlichen Szenen, wie es der eine oder andere ältere Ableger zeigt. Eher geht es ernst und mit viel Selbstkritik an der japanischen Regierung gegen das Ungetüm zu. Gerade das überrascht sehr, trifft aber ins Herz. Kamikazeflieger und schlechte Truppenversorgung sind in die Geschichte Japans eingegangen, bleibt also während den Spielminuten zu hoffen, dass sich dieses Vorgehen ändert. Und unser letzter positiver Eindruck fällt noch zu dem emotionalen Soundtrack aus der Feder von Naoki Sato (Rurouni Kenshin: The Beginning).
Fazit
Godzilla Minus One trifft wie ein emotionaler Schlag in die Magengrube. Das Trauma des Piloten geht an niemandem spurlos vorbei, ebenso das Schicksal der anderen menschlichen Figuren, welche schon alle Hände voll damit zu tun haben, ihr durch den Krieg zerstörtes Land wieder aufzubauen. Ob Nächstenliebe, Freundschaft oder Pflichtbewusstsein einer jüngeren Generation gegenüber – die Bandbreite der Gefühle ist groß. Durch den Schauplatz und die Zeit musste es ein ernster Ton sein. Genau diesen trifft der Film hervorragend, ebenso die Wahl der Schauspielenden. Etwas Overacting ist zwar dabei, hält sich aber sehr in Grenzen. Beeindruckend sind die Szenen mit Godzilla, denn das Monster sieht einfach cool aus. Schon alleine wenn es seinen Hitzestrahl bildgewaltig auf- und entlädt. Dass da einmal die Kinnlade nach unten wandert, ist nicht verwunderlich. Einziger größerer Kritikpunkt ist die fehlende Auflösung,
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