Psycho-Pass 3: First Inspector

Mit einem unerwarteten Cliffhanger und vielen offenen Fragen entließen die Drehbuchautoren Makoto Fukami (Resident Evil: Vendetta) und Tow Ubukata (Fafner: Dead Aggressor) die Zuschauer aus Psycho-Pass 3. Zum Glück ließ eine Fortsetzung nicht lange auf sich warten. Simultan zum Kinostart in Japan brachte Amazon Prime Video den Film Psycho-Pass 3: First Inspector am 27. März 2020 in die heimischen Wohnzimmer. Aufgesplittet in drei Folgen erwartet uns ein vollgepacktes Action-Erlebnis mit jeder Menge abschließender Storyfäden. So geht die Jagd nach den Füchsen in die finale Hatz, einige Charaktere wählen ihr Schicksal selbst und auch das Überwachungssystem Sibyl bleibt ebenso nicht untätig. Bei so viel Inhalt stellt sich natürlich die Frage, ob es das Kreativ-Team nicht doch übertrieben hat. Wir werfen daher einen kritischen Blick auf die Produktion und fällen ein gerechtes Urteil.

   

Durch einen inszenierten Unfall gelangte First Inspector Kouichi Azusawa an den Ausweis von Yayoi Kunizuka, womit er Zutritt zum Amt für öffentliche Sicherheit (AÖS) hat. Er beginnt auch gleich einen Terrorangriff, indem er das komplette Gebäude abriegelt, die unteren Ebenen mit Giftgas füllt und die inhaftierten latenten Verbrecher freilässt. Von Mika Shimotsuki fordert er, dass die ebenfalls im Gebäude befindliche Karina Komiya von ihrem Amt als Präsidentin zurücktritt. Sollte sie das nicht tun, ziehe das schwere Folgen nach sich. Ein Wettkampf mit der Zeit beginnt, weswegen sich die Ermittlungseinheit 1 und die Aktionseinheit des Außenministeriums in Bewegung setzen.

Die Eroberung des babylonischen Turms

Originaltitel Psycho-Pass 3: First Inspector
Jahr 2020
Laufzeit 135 Minuten
Genre Psychological, Science-Fiction, Action
Regie Naoyoshi Shiotani
Studio Production I.G.
Seit dem 27. März 2020 auf Amazon Prime vorhanden

Die Handlung von Psycho-Pass 3: First Inspector fackelt nicht lange. Schon in den ersten Minuten verriegelt der Bösewicht das AÖS, was zur Folge hat, dass viele der Figuren unvorbereitet ihren normalen Tätigkeiten nachgehen. So schläft zum Beispiel Inspektor Shindo Arata gerade im Büro, weswegen Azusawa es nicht schwer hat, ihn gefangen zu nehmen. Durch die unterschiedlichen Aufenthaltsorte des großen Casts, den abgetrennten Kommunikationswegen und den vielen Gefahren entsteht eine spannende Grundsituation. Eine, die vor allem gut durchdacht ist, denn für wirklich jeden Charakter bietet die Geschichte etwas zu tun. Dabei spielen die Autoren vor allem geschickt damit, dass bei einigen nicht einmal klar ist, auf wessen Befehle sie gerade agieren.

Mit Menschenkenntnis an die Macht

Für die beiden Kongressabgeordneten Haruki Shirogane und Shizuka Homura ist es eine weitere Runde am Roundrobin Tisch. Doch von dort aus setzten beide mit all ihrem Geld und ihrer Macht Hebel in Bewegung. Teilweise für uns sehr undurchschaubar, was die Sache natürlich sehr faszinierend macht, sowie sich glücklicherweise bis zum großen Finale durchzieht. Mehr in den Vordergrund drängt sich jedoch Kouichi Azusawa. Dieser brilliert als aktiver Gegenpart zu den Ermittlern direkt vor Ort im Gebäude des AÖS und ist ihnen gefühlt immer zwei Schritte voraus. Selbst wenn die Guten einmal etwas zurückerobern können, setzte er förmlich da darauf. Dabei ist er nicht der große Stratege, sondern jemand, der das menschliche Verhalten gut einschätzen kann, dadurch wirkt er sehr bodenständig, glaubwürdig, sowie fast schon sympathisch.

Helden in zweiter Reihe

Trotz den vielen aktiven Kampfhandlungen findet die Story immer wieder Momente, um den Figuren Raum zur Entfaltung zu geben. Fans dürfen sich vor allem darauf freuen, dass in Psycho-Pass 3: First Inspector auch Nebenfiguren brillieren dürfen. Allen voran die begabte Analystin Shion Karanomori nimmt diesmal eine sehr aktive Rolle ein. Wiederum bilden sich im Laufe der Geschichte ungewohnte, aber abwechslungsreiche Charakterkonstellationen. Zum Beispiel kämpft sich Mika Shimotsuki mit Todoroki und Hinakawa zum Dominator-Waffenlager vor, während Kei mit Ginoza und Kougami versucht über den Luftweg ins Gebäude zu kommen. Dabei werden in dieser Fortsetzung zum Glück auch die durch die vorangegangene Staffel eingeführten Probleme weiter bzw. teilweise zu Ende erzählt. So liegt immer noch ein Streit zwischen Kei und Arata in der Luft, der natürlich Thema ist, sobald sich die beiden Helden mitten im Gewusel wiedersehen.

Neue Wege für eine vierte Staffel

Die losen Enden der dritten Staffel werden weitestgehend zu einem würdigen Abschluss gebracht. So endet die Jagd nach den Füchsen in einem primär verblüffenden Finale, das ein paar nette Grundsteine für den nächsten Abschnitt legt. Wie zum Beispiel, dass Shizuka Homura der neue Direktor des AÖS wird, was nicht nur Mika Shimotsuki aus den Schuhen haut. Oder aber, dass unsere liebgewonnene Akane Tsunemori wieder auf freien Fuß gesetzt wird und in Zukunft als Vollstreckerin dienen wird. Das Wiedersehen von ihr und Kougami auf japanischem Grund und Boden dürfte für viele das Highlight des Films sein. Doch neben den positiven Einschlägen gibt es auch Dinge zu bemängeln. Gerade Akanes Fall, der sie ins Gefängnis brachte, wird nicht weiter beleuchtet, sowie Keis Seitenwechsel, der unausgesprochen bleibt. Etwas zu leicht haben es sich die Schreiber auch mit Aratas letzten Mental-Tracing gemacht.

Nicht immer auf dem gleichen hohen Niveau

Studio Production I.G. (Welcome to the Ballroom) liefert auch bei Psycho-Pass 3: First Inspector ein gutes Ergebnis ab. Allen voran bietet der Film durch verschiedene Schauplätze genug Abwechslung für die Augen, da nicht nur im und auf dem Gebäude agiert wird. Gerade der einsetzende Schneefall, gepaart mit den Nachtszenen, sorgt für eine melancholische Stimmung, die zum Inhalt passt. Flüssig in Szene setzte das Animationsteam die gewohnt durchchoreografierten Kampfszenen. Jedoch sticht keines dieser Gefechte besonders hervor. Zwar zeigt Naoyoshi Shiotani (Storyboard bei Maquia ‒ Eine unsterbliche Liebesgeschichte) mit der Konfrontation von Kei und Kougami einen Kampf, der Herzen von Actionliebhabern normalerweise höher schlagen lassen würde, allerdings ist dieser zu kurz, als dass er sich richtig entfalten kann. Zusätzlich sind die Figuren nicht immer ordentlich gezeichnet, sodass hin und wieder ihr Aussehen minimal variiert.

Musikalisch alles beim Alten

Musikalisch wagt sich das Team nicht weit von der vorangegangenen Staffel weg. Mit “Synthetic Sympathy” wurde erneut die Band Who-ya Extended engagiert, sowie Cö shu Nie mit “red strand“ für das Ending. Beide Songs bleiben unglücklicherweise hinter den Qualitäten ihrer vorangegangen Psycho-Pass-Arbeiten zurück. Selbst auf der Bildebene bieten uns die Arbeiten der Animatoren nicht viel. Kanno (Ajin) liefert hingegen wie immer einen Soundtrack ab, der sich nahtlos in seine anderen Arbeiten für das Franchise einfügt.

Fazit

Der flotte Wiedereinstieg in die Geschehnisse, gepaart mit dem interessanten Storykonstrukt um den Angriff von Kouichi Azusawa, sorgt dafür, dass ich mich gleich wieder heimisch fühle. Geschickt geht das Skript mit den vielen Figuren um, ohne dabei welche aus den Augen zu verlieren. Dabei passiert während der Laufzeit wirklich sehr viel! Langeweile kommt hier nicht auf und was mich persönlich am meisten freut, dass der Film ein großes, passendes Finale für Psycho-Pass 3 darstellt. Viele der Story-Puzzleteile fügen sich endlich zu einem aufschlussreichen Ganzen zusammen. So zum Beispiel die Erklärung zu Bifröst, welche sich logisch in die Welt von Sibl einfügt. Desweiteren gibt es nette Überraschungen bezüglich Shizuka Homuras Schachzügen, sowie Aratas verloren gegangene Erinnerungen. Mit dem richtigen Wiedersehen von Akane und Kougami gibt es sogar eine Szene, die mein Herz höher hüpfen ließ. Doch auch Negatives muss ich ankreiden, denn der Fall, der Akane ins Gefängnis brachte, bleibt weiterhin im Dunkeln. Auch das Wiederfinden Aratas Vergangenheit wirkt arg aufgesetzt und fügt sich nicht zu 100% in die Handlung ein. Dass hin und wieder die Animationen schwächeln, darf auch nicht unerwähnt bleiben. Trotzdem ist Psycho-Pass 3: First Inspector ein würdiger Abschluss des dritten Staffelabschnitts, der Lust auf eine Fortsetzung macht.

© Amazon Prime Video

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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