Space Force (Staffel 1)

Als Präsident Trump im Jahre 2018 per Tweet die Space Force ausrief („Space Force all the way!“, 9. August 2018), hätte man das für einen Scherz halten können. Doch keine zwei Jahre später präsentiert sich eine (zumindest auf dem Papier schon einmal existente) Teilstreitkraft mit 15.000 (immerhin geplanten) Soldaten und einem Flaggenlogo, das irgendwie nach Star Trek ausschaut. Eine Steilvorlage, die nun von Steve Carell (Das Büro) und Greg Daniels, dem ehemaligen Gagschreiber von Saturday Night Live, in eine Comedy-Serie auf Netflix umgewandelt wurde. Space Force dokumentiert den kläglichen Versuch, eine quasi per Tweet entstandene Militärstreitkraft aufzubauen.

Die Geschichte von Space Force folgt dem frisch gebackenen 4-Sterne-General Mark Naird (Steve Carell), der widerwillig von seinem Posten in der Air Force an die Spitze der Space Force gesetzt wird – einer aus dem Boden gestampften Teilstreitkraft, geboren aus Trumps Vorstellung, in der heiß umkämpften Region des Weltalls die Vormachtstellung einzunehmen. Verspottet von den anderen Streitkräften (selbst von dem eigentlichen Loser, der Küstenwache), versucht Naird das Chaos in seiner Truppe zu bändigen. Rücken- und Gegenwind erhält er dabei von Dr. Mallory (schön ironisch: John Malkovich, Being John Malkovich), einer exzentrischen Stimme der Vernunft zwischen all den Militär- und Politikfuzzis, und seinem hungrigen, aber unfähigen Social Media-Beauftragten Fuck Tony (Ben Schwartz, Parks and Recreation).

„I wanna build a Space Force – and the aliens are going to pay for it!“

Originaltitel Space Force
Jahr 2020
Land USA
Episoden 10 in Staffel 1
Genre Komödie
Cast General Mark R. Naird: Steve Carell
Dr. Adrian Mallory: John Malkovich
F. Tony Scarapiducci: Ben Schwartz
Erin Naird: Diana Silvers
Captain Angela Ali: Tawny Newsome
Dr. Chan Kaifang: Jimmy O. Yang
Seit dem 29. Mai 2020 auf Netflix verfügbar

Das Best Of Trump einzugrenzen ist kein Pappenstiel. So ziemlich alle seine Sprüche, ob live getätigt oder per Tweet, bergen Potential: „I have a great relationship with the blacks“ (April 2011), „The beauty of me is that I‘m very rich“ (März 2011), „I have never seen a thin person drinking Diet Coke“ (Oktober 2012) und natürlich der kleine aber feine Liebling d. Red.: „cofveve“ (Mai 2017. Man munkelt, das sei der unauffällig an Putin weitergegebene Startcode für die amerikanischen Nuklearwaffen). 2018 kündigte Trump dann die Schaffung einer sechsten Teilstreitkraft, der Space Force, an. Im Kontext seiner sonstigen verbalen Auswüchse hätte man auch das für einen unfreiwilligen Witz halten können. Doch bereits ein Jahr später wurde die Space Force auf dem Papier offiziell in Betrieb genommen und wieder ein Jahr später, also 2020, stellte Trump (neben seiner neuen „Super-Duper-Rakete“) die Uniformen und die Flagge der Space Force vor. Ein Schelm, wer darin das Logo des Sternenflotten-Kommandos aus Star Trek erkennt. Die ganze Historie der noch jungen Space Force ging also bis zuletzt nicht ohne Komik ab. Eine Komik, die nun im Serienformat konsequent weitergeführt wird.

Der Militär und das Brain

Als neuer Kopf der Space Force findet sich Mark Naird in einem neokolonialistischen Hickhack zwischen Politikern und Wissenschaftlern wieder. Die einen wollen ihre Soldaten als erstes auf den Mond schicken, die anderen sind dem ganzen Programm eher mäßig zugetan. Rädelsführer der Wissenschaftler ist dabei der ironische Dr. Mallory, der versucht, in dem ganzen militärisch-industriellen Komplex nicht die Fassung zu verlieren und oft ebenso glücklos und peinlich berührt wirkt wie der Virologe Dr. Fauci an der Seite von Trump. Doch Mallory und Naird müssen lernen, sich zusammen zu raufen, denn das eigentliche Problem ist die chaotische Administration des Weißen Hauses. Trump selbst wird dabei nie namentlich erwähnt. Nur manchmal flattern per SMS oder Tweet exzentrische Nachrichten „vom Präsidenten“ rein, in denen er z.B. nach „Boobs on the moon!“ schreit (vermutlich meint er „boots“). Oder aber die First Lady ruft in dem Vorhaben an, die Uniformen der Space Force durch elegante Star Trek-Roben zu ersetzen.

Der Alltag in der Weltpolitik

Zwischen Militärpomp und Allmachtsfantasien erzählt Space Force auch von einem Mann, der lernen muss, ein alleinerziehender Vater zu sein. Denn Nairds Frau Maggie (Lisa Kudrow, Friends) sitzt im Knast (und entdeckt dort ihre lesbische Seite), während zu Hause eine fast erwachsene Tochter wartet, die sich vor lauter Langeweile mit einem (offensichtlichen) russischen Spion einlässt. Space Force schlägt hier also einen kurvigen und unvorhersehbaren Kurs zwischen Weltpolitik und sozialen Happenings ein – auch bei den Nebenfiguren. Die sozialen Kernstücke sind dabei die liebevolle Hass-Freundschaft zwischen Naird und Dr. Mallory und besagte Beziehung zwischen Naird und seiner Tochter. Das kann manchmal herzerwärmend sein, manchmal führen diese Stränge aber auch nirgendwo hin. Nähert sich Naird in einer Folge seiner Tochter an, vergisst er sie in der nächsten wieder komplett und lässt sie helikopterfliegend in der Pampa zurück. Space Force ist ein bisschen Familiendrama, ein bisschen Romcom, vor allem aber natürlich Parodie und (zugegeben: leichte) Politik-Farce. Hier profitiert die Serie von ihrem Schauspielerensemble, das komplett im Komikmetier beheimatet ist. Sehr toll ist beispielsweise die Dynamik zwischen den Köpfen der Streikräfte, bestehend aus u.a. Jane Lynch (Glee), Patrick Warburton (Rules of Engagement) und Noah Emmerich (The Americans).

Satire?

Space Force ist nah dran – nah am Zeitgeist und nah am Geschehen. Sie könnte eine fiktive Parallelspur werden, die sich darüber mokiert, was auf der Autobahn der Weltpolitik passiert. Sie könnte das satirische Fadenkreuz auf der Brust der Trump-Ära sein. Über den Zeitgeist verfügt Space Force, zum Beispiel daran zu erkennen, wenn eine Astronautin versucht, ihren ersten Schritt auf dem Mond mit einem geilen One-liner zu prägen. Doch wie schaut’s aus mit dem Biss? Blickt man rüber nach Amerika, attestieren viele Kritiker der Serie eine gewisse „Zahnlosigkeit“. Generell wird die Serie dort nicht gut aufgenommen. Tatsächlich ist Space Force auch keine wirklich bissige politische Satire, sondern vielmehr eine Arbeitsplatz-Komödie. Wird die Politik aufs Korn genommen, dann bleiben die Serienmacher eher allgemein (China und so). Stattdessen gibt es Bürorivalitäten, seltsame Mitarbeiter, absurde Konfrontationen und absurde Einfälle (der „Schimpanstronaut“, das „Capture the flag“-Debakel zwischen Air Force und Space Force, das gegenseitige Mondbasen-Zerballern zwischen Chinesen und Amerikanern etc.). Aber man zweifelt nicht daran, dass es sich genauso im Kopf des Präsidenten abspielen könnte, wenn er von „amerikanischer Dominanz im Weltall“ spricht. Ist natürlich die Frage, wie das der Otto Normalamerikaner empfindet, der z. Z. zwischen Pandemie und Floyd-Demonstrationen gefangen ist. Was das betrifft hat Space Force leider ein extrem schlechtes Timing. Keine gute Zeit für Trump-Witze. Denn die Serie fußt auf der Vorstellung, dass es gutmeinende Kabinettsmitglieder gibt, die versteckt daran arbeiten, dass alles besser wird. Solche, die Patrioten sind, heimlich aber gegen den Präsidenten arbeiten. Quasi die subversiven Vollsympathen im Weißen Haus. Im Kontext der aktuellen Geschehnisse könnten Betroffene das als geradezu beleidigende Träumerei verstehen, denn in ihren Augen ist es sicher unmöglich, ein Teil des Trump’schen Zirkels zu sein, ohne sich mit Schuld zu beladen.

Fazit

Space Force ist witzig. Zwar nicht so sehr wie Das Büro, aber egal. Space Force ist auch satirisch. Zwar nicht so sehr wie Veep, aber auch das ist egal. Die Serie nimmt Imperialismus, Rüstungswahn, Militärpomp und nervige Anführer aufs Korn und präsentiert so manche Albernheit. Würden Kritiker diese Albernheiten ankreiden, dann würden sie sich sicher an der Schimpanstronaut-Folge aufhängen. Aber ich finde die gut; wenn der Schimpanse von den Chinesen gecasht wird und Steve Carell nur noch „Hoffentlich hält der Affe sein scheiß Maul!“ brüllen kann, dann find ich’s tatsächlich witzig (vor allem mit Blick auf den augenverdrehenden Malkovich). Und das verdankt die Serie ihrem Darsteller-Ensemble, welches vom Fach ist und es dahingehend versteht, Komik auf die korrekte und zündende Arte und Weise zu transportieren. Ich für meinen Teil habe genau das bekommen, was ich von einer Serie namens Space Force erwartet habe, und vielleicht liegt darin auch der Schlüssel: keine zu hohen Anforderungen stellen. Ich zumindest fühlte mich gut unterhalten. Um es in Trumps Worten zu sagen: Space Force ist tippy top.

© Netflix

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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