Das einsame Haus am grünen See

Raumkapseln ohne Treib- und Sauerstoff, die ganz allein im All sind. Kaum entdeckte Planeten, auf welchen nur ein Ausgestoßener wohnt. Verurteilte Verbrecher, die plötzlich auf sich allein gestellt sind. Das alles sind Geschichten, die sich in der neuen Anthologie des Verlags ohneohren finden. Das einsame Haus am grünen See enthält mehrere Kurzgeschichten von verschiedenen Autoren, die sich alle mit diesen Themen beschäftigt haben. Seit Januar 2020 ist das Buch im Handel erhältlich.

   

Eine Heldin, die zu einem Diktator wurde – und damit nicht nur die politische Gesinnung, sondern auch das Geschlecht wechselt. Nun wurde er gestürzt, schwebt allein durch das All und das nur in einer engen Raumkapsel. Eine Uhr zeigt ihm an, wie seine Zeit langsam abläuft, denn der Sauerstoff wird bald knapp. Oder ein ehemaliger Rebell, der sich gegen das Regime auflehnte, indem er Bücher las und Alkohol trank. Er wurde auf einem einsamen Planeten verbannt, um ihn ist nur die Natur und ein Haus und ein See. Seine Vergangenheit lässt ihn an diesem Ort nicht los und kehrt immer wieder zu ihm zurück. Diese und 13 weitere Kurzgeschichten sind in Das einsame Haus am grünen See versammelt.

Ein See, das Haus und die Weite

Originaltitel Das einsame Haus am grünen See
Ursprungsland Österreich
Jahr 2020
Typ Anthologie
Bände 1
Genre Science-Fiction
Autor Ingrid Pointecker (Hrgs.)
Verlag ohneohren
Seit dem 24. Januar 2020 in Deutschland erhältlich

In allen Geschichten geht es um Lebewesen (denn natürlich müssen es nicht immer Menschen sein, die die Hauptrolle übernehmen), die mit sich selbst fertig werden müssen. Sie alle verbindet der grüne See und das Haus – beides muss nicht in physischer Form vorhanden sein, sondern kann auch metaphorisch gedacht werden. So wird der See oft zu einem Ort der Selbsterkenntnis oder einem Sehnsuchtsort, wie beispielsweise in der Geschichte Die Frau im Mond von Jacqueline Mayerhofer. In dieser Geschichte träumt sich die Protagonistin zu einem See, an welchen sie zusammen mit den Helden aus ihren Büchern sein kann, denn ihre Realität sieht vollkommen anders aus. Sie ist allein und kreist um einen Planeten. Hilfe ist nicht zu erwarten, denn ihre Raumkapsel ist als Mond getarnt und so wird niemand wissen, dass sie dort oben ist. See und Haus werden damit für die verschiedenen Protagonisten zu Zufluchtsorten und gleichzeitig zu Gefängnissen.

Die Grenzen zwischen richtig und falsch verschwimmen

Allen Protagonisten ist auch oft gleich, dass sie Getriebene, Verbannte und auch Unverstandene sind. Sie gehören der Gesellschaft nicht mehr an und werden zu einsamen Planeten oder in Raumkapseln abgeschoben, denn dies scheint der leichteste Weg seine Feinde los zu werden. Dabei haben die Figuren der Geschichten oft ein Verbrechen begangen, wie beispielsweise in Maggie Blue von June Is. Hier stiehlt ein Wissenschaftler DNS, was als Kapitalverbrechen angesehen wird. Dies macht er jedoch nicht aus Eigennutz, sondern er möchte seine verstorbene Frau wieder zum Leben erwecken. Damit beginnen die Grenzen zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch zu verschwimmen. Denn was spricht dagegen, dass jemand seine Frau wiederhaben möchte? Auch in den anderen Geschichten werden mehrdimensionale Figuren gezeichnet, die alle ihren eigenen Hintergrund haben, vor welchen sie dort gelandet sind, wo sie jetzt sind. Motive und Moralvorstellungen werden klar und es ist an dem Lesenden zu entscheiden, ob er die jeweilige Figur wegen ihrer Handlung verurteilt und beispielsweise eine Straftat gutheißt oder nicht.

Porträts der Einsamkeit

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Das einsame Haus am grünen See darstellt, wie sich Lebewesen in Einsamkeit verhalten. Es werden die Geschichten von Einsamen erzählt und wie diese damit klarkommen und was die Folgen der Einsamkeit sein können. Die 15 Geschichten sind dabei gut aufeinander gestimmt, sodass sich ein stimmiges Bild beim Lesen ergibt. Der Lesende kann so von einer Geschichte zur nächsten wandeln und sich ein den Wendungen in den Geschichten erfreuen. Das einsame Haus am grünen See ist eine Anthologie, die zum Nachdenken anregt und zum Hinterfragen der eigenen Werte. Ein Problem ist jedoch die Schriftgröße. Die Anthologie kommt in einem sehr kleinen und eigentlich auch sehr praktischen Format daher, denn das Buch lässt sich wirklich in jede Jackentasche stecken. Leider ist die Schrift auch dementsprechend klein, sodass es teilweise schwierig ist sie zu lesen.

Fazit

Mir gefällt Das einsame Haus am grünen See sehr gut. Alle Geschichten haben einen Wendepunkt, nach welchem ich das Geschehen in einem völlig anderen Licht sehen kann. Damit regt das Buch zum Nachdenken an. Auch gefällt es mir, wie unterschiedlich alle Geschichten trotz des gleichen Überthemas, sind. Es entsteht so ein Mosaik, in welchen jede Geschichten ein Teil darstellt. Die Figuren sind alle mehrdimensional und auch die teilweise metaphorische Interpretation des Sees und des Hauses sind gelungen. Ich kann am Ende gar nicht sagen, was meine Lieblingsgeschichte ist, denn alle berühren mich auf die eine oder andere Art. Auch das Format finde ich nett, denn das Buch ist klein und handlich – nur das Lesen war manchmal etwas schwierig.

© verlagohneohren

Ivy

Wenn Ivy nicht gerade ihre Zeit in der Hochschule verbringt, wo sie lernt sich im Informationsdschungel zurecht zu finden, verbringt sie ihre Zeit mit dem Horten von Büchern. Innerlich weiß sie, dass ihr in nächster Zeit der Platz für all ihre Neuerwerbungen ausgehen wird – trotzdem kann sie es nicht lassen, neue Funde mitzubringen. Sonst sind auch keine Mangas oder Comics vor ihr sicher, da doch alles irgendwo noch einen Platz finden wird. Sonst hat sie eine große Schwäche für gute und besondere Geschichten, Eulen und Schildkröten in jeder Form und Merchandise von "Gintama". Wenn sie mal keine Bücher kauft und liest, schreibt sie selbst.

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