Special Delivery
Wer von Baby Driver begeistert ist, sollte auch Special Delivery auf dem Schirm haben. Regisseur Park Dae-min ist nämlich selbst großer Fan von Titeln wie Transporter und Taxi Taxi. Mit seinem Film ehrt er das Action-Kino Hollywoods und zettelt dabei selbst rasante Verfolgungsjagden an. Sein temporeicher Actionfilm lebt vor allem von der immensen Präsenz seiner Hauptdarstellerin Park so-dam, die weltweite Bekanntheit mit dem Siegeszug von Parasite erlangte. Bevor der Film am 28. Mai 2022 in den Handel kommt, war er Teil der Fantasy Filmfest Nights 2022, wo er auf der großen Leinwand erlebt werden konnte.
Eun-ha (Park so-dam, Parasite) besitzt ein besonderes Talent: Sie ist eine verdammt gute Fluchtwagenfahrerin, was sie zu einer begehrten Mitarbeiterin macht. Wann immer eine wichtige Fracht transportiert werden soll, ist auf sie Verlass. Auf Empfehlung eines Fälschers in Seoul bekommt sie von ihrem Chef Baek (Kim Eui-sung, Train to Busan) einen neuen Auftrag. Sie soll zwei Personen zum Hafen im Norden des Landes fahren, damit diese dort untertauchen können. Als Eun-ha dort eintrifft, findet sie lediglich einen kleinen Jungen vor, Seon-won (Jeong Hyun-jun, Parasite). Und wie sie feststellt, ist eine Horde Verfolger hinter dem Jungen her. Als sie ihn spontan in ihr Auto zieht und mit ihm in die Nacht verschwindet, ahnt sie noch nicht, dass der Junge nicht nur einen Rucksack voller Geld auf dem Rücken hat. Auch die Verfolger lassen sich nicht abschütteln …
High Speed-Kino
Originaltitel | Teuksong |
Jahr | 2022 |
Land | Südkorea |
Genre | Action-Thriller |
Regie | Park Dae-min |
Cast | Eun-ha: Park So-dam Kyung-pil: Song Sae-byeok Baek Sa-jang: Kim Eui-sung Seo-won: Jung Hyeon-jun Doo-shik: Yeon Woo-jin |
Laufzeit | 108 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 28. Mai 2022 |
Das offensichtlichste Merkmal, von dem Special Delivery lebt, sind die rasanten Fahrmanöver. Was geschrieben erstmal wenig beeindruckend klingt, ist beim Zuschauen ein imposantes Erlebnis, bei dem man die Finger am liebsten in den Sessel krallen möchte, so heikel sind einige Manöver. Eun-ha ist eine so talentierte Fahrerin mit einem brillanten Fingerspitzengefühl, so dass oft nur wenige Millimeter über Leben und Tod entscheiden. Bei der hohen Drehzahl, die sie an den Tag legt, schaltet das innere Logikzentrum besser auf Durchzug, denn dann kann man die reißerischen Stunts auch so richtig genießen. Der dazugehörige synthie-getriebene Sound weckt Erinnerungen an Drive mit Ryan Gosling, ohne dabei imitierend zu wirken. So oder so: Die Balance stimmt. Wo sich andere Filme mit halsbrecherischen Einlagen überschlagen, um sich mit jeder Szene selbst zu toppen, findet sich in Special Delivery ein sehr ausgewogenes Verhältnis aus Action, Ruhe und Bildrausch. Die nächtliche City Seouls ist eine mehr als dankbare Kulisse dafür, obwohl sie dem Protagonistenduo wenig Schutz bietet.
Tritt aufs Gaspedal
Besonders originell ist die Handlung bei weitem nicht: Im Grunde handelt es sich um eine vereitelte Entführung des kleinen Seo-won, der wertvolle Beute auf seinem Rücken trägt, und dem sich aufbauenden Verhältnis zwischen Eun-ha und dem Jungen. Sonderlich ins Gewicht fällt das allerdings nicht, denn die Handlung ist derart packend und rasant in Szene gesetzt, dass die 108 Minuten wie im Fluge vergehen. Befürchten muss man nicht, dass es ausschließlich darum geht, die Höher-Schneller-Weiter-Formel zu bedienen. Auch eine Messerspitze Sozialkritik schwingt mit, wenn es etwa um die Differenzen zwischen Nord- und Südkorea geht. Aber das nur am Rande, denn Regisseur Park Dae-min verstrickt sich immer tiefer in einen Strudel aus korrupten Cops und Tresor-Codes. Das ist zeitweise anstrengend, weil das ewige Wechselspiel der Loyalitäten Geduldspunkte kosten kann. Fasst man die gesamte Handlung einmal zusammen, findet man also wenig Originelles vor.
Wer Katzen liebt, ist kein schlechter Mensch
Eun-ha ist das Glanzlicht des Films. Nur widerwillig nimmt sie den kleinen Jungen bei sich auf und hat eigentlich gar keinen Bock, Babysitterin zu spielen. Es dauert, bis die Figuren miteinander warm werden, und genauso sieht es auch publikumsseitig aus. Denn obwohl sie eine coole Socke ist, strahlt Eun-ha vor allem eine Coolness aus, die sie unnahbar macht. Nach und nach perlt aber auch das ab, etwa wenn wir feststellen dürfen, dass sie Katzenmama ist und ihre Katze ganz besonders liebt. Das sind Momente, in denen bewusst wird, dass das Drehbuch seine eigenen Figuren sehr mag und sie ihm nicht vollkommen egal sind.
Fazit
Obwohl die Verfolgungsjagden zunehmend aus dem Fokus geraten und sich die wirklich sehenswerte Action in der ersten Hälfte abspielt, bringt Special Delivery hohes Unterhaltungspotenzial mit. Auch wenn der Film nicht in einer Liga mit seinen US-Vorbildern spielt, nimmt er dank seiner coolen Protagonistin eine eigene Nische ein, denn es gibt so einige Charaktermomente, die dafür sorgen, dass einem die sympathischen Figuren schnell ans Herz wachsen. Das macht die mitunter fehlende Originalität wett. Aber eine formelhafte Produktion bedeutet nicht, dass es sich um einen schlechten Film handelt. Special Delivery ist von Grund auf sympathisch und verspricht über seine Laufzeit eine Menge Spaß. Nur bekommt man nichts zu sehen, was man nicht schon irgendwo anders erlebt hat. Leicht zugänglicher Mainstream-Blockbuster.
© Splendid Film
Veröffentlichung: 28. Mai 2022