Neues vom US-Comicmarkt (November 2018 – Teil 1)
In diesem Format stellen wir euch ausgewählte aktuelle Comics des US-Markts vor, die wir monatlich begleiten.
Wie sah es im Inneren von Sanctuary aus? Was haben die Helden dort gemacht? Wie konnten sie dort an ihren Problemen arbeiten? Diese Fragen werden am Beispiel drei sehr verschiedener Helden gezeigt: Lagoon Boy, Flash (Wally West) und Booster Gold. Jeder hat dabei mit eigenen Dämonen zu kämpfen und Sanctuary nutzt kryptonische Technologie, um jeden von ihnen eine gewünschte virtuelle Realität vor Augen zu führen. Im Gespräch mit Booster Gold wird auch klar gemacht, dass jeder der Helden herausfinden muss, weshalb er sich diese Realität so gewünscht hat. Lagoon Boy lässt sich in seiner immer wieder von Lasern durchbohren. Immer und immer wieder. Weil es das ist, was er Tag für Tag vor Augen hat. Was das Schicksal seiner Kameraden ihm in die Netzhaut gebrannt hat. Flash wünscht sich zurück zu einer Familie, die es für ihn nicht mehr gibt. Weil ihm der Halt fehlt. Weil seine Familie ihm fehlt. Und Booster Gold? Der stellt sich einer virtuellen Version von sich selbst und fängt kurze Zeit später an sich mit dieser zu prügeln. Erst das Dröhnen eines Alarms mit einer Notfallwarnung stoppt ihn. Während die genaue Ursache vorerst nicht gezeigt wird, erlebt Lagoon Boy fast eine Art Wachtraum, als er wie in der Simulation durchbohrt wird und stirbt. Auch Wally, der nach draußen eilt und seinen Freund Arsenal nur mehr tot vorfindet, wird erschlagen und stirbt ebenfalls. Nur Booster Gold lebt noch. Und er sieht in das Gesicht jener Person, die vermutlich alle Helden umgebracht hat: Harley Quinn!
WOW! Was für ein Comic. Tom King zieht wieder alle Register und schickt den Leser auf eine Gefühlsachterbahn. Zuerst setzt er diese Ausgabe geschickt am Anfang der eigentlichen Chronologie an. Wir sehen also, wie es zur Situation aus Ausgabe 1 kam. Gleichzeitig lässt er uns tiefer in die Köpfe der Helden blicken als je zuvor. Lagoon Boy ist dabei klar das tragische Schicksal eines Überlebenden. Nun will er sich selbst dafür bestrafen. Wally ist in einer Realität gestrandet, in der seine Liebe zu Linda und seine Kinder nicht existieren. Ein großer Teil seines Lebers einfach ausradiert wurde. Weshalb er sich diese Art Traum von ihnen erschafft. Dabei lässt es sich King nicht nehmen einen kleinen Seitenhieb auf Wallys Erlangen seiner Superkräfte zu machen. Booster Gold wird ebenfalls mit seinem schlimmsten Feind konfrontiert: sich selbst. Der große Schocker passiert dann aber auf den letzten Seiten, als wir den Tod von Lagoon Boy und Flash miterleben und auch sehen, wer dafür verantwortlich ist. Super in Szene gesetzt diesmal von Lee Weeks. Clay Mann steuert diesmal nur die erste und letzte Seite bei. Sieht aber weiterhin fantastisch aus und die Frage, ob alles wirklich so ist wie gezeigt, bleibt weiterhin bestehen. Denn geschickt werden Täter und Tat nie in ein und demselben Panel gezeigt. War es also wirklich Harley? Oder ist es geschickte Ablenkung? Ich kann die nächste Ausgabe nicht mehr erwarten!
In den Tiefen des Alls hat der sonst so gefürchtete General Zod eine Vision. Auf dem Planeten Jakuul soll ein neues Krypton entstehen. Die Häuser El und Zod gemeinsam vereint mit den Kryptoniern aus Kandor. Ein utopischer Gedanke, der durch einen Angriff von Rogol Zaar vernichtet wird. Zod ist am Boden zerstört, die Erinnerung, dass seine Heimat von Zaar ausgelöscht wurde, verfolgt ihn. Als er hört, dass die Erde verschwunden ist, die Heimat von Kal-El, den er braucht, um eine neue Zukunft zu erschaffen, prescht er sofort los. Zum Glück taucht die Erde grade von ihrem Ausflug in die Phantomzone wieder auf. Der Preis ist ein zurückgelassener Superman.
Die „Unity Saga“ beginnt sich ein wenig zu ziehen und Heft #5 hält sich überhaupt nicht lange mit Rogol Zaar als Antagonisten auf, was den eigentlich bedrohlichen Plot noch dünner werden lässt. Aber das Cover lockt schließlich auch mit der Tagline „Kryptonian Alliance!“ und zeigt Superman gleich neben General Zod. Brian Michael Bendis knöpft sich einen klassischen Charakter vor und führt ihn in die Story ein. Dabei ist der Ausgangspunkt ziemlich interessant, denn Zod erkennt seine philophisch-moralischen Differenzen mit Kal-El an, bittet ihn in seiner Vision aber um Zusammenarbeit. Den charakterlichen Unterschied macht Bendis dann auch schnell klar. Der zurückgelassene Superman hat einen schwachen Moment und denkt darüber nach, dass er in der Phantomzone alles und jeden vernichten könnte, wenn er es wirklich darauf anlegen würde. Aber ein Gedanke an die Kents, seine menschlichen Eltern, zeigen, dass Rache und Gewalt nicht sein Weg sind. Da betritt Zod die Phantomzone und beim Anblick von Rogol Zaar hält ihn nichts mehr. So dünn die Story im Heft auch ist, hat sie ein paar tolle emotionsgeladene Höhepunkte. Und das macht den neuen Superman momentan wirklich lesenswert. Der Humor ist auch gelungen, als die Erde zurückkehrt und der arme Adam Strange noch versucht eine korrekte Vermisstenmeldung für den ganzen Planeten aufzugeben.