Star Trek: Discovery (Folge 2×10)

Folge 2×10: “The Red Angel” von Star Trek: Discovery hält leider keine Überraschungen parat, insoweit dass wieder alles sehr überraschend ist. Die Identität des Roten Engels wird gelüftet, Burnham erfährt von Leland mehr über ihre Eltern, eine Tote bleibt tot, eine Tote wird wieder lebendig und Burnham stirbt. Der übliche Wahnsinn der zweiten Staffel nimmt seinen erwartbar unerwarteten Lauf.

Das Vorhaben einer künstlichen Intelligenz aus der Zukunft, sich selbst schon frühzeitig das notwendige Werkzeug zur Weiterentwicklung zu geben, konnte zwar verhindert werden, allerdings zu einem hohen Preis. Während die Crew noch um ihre verstorbene Kameradin Lieutenant Airiam trauert, wird die Kooperation mit Leland und Sektion 31 gesucht, um zu verhindern, dass dem Roten Engel erneut eine KI aus der Zukunft folgt. Ist man dem Roten Engel bisher nur hinterhergejagt, geht man nun in die Offensive und fasst den Plan, ihn zu fangen, um von ihm Antworten zu bekommen. Der Schlüssel dazu findet sich in einer Datei, die man bei Airiam gefunden hat. Scans aus der Zukunft zufolge verbirgt sich hinter dem Roten Engel niemand anderes als ausgerechnet Michael Burnham. Wie auch immer dies zustande kommen wird, es birgt die Möglichkeit, dem Roten Engel eine Falle zu stellen. Da Burnham als Roter Engel ja nicht aus der Zukunft anreisen kann, wenn sie vorher stirbt, bringt sie sich selbst in Lebensgefahr, in der Hoffnung, dass der Rote Engel einmal mehr auftauchen wird, um ihren Tod zu verhindern.

Wir mögen Spannung, oder?

Was ist spannend? Spannend ist die Frage, ob Figuren in gefährlichen Situationen überleben oder nicht. Zum Beispiel wenn sie in einem Gebäude mit einem Serienkiller eingeschlossen sind. Spannend ist auch die Frage, wie sich eine bestimmte Situation ergeben hat: Wer hat den ungeliebten Millionär im geschlossenen Raum ermordet? Warum wacht unser Protagonist ohne Erinnerungen mit einem blutigen Messer in der Hand mitten im Wald auf? Solche Situationen sind spannend, weil sie Fragen aufwerfen und den Wunsch nach ihrer Beantwortung wecken. Überstehen die Figuren die Gefahrensituation unverletzt? Überleben alle? Wie überleben sie? Wie konnte jemand den Millionär in einem geschlossenen Raum töten? Wer war es? Der Butler? Dessen Schwiegertochter? Hat unser Protagonist jemanden umgebracht? Wie hat er seine Erinnerungen verloren? Wessen Blut ist das am Messer? Solche Fragen involvieren die Zuschauer bei dem was passiert. Sie fiebern mit, hoffen, bangen, achten auf Hinweise, versuchen Ordnung in das Chaos zu bringen und stellen Theorien auf.

Überraschung! Überraschung! Überraschung! BLAM!!!

Überraschungen sind nicht spannend. Keine Frage, sie sind effektvoll. Etwas komplett Unvorhersehbares passiert und stellt alles auf den Kopf, was man bisher zu wissen glaubte. Aber sie sind nicht spannend, da das Spannende mit Erwartungen auf eine Lösung der Fragen einhergeht und Überraschungen das komplett Unerwartete sind. Wenn der Serienkiller beim Verfolgen eines Opfers plötzlich eine Treppe herunterstolpert und sich das Genick bricht, wenn der Millionär von einem Alien aus dem Weltall mit Telepathie getötet wird oder sich der Cast von Starlight Express einmal jährlich einen Spaß daraus macht, Leute mit einem Men in Black-Blitzdings zu überraschen und sie dann mit einem blutigen Messer in der Hand im Wald auszusetzen, dann ist das ziemlich überraschend, aber nicht sehr spannend. In Staffel 1 hat Star Trek: Discovery zwei ziemlich große Überraschungen parat: Tyler ist tatsächlich ein klingonischer Agent. Captain Lorca ist tatsächlich sein Doppelgänger-Gegenstück aus dem Spiegeluniversum. Beides wird in der ersten Staffel recht lange aufgebaut und die Zuschauer kriegen zwar reichlich Hinweise, aber da die Lösungen nicht sehr naheliegend sind, kommen sie doch überraschend. Anscheinend im Glauben, eine Stärke bei sich entdeckt zu haben, erklärten die Macher von Discovery die Überraschung wohl zum Formprinzip und versuchen nun auf wöchentlicher Basis mit aller Gewalt die Zuschauer immer wieder zu überraschen. Mit dem Tod oder Wiederbelebungen von Figuren, Blitzentwicklungen, Killer-KIs aus der Zukunft und so weiter. Wenn sich in dieser Folge Burnham als der Rote Engel herausstellt, Leland offenbart, dass der Rote Engel-Anzug eine von Sektion 31 gebaute Zeitmaschine ist, die Burnhams Eltern mitentwickelt haben und der Rote Engel dann tatsächlich Burnhams totgeglaubte Mutter ist, dann ist das alles sehr überraschend, aber es ist absolut nicht spannend. Es ist zwar auch nicht langweilig, aber es ist einem irgendwie egal, weil das Mitdenken eh keinen Zweck mehr hat.

Meinung

Und wieder ein Zelebrieren unvorhersehbarer Wendungen. Es nervt mich einfach nur noch und diese Folge führt mal wieder vor, warum. Wer der Rote Engel ist, war bis hierhin eine der bestimmenden Fragen der Staffel und Burnham hatte ich dementsprechend auf dem Zettel, weil bei Zeitreisen derartige Paradoxa halt mal passieren und auch einiges in ihrem Profil auf die bisherigen Hinweise gepasst hätte. Stattdessen wird ganz schnell in dieser Folge ein Wettrüsten um Zeitmaschinentechnologie zwischen Klingonen und Föderation aus dem Boden gestampft, Burnhams Eltern werden kurzerhand zu den Entwicklern dieser Technologie erklärt und am Ende ist dann halt Burnhams Mutter ganz überraschend der Rote Engel. Das hat man dann natürlich nicht kommen sehen. Wie auch?! Die Figur war eigentlich schon lange vor Handlungsbeginn tot und ist in der Serie bisher nie aufgetaucht. Da die dafür nötigen Infos auch erst ganz rasch in dieser Folge kommen, bleibt wenig bis gar keine Zeit, diese Möglichkeit zu entwickeln, bevor sie einem auch schon vor die Nase gesetzt wird. Die Gefahr dabei, Zuschauer immer wieder überraschen zu wollen ist, dass komplett Unvorhersehbares passieren muss, wodurch alles leicht so weit ins Absurde abrutscht, dass sich Zuschauer auch ein bisschen verarscht vorkommen. Es ist einfach nicht sehr involvierend, darum finde ich mich inzwischen schulterzuckend damit ab, dass halt Zeug passieren wird, das nahezu unvorhersehbar ist und es interessiert mich dann auch nicht mehr. Die einzigen Pluspunkte in dieser Folge sind wieder nur die Charaktermomente, wie Tillys nervöse Kommentare, oder dass sich Burnham besser mit Spock verträgt, sie und Tyler sich wieder annähern und sie sich auch endlich für den Tod ihrer Eltern vergeben kann.

Lyxa

Lyxa studiert aktuell das Fach Und-was-macht-man-damit in Mainz, liest viel, schreibt gerne und schaut sich viel und gerne allerlei Serien und Filme an, am liebsten Science-Fiction. Lyxa ist dabei besonders der Dunklen Seite der Macht verfallen, weil es dort die cooleren Outfits gibt.

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