My Name

Südkoreanische Produktionen gewinnen an immer mehr Popularität, wie auch die Hit-Serie Squid Game belegt, die nicht nur als erfolgreichste Netflix-Serie aller Zeiten gilt, sondern auch einen riesigen Hype auslöste. Mit My Name veröffentlichte Netflix am 15. Oktober 2021 die nächste südkoreanische Serie, die zeitweise auch in den Netflix-Charts zu finden war. Der actionreiche Drama-Thriller erzählt in acht Episoden von der jungen Ji-woo, die nach der Ermordung ihres Vaters Rache schwört und sich dafür einem Drogenkartell anschließt, um fortan unter neuer Identität bei der Polizei zu arbeiten und den Schuldigen zu töten. Produziert wurde die düstere Serie unter der Leitung von Regisseur Kim Jin-min (Extracurricular) von Santa Claus Entertainment. Ob Ji-woos schonungslose Suche nach Rache zu überzeugen weiß, lest ihr in unserem Review.

   

2016: Das Leben von Teenager Ji-woo (Han So-hee, Neverthless) könnte nicht schlimmer aussehen. Ihr Vater, ein gesuchtes Mitglied des Drogenkartells Dongcheonpa, ist seit Monaten untergetaucht. Die Wohnung wird entsprechend überwacht und auf Ji-woo haftet das Stigma einer Gangster-Tochter, sodass sie in der Schule extrem gemobbt und misshandelt wird. Als sich ihr Vater Yoon Dong-hoon (Yoon Kyung-ho, Intimate Strangers) zu ihrem 17. Geburtstag auch nur kurz telefonisch meldet, reicht es Ji-woo. Sie erzählt ihrem Vater von allem, was sie aktuell belastet, was ihn veranlasst, trotz Risiko sofort zu ihr zu fahren. Ein Fehler, denn vor Ji-woos Augen wird er brutal von einem Unbekannten getötet. Ji-woo schwört: Sie wird den Mörder ihres Vaters finden und sich rächen. Nach einigem Hin und Her nimmt sie Choi Moo-jin (Park Hee-soon, Dr. Brain), der Boss von Dongcheonpa, auf eigenen Wunsch unter seine Fittiche und lässt sie der Gang beitreten. Sie lernt zu kämpfen und erhält eine neue Identität, mit der sie sich als Spitzel der Polizei anschließt, denn angeblich habe ein Polizist ihren Vater getötet. 2021 wechselt sie zum Drogendezernat und es scheint, als komme sie ihrer Rache immer näher. Doch es wird nicht nur schwieriger, nicht aufzufliegen, sondern eventuell sieht die Wahrheit hinter dem Tod ihres Vaters auch anders aus als angenommen …

Allein unter Männern

Originaltitel Mai Neim
Jahr 2021
Land Südkorea
Episoden 8
Genre Action, Thriller, Drama
Cast Yoon Ji-woo/Oh Hye-jin: Han So-hee
Choi Moo-jin: Park Hee-soon
Jeon Pil-do: Ahn Bo-hyun
Cha Gi-ho: Kim Sang-ho
Jung Tae-jo: Lee Hak-jo
Yoon Dong-hoon: Yoon Kyung-ho
Do Gang-jae: Chang Ryul
Veröffentlichung: 15. Oktober 2021 auf Netflix

Angesichts Ji-woos Lebensumstände scheint es zunächst, als sei ihr grenzenloser Durst nach Rache schwer nachvollziehbar, schließlich litt sie wegen ihrem Vater und dessen Job. Doch in Rückblicken wird deutlich, wie nah sich Vater und Tochter ursprünglich standen. Zudem hält Ji-woo wenig in ihrem alten Leben: Von der Schule verwiesen, als Gangster-Tochter gebrandmarkt und um das letzte Familienmitglied beraubt, fällt es nicht schwer zu glauben, dass sie ihrem alten Leben den Rücken kehrt. Leicht ist das jedoch nicht, denn wie soll sich ein zartes Mädchen wie sie in einem zutiefst männlichen und brutalen Business wie Drogenhandel durchsetzen? Sie lässt sich nicht unterkriegen und trainiert hart, doch auch an dieser Stelle wird nichts geschönt dargestellt. Sie wird nicht plötzlich zur Heldin des Untergrundes, sondern hart angegangen. Denn nachdem sie in einem Cage-Fight als Siegerin hervorgeht, setzt sie ein anderes Gang-Mitglied unter Drogen und versucht, sie zu vergewaltigen. Sie kann dies zwar abwenden, geht jedoch mit starken Verletzungen und einem Trauma daraus hervor. Als Folge behauptet Moo-jin vor den anderen Gang-Mitgliedern, dass Ji-woo von dem Angreifer getötet wurde, sie selbst erhält aber tatsächlich unter dem Namen “Oh Hye-jin” eine neue Identität. In den nächsten fünf Jahren trainiert sie sowohl auf eigene Faust als auch mit Moo-jins Hilfe, geht als Spitzel zur Polizei und wird damit vollwertiges Mitglied der Dongcheonpa. Sie ist quasi dem Pfad ihres Vaters gefolgt, um so den verantwortlichen Polizisten zu töten und herauszufinden, was damals tatsächlich geschah. Diese Parallele zwischen Vater und Tochter ist ein wichtiges Leitmotiv innerhalb der Serie, das im späteren Verlauf sogar intelligent aufzeigt, warum der Serientitel “My Name” lautet.

Spannend, doch wenig originell

Ji-woo wird zu Beginn der Haupthandlung nach dem fünfjährigen Zeitsprung ins Drogendezernat versetzt, wie sie auch ursprünglich geplant hatte. Einer ihrer Kollegen dort ist Detective Jeon Pil-do (Ahn Bo-hyun, My Only Love Song), den sie kurz zuvor bei einem Fall kennengelernt und mit ihm aneinandergeraten war. Allerdings sollen die beiden nun als Partner zusammenarbeiten, was Jeon Pil-do ablehnt. Doch als er sieht, wie seine neue Kollegin bei einem gemeinsamen Einsatz problemlos mehrere Gangster überwältigt, ist er durchaus beeindruckt. Die Beziehung zwischen Ji-woo und Pil-do überzeugt hierbei mit Authentizität. Ihr Vertrauensverhältnis und sogar eine tiefere Bindung bauen sich über die Handlung hinweg auf nachvollziehbare Weise auf. Natürlich weiß Pil-do aber nicht, dass Ji-woo keinesfalls diejenige ist, die sie vorgibt zu sein, sodass sie auch in eine Art Identitätskrise gerät. Auf der einen Seite lacht sie mit ihrem Kollegen, der ihr sogar den traurigen Grund anvertraut, warum er Polizist wurde, auf der anderen Seite sabotiert sie die Polizeiarbeit und sollte die Gesetzeshüter eigentlich hassen. Diese Ambivalenz gestaltet sich interessant und spannend, schließlich ist auch klar, dass es so etwas wie ein märchenhaftes Happy End für die Protagonistin nicht geben wird. Als Verbrecherin, die unter falscher Identität lebt, kann sie nicht einfach ein normales Leben fernab der Dongcheonpa führen, selbst wenn sie das wollen würde. Die Beziehung zwischen Moo-jin und Ji-woo ist hingegen sehr undurchsichtig. Er war einerseits der beste Freund ihres Vaters Dong-hoon und hat ihr Hilfe angeboten, als sie völlig verzweifelt war. Andererseits ist er aber immer noch ein Verbrecher, der von Ji-woos Loyalität in erster Linie profitiert und sie nicht aus Gutherzigkeit trainiert hat. So spannend die Handlung um die Suche nach der Wahrheit und das doppelte Spiel der Hauptfigur dabei auch ist, der Plot selbst bietet nur einen wenig originellen Verlauf. Im Gegenteil: Der Großteil läuft genau so ab, wie man sich das bereits in den ersten Minuten vorstellt. Die Wendungen sind also wenig überraschend, allerdings ist die Umsetzung so gelungen, dass dies nicht allzu sehr ins Gewicht fällt.

Nichts für zarte Gemüter: hoher Gewaltgrad

My Name ist eine Action-Serie und dabei nicht zimperlich. In der koreanischen Unterwelt und im Drogengeschäft geht es knallhart zu. Da wird regelmäßig mit Messern aufeinander eingestochen und sich verprügelt. Dementsprechend blutig und brutal präsentieren sich viele der Szenen, was sich aber innerhalb des Kontextes als absolut passend erweist. Ebenso setzen die brutalen Szenen auf keinen Ekel-Faktor oder dienen einem Selbstzweck, sondern sind ein organischer Teil der Handlung und zeigen eben, wie es in der kriminellen Welt abläuft. Moo-jin sagt zu Ji-woo selbst die harte Wahrheit: Sie muss kämpfen, um zu töten, nicht um zu gewinnen. Anders hat sie keine Chance zu überleben und ihre Rache zu bekommen. Ohnehin ist die Stimmung der Serie sehr düster, immerhin ist Ji-woo Teil eines Drogenringes und undercover als Polizistin tätig. Fest steht: Fliegt sie auf, kann es passieren, dass sie beiden Seiten ausgeliefert ist. Denn Moo-jin kennt keine Gnade, sollte sie die Organisation verraten, wird er sie töten, doch gerade dadurch, dass er quasi der meistgesuchte Verbrecher des Drogendezernates ist, kommt Ji-woo immer wieder in Bedrängnis. Noch dazu mischt sich eine neue Bande ein, die eine gänzlich neuartige Droge unter die Leute bringt. Das sorgt für Spannungen zwischen den Gangstern, noch dazu ist der Anführer der neuen Gang jemand aus Ji-woos Vergangenheit, der ihr viel Leid zugefügt hat. Tatsächlich gelingt es der Serie auch, Zuschauer*innen emotional zu involvieren, obwohl nur recht wenig Zeit auf Ji-woos genaue familiäre Umstände oder Gefühle verwendet wird. Das erweist sich gerade im Finale als gelungen, da somit eine hohe emotionale Tragweite erreicht werden kann.

Inspiriert von etablierten Action-Heldinnen

Hauptdarstellerin Han So-hee hat sich beim Kampfstil ihrer Figur nach eigener Aussage an etablierten Action-Heldinnen orientiert. Zu diesen gehören besonders Charlize Therons Figuren in Atomic Blonde und The Old Guard sowie Scarlett Johanssons Black Widow, also allesamt weibliche Figuren, die sich auch gegen körperlich überlegene Männer durchsetzen. Die schonungslose Brutalität und die regelmäßigen Blessuren der Hauptfigur sorgen jedoch tatsächlich dafür, dass sich insbesondere Parallelen zu Charlize Therons Figur Lorraine von Atomic Blonde aufdrängen. In jedem Falle ist es eine wahre Freude, die actionreichen Szenen von Ji-woo zu beobachten. Ihr Kampfstil wirkt authentisch, ist aber auch abwechslungsreich. Besonders bemerkenswert ist die Darstellung von Han So-hee aber ohnehin, schließlich spielt sie zunächst einen verletzlichen, wenn auch zielstrebigen Teenager, später dann jedoch eine abgehärtete Frau, die Erfahrungen mit der Unterwelt gesammelt hat. Sowohl der optische Unterschied als auch die Darstellung sind absolut authentisch, man mag kaum glauben, dass die Figur sowohl vor als auch nach dem fünfjährigen Zeitsprung von ein und derselben Schauspielerin verkörpert wird. Gerade die kleinen Momente sind es dann, die zu überzeugen wissen. Etwa wenn deutlich gezeigt wird, wie hart Ji-woo für ihre körperliche Fitness trainiert oder wie sehr sie insgeheim eben doch manchmal leidet. Zur stimmungsvollen Atmosphäre tragt dann noch der Soundtrack bei, insbesondere der Titelsong “My Name” und der Track “Mediocre Life” sind ausgesprochen gelungen und unterstreichen die entsprechenden Szenen.

Fazit

My Name ist ein spannendes Thriller-Drama, das zwar keinen wirklich originellen Handlungsverlauf aufweist, aber mit einer coolen Protagonistin, gelungenen Beziehungen zwischen den Charakteren und vor allem einer starken Umsetzung punkten kann. Insbesondere das Finale greift in Sachen Action und emotionaler Involvierung noch einmal gekonnt in die Vollen, sodass die Serie von Anfang bis Ende zu überzeugen weiß. Die düstere Atmosphäre und die großartige Leistung der Hauptdarstellerin machen aus My Name schlicht eine sehr fesselnde Serie, auch wenn der Plot selbst recht vorhersehbar bleibt. Persönlich hat mich die Serie sehr beeindruckt, denn neben der spannenden Handlung und der tollen Action hätte ich nicht gedacht, dass mich das Ganze auch emotional gegen Ende so umhauen würde. Wer Fan actionreicher Crime-Thriller oder starker weiblicher Figuren ist, sollte der Serie unbedingt eine Chance geben.

© Netflix

Ayla

Ayla ist Schülerin und beschäftigt sich hobbymäßig mit allen möglichen Medien, ohne dabei Beschränkungen zu kennen. Dennoch ist sie vor allem ein Serien- & Game-Junkie und liebt besonders actionreiche und dramatische Inhalte, wobei sie gleichzeitig für viele kindliche Themen zu haben ist, weshalb sie weiterhin großer Disney-Fan ist. Abseits ihrer Leidenschaft des Sammelns ihrer Lieblingsmedien schreibt Ayla gerne selbst Geschichten oder zeichnet Bilder, um sich so zu entspannen.

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